Droht das Ende der Qualitätsmedien durch Unte...
 

Droht das Ende der Qualitätsmedien durch Unterfinanzierung?

#

Editorial von Hans-Jörgen Manstein, Vorsitzender des Aufsichtsrates (HORIZONT 11/2014)

Ja, möchte man meinen, wenn man mit den ­Eigentümern und Geschäftsführern der betreffenden Blätter spricht. Auch die Schuldigen sind schnell geortet: die Inserenten, die nicht inserieren. Vor allem der Bereich der Personalanzeigen sei betroffen, so hört man.

Glaubt man den Verantwortlichen der Tageszeitungen Kurier, Standard und Presse, so halten wir gerade bei Matthäi am Letzten. Denn traditio­nellerweise machen eben gerade die ­Personalanzeigen bei diesen drei Medienhäusern bis zu 35 Prozent des gesamten Jahres­umsatzes aus. Glaubhaft wird von Einbrüchen bis zu einem Drittel berichtet.

Wenn man davon ausgeht, dass die Wirtschaft auch in anderen Bereichen zurückhaltend ist, bedeutet das, dass die betroffenen Verlage an den Grenzen ihrer Wirtschaftlichkeit angelangt sind, sie möglicherweise bald überschreiten werden.

Das führt zwangsläufig zur Frage, wie wir es mit unseren Qualitätsmedien halten. Was sind sie uns wert? Und wenn sie uns was wert sind, was kann man tun? Die Forderung, die allenthalben zu hören ist, dass die Wirtschaft, wenn sie denn Qualitätsmedien haben möchte, ­eigentlich auch etwas dafür tun muss (also ­inserieren), ist zwar richtig, aber nicht zu Ende gedacht.

Ausgehend von der Tatsache, dass die überwiegende Mehrzahl der potenziellen Inserenten keine EPU in der Hand von Milliardären sind, die ausschließlich sich selber verantwortlich sind, kann es diesen frommen Wunsch natürlich nicht spielen.

Solange sich die Wirtschaftslage nicht ändert, wird also nicht viel möglich sein. Vonseiten der Inserenten nämlich. Zudem ist die Vielfalt der Möglichkeiten, Werbegeld zu investieren, gestiegen. Gerade bei den Personalinseraten. Diesem Aspekt verschließen sich viele gerne.

Es muss uns auch bewusst sein, dass die ökonomische Struktur der heimischen Verlagslandschaft grundsätzlich mehr als problematisch ist. Würde man nämlich die direkte und die indirekte Presseförderung (also die Insertion durch die Hilfe des Steuerzahlers via öffentliche Hand, deren Vorfeldorganisation und in beider Abhängigkeit stehende Betriebe) zur Gänze fällen, wäre es wohl düster im Blätterwald. By the way: Es gibt kein Land in Mitteleuropa, in dem die ­öffentliche Hand und Unternehmen im Umfeld derart viel werben. Und vor allem in Tages­zeitungen.

Zur Illustration sei nur auf die Tatsache hingewiesen, dass Österreichs ehemalige Vorzeige-Cashcow, die Kronen Zeitung, gerade mal in der Lage ist, den ausgehandelten sogenannten ­„Garantiegewinn“ für die Familie Dichand zu ­erwirtschaften. Eva Dichands Gratisblatt Heute erwirtschaftet einen kolportierten zweistelligen Jahresgewinn, der ohne die indirekte Presse­förderung bedeutend kleiner wäre.

Es rächt sich eben jetzt, dass man in Österreich in der Zeit des verlegerischen Gold­rausches zu viele Medien aus Marketingüberlegungen gegründet hat, die in Zeiten der Hochkonjunktur zur Gewinnmaximierung beitrugen, aber spätestens seit Beginn der Krise im Jahr 2008 zu Fässern ohne Boden wurden. Sie waren von vornherein Flächenangebote für Inserate.

Ausschließlich die Inserenten in die Pflicht zu nehmen, greift zu kurz. Zumal viele der – vor ­allem von sich selber als solche bezeichneten – Qualitätsmedien wenig tun, um diesem hohen Anspruch auch gerecht zu werden.
Wenn der Herausgeber des profil, ohne die ­geringsten Beweise zu haben, einen Landeshauptmann mit einer fragwürdigen Spekulationsgeschichte anschütten lässt, muss die Frage, wo denn in Österreich noch Qualitätsjournalismus produziert wird, gestattet sein.

Die Qualitätsmedien tun daher gut daran, dem Qualitätsanspruch die höchste journalis­tische, inhaltliche und ethische Priorität zu verleihen und damit eine längst notwendige Marktbereinigung herbeizuführen. Nur die jeweils anderen als Krawallzeitungen zu bezeichnen, wird zu wenig sein.

Wenn erst wirkliche Qualität produziert wird, entsteht ein gesellschaftlicher Mehrwert. Dann kann ein Inserent gegenüber seinem Eigentümer argumentieren, dass seinem Geldwert auch eine Leistung des Mediums (für die Gesellschaft) ­gegenübersteht.

Weil die Medien dann ein durchlässiges, ­demokratisches, sozial friedliches und aufklä­rerisches Umfeld mitgestalten würden, dass für jedes Unternehmen wichtig ist, will es denn ­prosperieren. Dazu müssten die Medien auch in Qualität investieren und sich selbst hinterfragen.

Ohne die Selbstreinigungskraft der Verlage wird das jedenfalls nicht funktionieren. Da ­können sie dann nur abwarten, was mit ihnen passiert.
Viel Zeit haben sie nicht mehr.

[Hans-Jörgen Manstein]
stats