Fast eine Liebeserklärung
 

Fast eine Liebeserklärung

Editorial von Birgit Schaller, stellvertretende Chefredakteurin (HORIZONT 16/2015)

Positive Neuigkeiten: Sir Martin Sorrell, mächtiger Boss der weltweit größten Agentur-Group WPP, erhebt seine international bedeutsame Stimme wertschätzend für ein Medium, das es gerade nicht leicht hat: „Vielleicht sind Zeitungen und Magazine effektiver, als ihnen zugetraut wird“, bemerkte er Ende März gegenüber der Broadcasting Press Guild, einer Vereinigung freier Medienjournalisten in England.

Wenige Stunden später fand sich seine Kritik, die sich gegen die massiv wachsenden Investi­tionen in Online und Social Media (insbesondere im englischsprachigen Raum, eMarketer prophezeit ein Plus von 15 Prozent für 2015), in einer Vielzahl von Printtiteln wieder. Sie hatten ihre Freude an der Aussage des Mannes, der bis vor Kurzem immer wieder betonte, dass 20 Prozent Printanteil (er spricht von der WPP) nicht im Verhältnis zu den fünf Prozent der Zeit stünden, die Konsumenten mit diesem Medium verbringen. 95 Prozent unserer Zeit fließe, so Sorrell, in andere Medien von Fernsehen über Online bis Out of Home. Klar, zur ­Hidden Agenda eines Mannes, der alljährlich Milliarden an Werbegeldern weltweit verantwortet und sich vielleicht gerade mit Freund wie Feind Google, Facebook und Co in Verhandlungen herumärgert, können wir natürlich keine Aussage treffen.

Wie auch immer, in Österreich freut sich die Printbranche über die brandaktuelle Aussage eines Sorrell wie auch über die eben veröffentlichte VÖZ-Studie. Die Hauptaussagen der Studie: Print lockt Leser ins Netz, Zeitungen und Zeitschriften werden mit Abstand am aufmerksamsten konsumiert, und Werbung in Print wird im Vergleich zu anderen Medien am wenigsten als Störfaktor gesehen. Sie bettet sich eben dezent ein, blinkt und bewegt sich nicht lästig, was die Stimmung einer Marke gegenüber mitunter po­sitiv aufladen kann.

Georg Gartlgruber, Director Business Intelligence, Dentsu Aegis Network, der für die Durchführung der Studie verantwortlich war, sieht die (Print-)Sache so: Die Erkenntnisse zur Printaffinität von Entscheidern und markenbewussten Konsumenten könnte ein gutes Argument für Kauftitel sein, und Print wirkt nachhaltiger und langfristiger bei niedrigerem Werbedruck und niedrigeren Kosten als etwa TV. Das macht Mut. Wenn dann noch Peter Lammerhuber, CEO der mit Abstand größten (stark TV-lastigen) Agenturguppe des Landes, der Group M, meint, Print scheint heuer stabil zu bleiben,, dann klingt das doch fast nach einer guten Entwicklung. Fingers crossed.



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