Die verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre – dieser Satz prägte die Diskussion. Ein Verhaltensmuster österreichischer Agenturen?
Martin Weinand (Martin Weinand Communication) startete mit einem Impulsreferat, versetzte das Publikum in der Zeit zurück und ging der Frage nach, wann das Sterben des Agenturgeschäfts begonnen hat. Er konnte auch ziemlich klar den – für ihn – schuldigen Zeitpunkt ausmachen. Es war Mitte der 80er Jahre, nämlich da, als Käpt’n Iglo auf der Bildfläche aufgetaucht war. Doch was hat das mit dem bärtigen Matrosen zu tun? Mit ihm kam – nach Weinand - die erste ‚paneuropean campaign‘ nach Österreich, eine eigens zugeschnittene Kampagne für Österreich war nicht erforderlich. Er sieht die Problematik eher im Sterben der Auftraggeber, das Sterben der Agenturen sei eine logische Folge daraus. Moderator Alois Grill (Loys Repositioning) konterte, dass in seinen Augen nie der Auftraggeber schuld sei – sondern immer die Agentur.
Weitere Diskutanten waren Mariusz Jan Demner (Demner, Merlicek & Bergmann), Maria Angerer (frührot), Irina Nalis (Strategie Austria), Ralf Tometschek (Identitäter), Feodor von Wegel (Hogarth) und Michael Trautmann (thjnk). Die weitere Diskussion drehte sich darum, ob sich Agenturen auf dem richtigen Weg befinden oder ihn vielleicht doch schon eingeschlagen haben?
„Das Thema Online ist in diesem Land so lange verschlafen worden wie es nur verschlafen werden kann“"Der Lead liegt längst im digitalen Bereich"Maria Angerer"Die Planungshorizonte haben sich verkürzt, heute weiß niemand mehr, was morgen sein wird, bei der Werbung ist das deshalb so kritisch, weil sie sich als Pool der Kreativität versteht, und sich jetzt neu erfinden muss.""Es gibt eine Unzufriedenheit der Auftraggeber mit den Agenturen. Ich würde den Beziehungsstatus als zerrüttet beschreiben." "Viele Agenturen wissen gar nicht, welcher ihr Mehrwert für den Kunden ist.""Ich finde es komisch, dass wir 2013 darüber diskutieren, ob Digital wichtig ist, das sollte selbstverständlich sein."Mariusz Jan Demner"Je mehr sich verändert, desto mehr bleibt es, was es ist – wenn sich die Umgebung verändert, du aber stehen bleibst, dann erstarrst du.""Ich glaube nicht an die Agentur der Zukunft, nur an die der Gegenwart, denn genau da liegt der Erfolg einer Agentur.""Diese Branche gehört zu den konservativsten überhaupt.""Die Digitalagenturen sind fast ausschließlich technologisch ausgerichtet, das hat nichts mit unserem Geschäft zu tun.""Man denkt altmodisch, wenn man in Medien denkt, aber das machen die Kunden auch oft so.""Was wir versuchen, ist eine kampagnen- und medienunabhängige Idee zu entwickeln, danach erst überlegen wir, wie man sie digital umsetzt.""Die außerordentliche Idee, die Flügel verleiht, die kann einem keiner wegnehmen."Michael Trautmann"Wir versuchen die rasante Entwicklung der Branche, damit zu leben, dass wir uns auf die Kernkompetenzen besinnen, denn wir müssen uns fürs Denken bezahlen lassen.""Das Thema Wertschätzung zwischen Kunde und Agentur lässt sich im Wesentlichen beim Thema Geld festmachen."Irina Nalis"Gesamtetats werden kaum noch vergeben, das haben wir uns mit der Spezialisierung eingebrockt." "Wenn ein Texter nur Pixel schupft, wird er nie kreativ arbeiten.""Es muss in Bildung und Innovation investiert werden.""Vor lauter Effizienzdenken müssen wir aufpassen, dass wir das Kreative nicht verlieren.""Man kann die Zukunft nicht als Ausrede für das Jetzt nehmen." Ralf Tometschek"Ich würde nicht von alter Agentur, sondern von klassischer Agentur sprechen.""Demner hat großartige Arbeit geleistet und sich immer auf die Kernkompetenzen berufen."Feodor von Wegel "Man sollte in Österreich nicht so negativ denken, jede Agentur sollte sich einfach auf ihre Stärken konzentrieren, es gibt hier viele gute Agenturen und ich sehe auch Möglichkeiten, von hier aus zu expandieren."