Der Bohmann Verlag steigt ins Fernsehgeschäft ein. Nach der Übernahme des burgenländischen Regionalsenders BKF steht nächstes Jahr der Launch von Schau TV bevor – HORIZONT traf Gerhard Milletich (GF Bohmann Verlag) und Rudolf Mathias (Programmdirektor Schau TV)
Gerhard Milletich: Rudolf Mathias übernimmt die Verlagsleitung, und meine Tochter, Bettina, wird Schau TV kaufmännisch leiten. Sie kennt das Verlagsgeschäft seit Jahren und hat die dementsprechende Professionalität.
Mathias: Das gesamte Team von Schau TV werden wir aber erst in den nächsten Wochen kommunizieren. Inzwischen haben wir ja die Kernmannschaft von BKF zur Verfügung. Die wollen wir auch nutzen. Sie wird voll in die Schau-TV-Entwicklung eingebunden.
HORIZONT: Wie sieht die Verbreitung von Schau TV neben DVB-T aus? Kabelnetz der UPC? Verbreitung im burgenländischen Kabelnetz?
Milletich: Im Moment gibt es BKF ausschließlich im burgenländischen Kabelnetz, im AON-Netz und in Teilen vom Kabelsignal. Wir haben im Vorfeld – vor dem Kauf – Vereinbarungen getroffen, dass das BKF über Satellit im gesamten zentraleuropäischen Raum ausgestrahlt wird. Wir erreichen eine nahezu 100-prozentige Abdeckung im Burgenland. Für die Burgenländer ist das wichtig – bis dato wurden über Kabel nur 40 Prozent erreicht.
HORIZONT: Mit Schau TV gehen Sie ja auch über Digitalantenne auf Sendung?
Mathias: Wir verfügen noch über die digitale terrestrische Frequenz auf Mux B. Im kommenden Jahr nutzen wir diese terrestrische Frequenz in Wien, um dort gemeinsam, im Dialog mit dem Publikum, Programmideen und Formate zu entwickeln. Währenddessen wird BKF über Satellit ausgestrahlt. Derweil bleibt BKF erhalten, und in Wien startet Schau TV im Probebetrieb. Später wird es eine Schau-TV-Unit geben.
HORIZONT: Was meinen Sie mit „Dialog mit dem Publikum“?
Mathias: In der Verfeinerung der Formate werden wir das Publikum über Facebook und andere Social Media Channels einbinden. Um hier zu einer Fangemeinde zu kommen. Diese muss sehr groß werden, damit sie – wenn es Schau TV dann gibt – auch den Sender wieder aufdreht.
HORIZONT: Fans bekommt man doch erst, wenn man etwas bietet. Was ist das „Goodie“?
Milletich: Ganz einfach: Wien ist ja eine kreative Stadt. Wir wollen den kreativen Geistern mit Schau TV Platz geben, sich einzubringen und mitzugestalten.
HORIZONT: Also kann man sich selbst verwirklichen? Man schreibt Ihnen zum Beispiel auf Facebook, man möchte ein Medienmagazin, und Sie setzen das um?
Milletich: Das passiert auch jetzt schon. Mittlerweile gibt es laufend Anregungen. Wir sind zwar in einem seichten, aber wachsenden Dialog.
HORIZONT: Das klingt nach einem langfristigen, großen Investment …
Milletich: Wir wissen, dass wir in den ersten Jahren einiges an Investitionen tätigen müssen, aber darauf sind wir ausgerichtet und eingestellt.
HORIZONT: Und wie soll refinanziert werden? An die nationalen Kunden kommt man als regionaler Fernsehsender nur schwer ran.
Mathias: Wir bespielen gezielt – de facto – die gesamte Ostregion. Unsere Märkte sind also nicht die kleinen Greißler um die Ecke, sondern der Tourismus. Unsere Seher fahren nach Kroatien auf Urlaub oder nach Tirol Golf spielen. Der Kuchen wird nämlich regional nicht größer. Wir nehmen aber natürlich gerne alle regionalen Kunden zusätzlich.
HORIZONT: Also etwa klassische Spots der Tirol Werbung?
Mathias: Nein, ein kleiner Sender kann schwer mit Reichweiten und Income mithalten. Aber wir können sehr günstige Experimente und Wechselspiele anbieten. Animierte Formate mit Regionalcharakter, die Menschen zusammenbringen.
HORIZONT: Wie könnte das konkret aussehen?
Mathias: Wir haben tolle neue Wege, Werbegeld zu lukrieren. Aber wie, verraten wir noch nicht.
HORIZONT: Nun gibt es viele Wege für Verlage zu differenzieren. Also warum ausgerechnet Fernsehen?
Milletich: Die Idee geistert in meinem Kopf schon seit einigen Jahren herum. Einfach, dass Fernsehen zu uns passen würde. Jetzt habe ich mir gedacht „Genau diese Schiene fehlt uns noch“. Ich bin ja Burgenländer und habe daher den bevorstehenden Verkauf von BKF von der Bewag mitbekommen. Ich denke auch, wir haben jetzt eine Nische gefunden, in der wir neue Wege gehen – und wir haben uns simpel gedacht „Wie können wir das umsetzen?“
HORIZONT: Stichwort Umsetzung: Wie unterscheidet sich nun Schau TV etwa von Okto?
Mathias: Wir wollen bei Schau TV generell den Raum der Ostregion lustvoll erleben lassen. Es geht uns darum, Betroffenheit zu erzeugen. Und um das konstruktive Engagement für die Region. Das unterscheidet sich de facto von vielen anderen. Es geht um das lustvolle Erleben der Region, darum, die Herzen zusammenzubringen. Zudem ist Okto eine Plattform, auf der unterschiedliche Produzenten ihre Formate ausstrahlen. Das sind wir nicht.
HORIZONT: Und wie steht’s im Kernraum Wien? Wie beeinflusst W24 Ihre eigenen Pläne?
Mathias: Wir sind mit W24 in Kontakt und informieren einander gegenseitig, was wir vorhaben. Wir haben aber Schau TV ganz anders entwickelt. Wir versuchen, auch kommerziell in ganz anderen Teichen zu fischen.
HORIZONT: Inwiefern? Das mit dem Tourismus haben wir verstanden, aber…
Mathias: Das andere ist die Sportschiene. Der Sportbereich.
Milletich: Ich bin unter anderem Vizepräsident des Burgenländischen Fußballverbandes. Das Spannende: Drei Bundesländer treffen in einer Liga – in der Regionalliga Ost – aufeinander. Aber natürlich haben wir andere Sportarten auch im Auge. Fußball ist jedoch ein plakatives Beispiel. Das soll ganz neu Aufbereitet werden.
HORIZONT: Wissen Sie schon, wie viel Programmschöpfung es auf Schau TV geben wird?
Mathias: Wir peilen mittelfristig zwei Stunden Programmzeit pro Tag an. Das ist die Vision, in deren Richtung es gehen soll. Wir werden die Schleifen dabei leicht versetzen und damit das Gefühl eines Vollprogrammes entstehen lassen. Die Frage ist, wie sich das mit den kreativen Personen auf den Plattformen entwickeln. Denen wollen wir zu bestimmten Zeiten Raum geben. Und wir müssen dann beobachten, was im Konkreten kommt. Da werden Dinge passieren, die man nicht beeinflussen kann. Dabei sollen die Leute nicht produzieren, sondern kreativ mit Regionsbezug teilnehmen. Wichtig ist, dass bestimmte Zielgruppen betroffen sind.
HORIZONT: Fernsehen ist tendenziell älter, Facebook tendenziell jünger. Wo trifft sich das? Was ist die Kernzielgruppe?
Mathias: Wir sagen – junge Menschen jeden Alters. Ich persönlich denke, dass gerade die Zielgruppenfindung immer schwerer wird. Und im Grunde gibt es keine Zielgruppen mehr. Wir können etwas Mathematisches projizieren, das dann aber zu 80 Prozent Wunsch bleibt, ich denke jedoch, wir sollten hier mir Lebensfragen arbeiten. Und Projektionen erfüllen.
HORIZONT: Gibt es auch Kooperationsmöglichkeiten mit dem Verlagsinternen Magazin inwien?
Mathias: Wir sind gerade dabei – weil wir auch auf die Schiene Print setzen wollen – inwien als Printsäule für Schau TV weiterzuentwickeln. Wir haben Social Media, Fernsehen und als drittes Standbein inwien. Wir überlegen aus inwien, das Magazin Schau zu machen. Das ist allerdings nur eine Option.
Milletich: Es gibt aber natürlich auch andere Möglichen, bei denen sich die Inhalte ergänzen werden.
HORIZONT: Mobile auch noch?
Mathias: Mobile gibt es bereits bei inwien. Wir werden das Standbein ausbauen und modifizieren. Das ist das Gute an unserer Gesamtstruktur. Wir müssen jetzt nicht extra eine mobile Säule für Schau-TV hochziehen, wir hätten ja schon eine von inwien. Die müssen wir nur entsprechend mit Inhalten dotieren – momentan ist sie mit Events, Veranstaltungen und Kalender ausgestattet.
HORIZONT: Phase zwei – die Erweiterung nach Centrope. Gibt es hier nicht die banale Hürde der Sprache?
Milletich: Das ist natürlich schwer. Der innere Zwiebelring ist die Ostregion Österreichs. Diese Menschen soll auf die zentraleuropäische Region aufmerksam gemacht werden. Und daher rechnen wir auch mit dem Income von dort. Wenn wir dann den nächsten Schritt gehen und es Sinn macht, dass Schau-TV auch in Nachbarstädten konsumiert und gesehen wird, dann müssen wir uns diese Frage sowieso stellen. Aber unser primäres Ziel ist es die Seher in der Ostregion Österreichs mit den Nachbarstädten zu vernetzen. Außer Katastrophen bekommt man vom Alltagsgeschehen ja eigentlich nichts mit. Das wollen wir ändern.
HORIZONT: Das war sicher auch Bestandteil des Konzepts für die MUX-B-Lizenz?
Milletich: Stimmt. Wir haben auch nicht gesagt, wann wir alles machen. Wir haben noch Zeit. Derzeit lassen wir BKF noch weiterlaufen. Wir nehmen uns jetzt auch die Zeit um das alles genau zu Planen. Um uns das Personal von BKF anzusehen und alles zu bewerten. Grundsätzlich gibt es ja dort Menschen, die seit 15 Jahren Programm machen.
Mathias: Da ist auch wieder die Facebook-Schiene wiederum sehr, sehr wichtig. Sie kann diese Entwicklung gut begleiten. Damit können wir eine Community aufbauen.
HORIZONT: Früher hatten Kabelnetze die regionalen Programme als zusätzliches Verkaufsargument. Selber trugen sie sich finanziell selten. Ist so was für sich rentabel gesehen?
Milletich: BKF war schon in den letzten Jahren ein eigenständiges Unternehmen. Einen Sender positiv abzuschließen ist aber natürlich nicht so einfach.
Mathias: Das war für uns gewissermaßen ausschlaggebend, dass wir sagten, solange wir nicht ein Programm machen, das weiter ausstrahlt, ergibt das keinen Sinn. Der rein burgenländische Markt ist zu klein. Aber so ist Wien mit dabei und das Ganze sieht schon anders aus.
Milletich: Ja stimmt, denn anders wäre der Werbemarkt sehr reglementiert.
HORIZONT: Fernsehen lebt auch vom Look and Feel. Gibt es Vorstellungen? Partner?
Mathias: Wir werden nicht das Ganze Programm selbst produzieren. Wir fischen gerade in einem Jungen kreativen Markt. Das Ganze soll ein junges freches Fernsehen werden. Auch unsere Sportformate werden ganz anders aussehen als andere Formate. Zum Beispiel werden wir sehr viel im Freien aufnehmen – in der Botanik.
HORIZONT: Abschließend, ist der Teletest ein Thema?
Milletich: Er wird ein Thema werden
Interview: Sebastian Loudon und Martin Unger