Die neue Bundesregierung steht, und das Regierungsprogramm beinhaltet sogar zwei Absätze zum Thema Medien. Das ist insofern erstaunlich, als bis Donnerstagmittag noch nicht absehbar war, ob sich SPÖ und ÖVP überhaupt zu einem gemeinsamen medienpolitischen Programm durchringen werden. Laut HORIZONT-Informationen lag man am Donnerstagvormittag in den Positionen so weit auseinander, dass eine gemeinsame Formulierung sehr unwahrscheinlich schien.
Dementsprechend vage ist das Medienkaitel ausgefallen.
Zunächst wird das Ziel der medienpolitischen Maßnahmen formuliert:
Der Zugang zu Wissen und Information durch eine innovative Medienpolitik im Print-, TV- und Onlinebereich sowie die Unabhängigkeit und Vielfältigkeit der österreichischen Medien sind ein wesentlicher Bestandteil unserer demokratischen Kultur. Diese Werte gilt es auch im Zuge des nunmehr stattfindenden grundlegenden Wandels der Medienwelt, ausgelöst durch die Digitalisierung und wirtschaftliche Veränderung, zu sichern.Sodann werden "Maßnahmen" angeführt:Eine Förderung der Medien soll sich an Vielfalt und Qualitätskriterien orientieren. Dabei ist Journalismusförderung von besonderer Bedeutung. Diese Förderung soll sich unter anderem an der Qualität der journalistischen Arbeitsbedingungen und der Aus- und Weiterbildung des journalistischen Personals orientieren. Für die MedienkonsumentInnen soll durch diese Förderung inhaltliche sowie regionale Vielfalt gesichert werden, die sowohl das Interesse an objektiver Information befriedigt, als auch die Basis für demokratische Teilhabe bildet.Wer immer sich aus dem Regierungsprogramm also konkrete Vorstellungen darüber erhofft, wie die Bundesregierung eine Reform der Presse- und Publizistikförderung in Angriff nehmen will, wird enttäuscht sein. Sie soll sich jedenfalls an Vielfalt und Qualitätskriterien orientieren, sowie an der "Qualität der journalistischen Arbeitsbedingungen". Heißt das, arbeitsrechtliche Umstände werden maßgeblich für die Presseförderung, oder gar die Teilnahme am Presserat? Inhaltliche und
regionale Vielfalt soll ebenso gesichert werden, daraus zu lesen, ob künftig auch Gratiszeitungen Förderungen erhalten, wäre vermessen. RMA aber auch "das biber" bemühen sich intensiv darum, in den Genuss von Förderungen zu kommen.
VÖZ-Präsident Thomas Kralinger in einer ersten Stellungnahme: „Es ist erfreulich, dass sich die neue Regierung zur Presseförderung bekennt. Eine Reform dieses Förderinstrumentes ohne eine entsprechende Dotierung ist jedoch sinnlos. Denn nur, wenn die Presseförderung ausreichend finanziert ist, kann die Vielfalt der rot-weiß-roten Presselandschaft gesichert werden.“ Und weiter: "Die Digitalisierung der Branche muss auch die Regierung mit mehr Fantasie begleiten. Damit die Schaffung qualitativ hochwertiger rot-weiß-roter Inhalte gesichert werden kann, bedarf es jedenfalls größerer Anstrengungen als die im Koalitionsabkommen beschriebenen Maßnahmen.“
In keinem Regierungsprogramm darf das Bekenntnis zum dualen Rundfunk fehlen. Die Bundesregierung bekennt sich zur Sicherung des Wettbewerbs in einem dualen Rundfunksystem und zur inhaltlichen Förderung sowie technischen Weiterentwicklung des dualen Rundfunks in Österreich. Den wirtschaftlichen Veränderungen in der Medienbranche, verursacht durch die digitale Substitution sowie die Finanz- und Wirtschaftskrise und dem damit zusammenhängenden geringen Werbeaufkommen ist entgegenzuwirken. Daher soll die Medienförderung privater kommerzieller und nicht kommerzieller Rundfunkunternehmen fortgeführt werden.Wie man allerdings den "wirtschaftlichen Veränderungen, verursacht durch digitale Substitution und die Finanz-und Wirtschaftskrise "entgegenwirken" will bleibt ein Rätsel, außer, dass zu diesem Zweck die Förderung privater und nichtkommerzieller Sender "fortgeführt" werden soll. Kommerzielle Rundfunksender erhälten über den "Privatrundfunkfonds" der RTR derzeit 15 Millionen Euro pro Jahr, die freien Radios drei Millionen.
Und dann natürlich das medienpolitische Hauptfach: ORFDer öffentlich-rechtliche Rundfunk nimmt eine zentrale demokratie- und gesellschaftspolitische Rolle ein. Der ORF soll sich auf öffentlich-rechtliche Programminhalte fokussieren, um so seinem öffentlich-rechtlichen Auftrag gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund soll der ORF insbesondere eine starke Rolle bei Produktion und Ausstrahlung qualitativ hochwertiger, österreichischer Programminhalte einnehmen. Dafür ist es notwendig, den öffentlich-rechtlichen Auftrag an die europäischen Vorgaben anzupassen und neue öffentlich-rechtliche Inhalte im Gesetz zu verankern sowie Online-Beschränkungen zu evaluieren. Die MitarbeiterInnen des ORF sollen auch künftig Arbeitsbedingungen vorfinden, die garantieren, dass der ORF seine journalistische Tätigkeit qualitativ hochwertig ausüben kann. Die vom ORF so heftig herbeigesehnte Refundierung der Gebührenbefreiung kommt also nicht vor, ebensowenig eine Reform der Gremien des ORF. Dafür ist ein andere Formulierung bemerkenswert: Der öffentlich-rechtliche Auftrag soll an die "europäischen Vorgaben angepasst" werden, neue öffentlich-rechtliche Inhalte im Gesetz verankert und Online-Beschränkungen evauliert. Was immer dahinter stecken mag, wird man vielleicht schon bald sehen, denn das ORF-Gesetz wird vermutlich bis März einer Novellierung unterzogen. Nötig wurde das, weil die Bestimmungen zur Fax-Wahl des ORF-Publikumsrates vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurden. Vom ORF oder dem Verband der Privatsender gibt es noch keine Stellungnahme dazu.
Medienminister OstermayerWer mit dem Medienkapitel unzufrieden ist, der kann sich daran erfreuen, dass die Medienbranche nun bald einen Minister hat. Der bisherige Medien-Staatssekretär behält diese Agenden, wird aber in der neuen Regierung Kanzleramtsminister.