Filmwirtschaft will mehr Geld vom ORF
 

Filmwirtschaft will mehr Geld vom ORF

20 Prozent der ORF-Rundfunkgebühren sollen zweckgebunden in die Produktion von Spielfilmen, Dokus und Fernsehserien gehen

20 Prozent der ORF-Rundfunkgebühren sollen zweckgebunden in die Produktion von Spielfilmen, Dokus und Fernsehserien gehen. Das wünschen sich Österreichs Filmschaffende von der Politik, die gerade ein kleines Rundfunkpaket schnürt. Im ORF warnt man wegen der Forderung vor einem Kahlschlag in Information und Sport sowie weiteren Personalpaketen und weist auf verfassungsrechtliche Bedenken hin.

An die 107 Millionen Euro hat der ORF in den Jahren 2010 und 2011 am Höhepunkt der Gebührenrefundierung - damals bekam der öffentlich-rechtliche Sender für Gebührenbefreiungen im Jahr 50 Millionen Euro vom Bund ersetzt - jeweils für österreichische Filme und Serien ausgegeben. Nach dem Ende der Refundierung hat sich dieser Wert im Vorjahr auf 86 Millionen Euro reduziert.

Würden die Forderungen der Filmschaffenden, die ihre Überlegungen am Dienstag bei einer Pressekonferenz präsentieren wollen, von der Medienpolitik umgesetzt, müsste der ORF heuer etwa 119 Millionen für österreichische Produktionen aufwenden. Das wären 33 Millionen oder knapp 40 Prozent mehr als 2014.

Laut ORF derzeit ausgewogenes Verhältnis

Die ORF-Führung hat bei der jüngsten Sitzung des ORF-Stiftungsrats vergangenen Donnerstag bereits vor solchen Plänen gewarnt. Sollte der Sender sein Budget für österreichische Film- und Serienproduktionen um 30 Millionen Euro aufstocken müssen, dann gäbe es unweigerlich weniger Informations- und Sportsendungen und möglicherweise auch ein neues Personalsparpaket, berichteten ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl. Derzeit herrsche bei den Ausgaben für Information, Sport und Film ein ausgewogenes Verhältnis. Eine Gefährdung einer dieser Säulen zugunsten einer anderen, komme für das ORF-Management jedenfalls nicht infrage, das wäre der "absolute Wahnsinn", war aus dem Stiftungsrat zu hören.

Gutachten

Die österreichischen Filmverbände und der Verband Filmregie sehen ihre Forderungen nach einer 20-Prozent-Bindung durch ein Rechtsgutachten der Universität Salzburg bestätigt. Beim Autor soll es sich um den Verfassungsrechtsexperten Walter Berka handeln. Dessen Gutachten stelle "mit großer Entschiedenheit fest, dass es sowohl verfassungsrechtlich als auch europarechtlich zulässig ist, den ORF zu verpflichten, bestimmte Anteile des Umsatzes oder der Programmentgelte für die Produktion an unabhängige Produzenten zu vergeben", wie die Filmschaffenden schon im Vorfeld ihrer Pressekonferenz mitteilten.

Ein vom ORF in Auftrag gegebenes Gutachten des Verfassungsrechtsexperten Theodor Öhlinger kommt indes zum Schluss, dass eine solche Quotierung verfassungsrechtliche "Schranken überschreitet" und auch unionsrechtlich bedenklich sei. Das Gutachten der Filmschaffenden bewege sich auf "dünnem Eis", ist man deshalb im ORF überzeugt.

Laut Öhlinger - dessen Gutachten liegt der APA vor - dürfe der Gesetzgeber bei den Vorgaben für den ORF "nicht so weit in Details gehen", dass dadurch die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Gestaltung seiner Programme infrage gestellt werde. Öhlinger: "Es liegt auf der Hand, dass die gesetzliche Vorschreibung einer jährlichen fixen Quote für österreichische Filmproduzenten und österreichische Produktionen die Programmflexibilität und die wirtschaftliche Flexibilität des ORF erheblich einschränkt" und somit gegen diese Auflage verstößt.

Weiters merkt der Verfassungsrechtsexperte an, "dass es gegen eine ausschließlich für österreichische Produzenten reservierte Quote auch erhebliche unionsrechtliche Bedenken unter verschiedenen Aspekten (Verbot einer Diskriminierung von Unionsbürgern, Dienstleistungsfreiheit, Beihilfeverbot) gibt". Ein derart unverhältnismäßig hohe Zweckbindung sei jedenfalls nicht möglich.

Prominente Unterstützer

Dass sich unter die Filmschaffenden, die am Dienstag die Pressekonferenz "Dem ORF muss geholfen werden!" bestreiten, Programmmacher eingereiht haben, die immer wieder ORF-Aufträge erhalten, sorgt für zusätzliche Verstimmung unter ORF-Verantwortlichen. So sind etwa Barbara Eder ("Copstories"), Sabine Derflinger ("Tatort", "Vorstadtweiber"), Andreas Prochaska ("Das finstere Tal") und Davild Schalko ("Braunschlag", "Altes Geld") als Proponenten für die Forderung nach einer 20-Prozent-Bindung der Rundfunkgebühr angekündigt. "Eine Chuzpe", heißt es dazu im ORF.

Der ORF ist der größte Auftraggeber der österreichischen Film- und TV-Wirtschaft. 2010 bis 2014 hat der Sender nach eigenen Angaben mehr als 500 Millionen Euro an heimische Produzenten vergeben. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum mehr als 120 Fernsehfilmproduktionen an österreichische Filmhersteller vergeben, dazu kamen pro Jahr rund 35 Kinofilme, die der ORF über das Film- und Fernseh-Abkommen mitfinanziert hat. Neben den Filmvergaben hat der Sender darüber hinaus rund 300 Folgen an 45-Minuten-Serien bei der österreichischen Filmwirtschaft beauftragt.



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