Die gute und die böse Seite des Sparens
 

Die gute und die böse Seite des Sparens

Editorial von Rainer Seebacher, Chefredakteur HORIZONT (HORIZONT 3/2014)

Der Wechsel auf der Kommandobrücke der Verlagsgruppe News hat viele Aspekte. Ein wesentlicher davon: Er bedeutet die ­Abkehr vom Sparen um jeden Preis. Die Mär, Axel Bogocz wäre von Bord berufen worden, weil er den Sparkurs der Eigentümer nicht mittragen konnte, ist nach HORIZONT-Information schlichtweg falsch. Bogocz wäre vielmehr Treiber eines sehr strammen, vor allem aber unzureichend kommunizierten und zu wenig strategisch fundierten, ­Einsparungskurses – so der Tenor von Stimmen, die dies wissen müssen.

Die Eigentümer der Verlagsgruppe haben sich nun für einen Mann entschieden, der als Visionär gilt und dem man, da er den Job nicht unbedingt braucht, wohl auch sehr viel Handlungsspielraum zubilligen musste. Horst Pirker ist einer, dem man zutraut, dem gesamten Haus eine Richtung zu formulieren und dies auch zu exekutieren. Pirker wird aber allein schon wegen der wirtschaftlichen Situation der Verlagsgruppe oft als Kostenbremser, vielleicht sogar als Fileteur tätig werden müssen. Wo kann der Unterschied zwischen Pirkers Sparprogramm und jenem von Bogocz liegen?
Überall. Denn zwischen Sparen und Sparen kann ein riesiger Unterschied sein. Sparen vermag den Erneuerungsprozess eines Unternehmens enorm zu unterstützen. In Zeiten von fetten Renditen hinterfragen nur wenige, ob das, was sie tun, auch richtig ist und in der Zukunft Bestand haben kann. Warum auch – es fehlt ja die Motivation dazu. Genau dieses Hinterfragen wird in der sich immer schneller drehenden Medienwelt immer vordringlicher. Die Erfordernis, zu sparen, erweist sich im besten Fall also als Treiber für Innovationen. Not macht eben erfinderisch und kreativ. Wenn eine Führungskraft es schafft, den Mitarbeitern zu vermitteln, dass das Hirnschmalz und die Kreativität aller gefordert und hochwillkommen sind, dann kann sie dadurch oft das Engagement, die Moti­vation und vielleicht sogar Begeisterung der ­Belegschaft ernten. Dinge, die ebenso schwer quantifizier- wie bezahlbar sind.

Sparen kann aber das genaue Gegenteil bewirken. Dann, wenn es Angst macht, wenn es lähmt. Es kann die Belegschaft dazu bringen, um jeden Preis an Altbewährtem und nur vermeintlich auch in der Zukunft Erfolgreichem festzuhalten. Denn jeder Mensch sucht in Zeiten der Unsicherheit nach etwas Bekanntem, an dem er sich noch festhalten kann. Aus Angst um seine Funktion und um seinen Arbeitsplatz berichtet er dem Vorgesetzten nicht mehr von Problemen, sondern nur mehr von Erfolgen. Eine Führungskraft, die dies nicht hinterfragt, verliert damit den Kontakt, den Einblick und das Gespür für die eigene Abteilung oder eben das ganze Unternehmen. Mitarbeiter werden in den Augen der Häuptlinge zu Human­kapital, zu bloßen Kostenfaktoren. Der Sparkurs artet in einen unternehmerischen Blindflug aus, der schnell in einer Bruchlandung enden kann.
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