Die Rede zur Eröffnung der Medientage
 

Die Rede zur Eröffnung der Medientage

Johannes Brunnbauer
Medientage 2017 Tag1 am Erste Campus, am 20.09.2017 | (c) Medientage/Brunnbauer
Medientage 2017 Tag1 am Erste Campus, am 20.09.2017 | (c) Medientage/Brunnbauer

HORIZONT-Chefredakteurin Marlene Auer eröffnete die Österreichischen Medientage 2017.

Die Eröffnungsrede von Marlene Auer im Wortlaut:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

einen schönen guten Morgen. Ich bin nicht Hans-Jörgen Manstein. Er ist seit gestern im Ausland bei einem wichtigen dienstlichen Termin, wird morgen aber wieder in Wien sein und auch hier bei uns bei den Medientagen. Er hat mich gebeten, die Eröffnung an seiner Stelle zu übernehmen.

Ich möchte zu Ihnen sprechen über Verantwortung. Verantwortung, die Sie, die wir alle tragen. In diesem Saal hier, heute, sind viele unterschiedliche Generationen versammelt. Ich selbst bin aufgewachsen am ältesten Rande der Generation Y, also einer Generation der Digital Natives. In der Zwischenzeit gibt es bereits zwei weitere digitale Generationen.

Alles wird schneller – auch, weil die technologische und digitale Entwicklung so schnell voranschreitet und alle paar Jahre, ja sogar paar Monate, neue Tools Einzug in unseren Alltag finden und damit wesentlich zur Ausprägung von Verhaltensweisen beitragen.

Aber. Egal wie alt wir sind, wie groß die Unterschiede, wir haben eines gemein: Unsere Aufgabe, Medien zu gestalten. Und das mit Sorgfalt. Denn: Medien sind Nachrichtenvermittler, aber sie sind vor allem Meinungsbildner. Im Sinne von Bildung. Nicht im Sinne von Manipulation.

Sie haben eine wichtige Rolle – gegenüber der Gesellschaft, und gegenüber der Demokratie. Wir sind es, die Verantwortung dafür tragen, was die Menschen erfahren. Und wie sie es erfahren.

Es geht um Qualität. Denn dort wo Qualität stimmt, wird dazu beigetragen dass die Leser, die Seher, die Hörer mehr Wissen inhalieren und richtige – das heißt kritische - Fragen stellen.

Das ist mein Appell an Sie.

Stellen wir uns doch kurz vor: Wie würde Amerika aussehen, wie würde das Land funktionieren, mit einem Präsidenten wie Donald Trump und ohne Journalisten? Ohne Journalisten, die mit Herzblut und Sinn für Verantwortung Bericht erstatten? Soziale Netzwerke würden die Meinungshoheit übernehmen, und mit ihnen die Unmengen an Fake-News, die bewusst gesetzt und teilweise auch unbewusst - unreflekiert - weiterverbreitet werden.

Wir alle verteufeln Fake News, da sind wir uns wohl alle einig. Aber eines haben Fake News uns gebracht: den Zulauf zurück zu klassischen Medien.

Seit dem Wahlkampf in den USA hat sich nämlich – man möchte es fast euphorisch sagen – ein mediales Wunder ereignet: Die Auflagen von Zeitungen wie der Washington Post oder der New York Times, sind massiv gestiegen. Nicht weil sie gute Marketingmaßnahmen gesetzt hatten. Sondern weil sie kritisch Bericht erstatten. Und mit jedem Versuch von Donald Trump, kritische Berichte abzudrehen, wächst die Kraft der Medien.

Es sind die Leser, die die Wahrheit wollen. Sie wollen wissen, was um sie herum passiert. Sie wollen Erklärungen. Das ist unsere Aufgabe. Das ist unsere Verantwortung. Wer, wenn nicht die standhaften Medien könnten dem entgegen steuern? Beruhigend entgegen steuern.

Alles eitel Wonne?

Naja. Die Medienbranche hat es nicht leicht.

Technologien treiben Medien, sie verändern Medien. Umsätze im Digitalbereich hinken den Erlösen in den klassischen Medien hinterher, viele Millionen fließen in Werbung auf sozialen Netzwerken und damit aus Österreich ab.

Es wird wohl leider Medien geben, die sterben. Das hat aber damit zu tun, dass sie neue Wege nicht bestritten oder erkannt haben. Wer sich in den neuen digitalen Zeiten nicht ändert, verkommt. Das gilt nicht nur für die Medienbranche, sondern auch für andere Branchen.

Es wird auch Medien und Konzerne geben, die sich zusammenschließen, oder zusammenschließen müssen. Es wird neue Formen von Kooperationen geben, neue Formen von sekundären Erlösen. Das alles ist zu begrüßen, aber es muss dabei klar sein, dass Journalismus und Redaktion vorangehen.

Wir leben in einer noch stabilen Ökonomie, aber wir sehen, dass es einen gewaltigen Umbruch der Gesellschaft gibt, den wir begreifen und begleiten sollten – statt Angst zu machen.

Die Dimension der Entwicklung der Industrie 4.0 können wir noch nicht abschätzen. Wir dürfen aber nicht davor Angst machen, dass Roboter und künstliche Intelligenz massenhaft Arbeitsplätze vernichten werden. Es könnte schon sein, dass alte Berufsbilder verschwinden. Aber es wird auch so sein, dass neue Jobs entstehen werden – und es ist Aufgabe der Medien, das zu vermitteln.

Ich spreche nicht von einem Beglückungs-Journalismus, sondern von qualifiziertem Journalismus der jene Dimensionen aufzeigt, die uns neue Aufgaben bringen.

Es wird neue Aufgabenbereiche geben, die wir uns jetzt noch nicht vorstellen können – und das über viele Segmente hinweg. Etwa in der Logistik, in der Technik, in der Energiewirtschaft – und auch in den Medien. Das müssen wir vermitteln.

Medien müssen Widerstand zeigen und wieder mehr an sich glauben. Dann werden sie auch wieder wirtschaftlich jenen Erfolg haben, der ihnen gebührt.

Also: Lasst uns experimentieren.

Um das zu tun, braucht es Rahmenbedingungen. Es braucht auch die Politik, die diese – von Förderungen bis hin zu Bildung – ermöglicht. Medienpolitik ist Bildungspolitik – nur durch Bildung ist Medienkonsum möglich.

Nur so gibt es für alle, die wir Medien machen, auch in der Zukunft mündige Leser, mündige Medienkonsumenten. Das ist das, was wir von der Politik verlangen.

Alles andere können wir uns selbst richten. Wenn wir denn offen dafür sind. Neue Wege gehen. Ausprobieren. In dem Sinne lautet unser Motto der diesjährigen Medientage „Vorwärts schauen“.

Lassen Sie uns das alle gemeinsam tun.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit."



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