,Die IGMA steht zum Projekt Media Server‘
 

,Die IGMA steht zum Projekt Media Server‘

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Peter Lammerhuber, CEO GroupM und Präsident der IGMA: "Es ist für uns Agenturen nicht hinnehmbar, dass der Verein ÖWA Österreichische Webanalyse sich nicht mehr an dem Projekt Media Server beteiligen will."
Peter Lammerhuber, CEO GroupM und Präsident der IGMA: "Es ist für uns Agenturen nicht hinnehmbar, dass der Verein ÖWA Österreichische Webanalyse sich nicht mehr an dem Projekt Media Server beteiligen will."

Peter Lammerhuber, Präsident der IGMA Interessenvertretung Mediaagenturen, will die ÖWA wieder in den Media Server holen – und sieht Datenhandel von Auditoren, die Auswirkungen der EU-Datenschutzgrundverordnung und E-Privacy-Regeln und den „mittlerweile täglichen Tool-Hype“ als aktuelle Herausforderung für Mediaagenturen (und wohl auch die Auftraggeber).

Auszüge aus diesem Interview erschienen in der HORIZONT-Printausgabe 20/2017am 19. Mai im Media Award/Mediaagentur-Dossier. Hier geht's zum Abo.

Am 19. Mai ist zum nunmehr 14. Mal Leistungsschau für die Mediaagenturen, der Media Award wird vergeben. Da werden die kreativen und strategischen Leistungen der Mediaagenturen ausgezeichnet. Die in Österreichs Medianmarkt relevanten Mediaagenturen sind seit 2010 in der IGMA Interessengemeinschaft Mediaagenturen zusammengeschlossen, der Verein wurde extra für das Projekt Media Server gegründet, das wiederum als All-Media-Studie ein besonderes Anliegen der Agenturen ist – nach dem Austritt der ÖWA Österreichische Webanalyse – was ist aus Sicht der IGMA-Agenturen nun die Perspektive für den Server?

Peter Lammerhuber: Die IGMA hat sich bei ihrer Gründung vor allem als Interessengemeinschaft für die Forschung definiert, und das ist der Media Server. Es ist für uns Agenturen nicht hinnehmbar, dass der Verein ÖWA Österreichische Webanalyse sich nicht mehr an dem Projekt beteiligen will. Deshalb wird es seitens der IGMA mit den ÖWA-Verantwortlichen noch vor Sommer entsprechende Gespräche geben. Die Agenturen in der IGMA glauben an das Media Server-Projekt, wir brauchen eine Allmedia-Studie – und das sollten auch die einzelnen Studien und deren Mitglieder als Beitrag zur Markttransparenz und Analyse wissen. Was wir ausdrücklich als IGMA bedauern ist, dass die Hub-Studie nicht wie geplant im Juli 2017 ins Feld geht – aber wir werden alles tun, damit das Projekt konstruktiv und umfassend weitergeführt wird.

Ausser dem vordringlichen Thema IGMA – was beschäftigt die Interessengemeinschaft derzeit an Fragen?

Wir haben mehrere Themen, die uns derzeit beschäftigen. Als erstes zu nennen wäre der Umgang mit Audit-Firms, die Pitches begleiten oder Kampagnen respektive Budgets überprüfen. Wir sind damit konfrontiert, dass einige dieser Firmen aus den Erkenntnissen und vor allem aus den Daten, die sie aus diesen vertraulichen Prüfungen respektive Begleitungen ziehen, eigene Benchmark-Kataloge erstellen – und diese gegen teures Geld weiterverkaufen. Dieses Daten-Absaugen stellt für uns als Mediaagenturen schon eine Herausforderung dar, immerhin geht es oft um unser generisches Know-how, das Dritte zu ihrem eigenen machen.

Das sind internationale Firmen…

Es handelt sich vornehmlich um internationale Audit Firms. Vielleicht noch zur Präzisierung, worum es uns geht: Es ist uns klar, dass alle diese Daten, welche wir als Agentur mit Kostenaufwand selbst generieren oder mit teuren Lizenzverträgen einkaufen und mit unserem Know-how und Analysefähigkeit zusammensetzen, auch andere gerne hätten. Diese greifen bei Gelegenheit auch zu und machen ihre eigenen Interpretationen daraus. Wir als Agenturen verstehen unseren Job so, dass wir Know-how bereitstellen und finanzieren, das unseren Kunden zugute komm. Und nicht für Dritte einfach verfügbar sein kann, zur weiteren Kommerzialisierung.

Das sieht nach komplexer Bewusstseinsbildung hin zum Auftraggeber aus, der ja die Auditoren beauftragt…ein bilaterales Thema also. What else?

Ein weiteres Thema ist die ab Mai 2018 geltende EU-Datenschutzgrundverordnung, deren Bestimmungen ziemlichen Einfluss auf unsere internen wie externen Abläufe haben werden.

Des Weiteren gibt es ja auch den Entwurf der sogenannten E-Privacy-Verordnung. Momentan ist der Plan der EU-Gesetzgebung, dass sowohl die Datenschutzgrundverordnung als auch die E-Privacy-Verordnung zeitgleich wirksam werden sollen. Wobei der Entwurf der E-Privacy-Verordnung in der derzeit gültigen Form eine extreme Herausforderung für die gesamte Branche darstellt.

Dieser Tage gibt’s zumindest einen Entwurf zur Implementierung in österreichisches Recht, in sogenannten Öffnungsklauseln – das ist aber noch vorläufig. Die Richtlinie selbst liegt ja schon vor, was haben die IGMA-Agenturen für Fragen?

Immerhin gibt es jetzt zumindest einen Entwurf in der Begutachtung, aber die Zeit drängt – ab Mai 2018 gilt die DSGVO, so oder so. Und das bedeutet einmal für uns und unsere Kunden Vorbereitungen, um den Regeln zu entsprechen – und, das sage ich ausdrücklich, für uns Agenturen zusätzliche Kosten, von denen nicht klar ist, wer diese tragen wird, in welchen Größenordnungen sie anfallen. Denn wir als Agenturen stehen unseren Kunden gegenüber in der Haftung. Und der Kunde muss sich auf uns als Agenturen verlassen können.

Was heisst das aus jetziger Sicht?

Die große Unbekannte ist weniger die DSGVO, sondern die E-Privacy-Verordnung. Wenn diese so kommt, dann zeichnet sich ein sehr ungemütliches Szenario ab.

Derzeit lesen wir aus diesem Entwurf eine extreme Benachteiligung lokaler Publisher und eine extreme Bevorzugung internationaler Anbieter heraus. Und das ist ziemlich das Gegenteil was der politische Wille der EU sein sollte. Nämlich fairer Wettbewerb auf Augenhöhe.

Wir als IGMA, in Kooperation mit anderen Verbänden wie der IAA und IAB bemühen uns bei den politischen Verantwortlichen Bewusstsein zu schaffen, dass hier eine massive wirtschaftliche Benachteiligung entsteht. Parallel dazu beschleunigt sich dazu international die digitale Welt.

Digitale Beschleunigung heisst konkret...?

Das sehe ich aus IGMA-Perspektive als drittes großes aktuelles Thema für uns Mediaagenturen - mit dem mittlerweile schon täglich grassierenden Tool-Hype im Internet zu Rande zu kommen. Digital hat der Mediaplanung unglaubliche neue Möglichkeiten eröffnet. Die Herausforderung in diesem digitalen Umfeld ist, die hohe Geschwindigkeit, die fast täglich neue Hypes herausbringt. Da sind wir Agenturen auch Getriebene. Denn das bedeutet, da ja unsere Kunden auch bei Innovationen dabei sein wollen, dass wir viele Ressourcen für Teilbereiche abstellen müssen. Offen bleibt dabei ob der Aufwand im Verhältnis zum erwarteten Erfolg steht.

Also: Der Aufwand wächst – die Budgets sinken…wo kommen die Gewinne her?

Ja, die gibt es, aber sie werden weniger. Man muss sich noch keine Sorgen machen. Der Aufwand, den wir treiben müssen, um dabei zu bleiben, steigt. Ich weiss, das ist ein spezifische Thema für uns Agenturen (zögert kurz) das unseren Auftraggebern klar zu machen. Denn als Mediaagentur für unsere Kunden sehen wir uns verpflichtet, Trends aufzunehmen. Mehr Analysen und ein Auge auf die Kosten-Nutzen-Relationen wären für alle Beteiligten manchmal notwendig. Die Kosten steigen bei den Agenturen für den Mehraufwand an Analysen, Lizenzen und Reportings.

Das sollte langsam auch bei Wettbewerbsausschreibungen und Honorarmodellen Einzug finden.

Peter Lammerhuber war 1987 Mitbegründer und erster Geschäftsführer der Mediaagentur MediaCom, in Österreich. Seit 2006 ist er CEO der GroupM in Österreich (der Muttergesellschaft der Mediaagenturen Mindshare, MEC, MediaCom und Maxus und Spezialdienstleistern wie Xaxis, catalyst GroupM oder plista), die zum weltgrößten Kommunikationsdienstleister WPP gehört.

Die GroupM hat ihren internationalen Sitz in New York, weltweit beschäftigt sie mehr als 20.000 Mitarbeiter (ohne Agenturen). Nach eigenen Angaben platzierten GroupM-Unternehmen im Jahr 2016 für ihre Kunden Werbespendings im Wert von weltweit mehr als 100 Milliarden US-Dollar.

In Österreich sind die GroupM-Agenturmarken mit Brutto-Budgets laut Focus Spending-Ranking (inklusive zusätzlicher Eigenangaben Onlinewerbung) MediaCom mit (gerundet) 534 Brutto-Millionen Euro Medienbudget, Mindshare (rund 275 Brutto-Millionen Euro), MEC (rund 165 Brutto-Millionen) und Maxus (38 Brutto-Millionen) vertreten – siehe auch Druckausgabe HORIZONT 21/2017 zum Ranking und Mediamix.

In den österreichischen GroupM-Agenturen und der GroupM selbst arbeiten über 400 Menschen im Agenturensitz in der Vorderen Zollamtsstrasse in Wien (in dem ehemaligen Bank-Austria-Gebäude nutzen auch Der Standard oder die Österreich-Werbung Etagen).

Lammerhuber ist Präsident der der IGMA, dem Interessenverband Mediaagenturen, der Plattform der Mediaagenturen, die das Projekt Media-Server mitfinanziert.




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