‚Das ist nur die Startaufstellung‘
 

‚Das ist nur die Startaufstellung‘

Interview über Rebrush von "News" mit Eva Weissenberger und Julia Ortner

HORIZONT war rund 48 Stunden vor Druckabgabe der ersten runderneuterten Ausgabe bei "News"-Chefredakteurin Eva Weissenberger und ihrer Stellvertreterin Julia Ortner im News Tower zu Besuch.

Am Samstag, 25. April, erschien das Heft in einem neuen Layout von Artdirector Christian Sulzenbacher. „Es ist noch nicht der große Wurf, es ist nur einmal die Startaufstellung“, sagt Eva Weissenberger zu HORIZONT. Sie selbst ist seit Februar im Haus, ebenfalls im Februar stieß Sulzenbacher dazu. „Die Schriften auszutauschen war in der kurzen Zeit einfach nicht drin. Auch für Copytests oder Markt­forschung war keine Zeit“, sagt die neue Chefredakteurin des einstmals stolzen Flaggschiffs von Österreichs größtem Magazinverlag. Das General-Interest-Magazin hat schlimme Jahre hinter sich – Auflage, Reichweite und Werbeerlöse gingen teils brutal zurück. Das sollen Weissenberger und ihr großflächig neu besetztes Team nun ändern.

,Typisch für unsere Branche‘

Warum eigentlich die Eile, wo doch Weissenberger selbst meint: „Für einen seriösen Relaunch braucht man ein Jahr Zeit? Den Druck habe ich mir selbst gemacht, schon in der Verhandlungsphase mit Horst Pirker. Ich wusste, dass uns die Branche, die das Projekt sehr genau beobachtet, nicht so viel Zeit geben würde.“ Nachsatz: „Und wie sich herausstellt, hat sie uns ja nicht einmal zwei Wochen Zeit ­gegeben.“ Damit meint Weissenberger die teils heftig vorgetragene Kritik an den vergangenen beiden "News"-Ausgaben, die zwar noch im alten Layout, aber am neuen Erscheinungstag, Samstag, veröffentlicht wurden. Allen voran Ex-"Standard"-Chefredakteur Gerfried Sperl und "Krone"-Journalistin Conny Bischofberger ließen in langen Heftkritiken kein gutes Haar an Weissenberger und ihrem Team.

„Das ist leider typisch für unsere Branche“, seufzt Julia Ortner und fügt schmunzelnd hinzu: „Da hieß es immer, für 'News' interessiere sich niemand, und dann wird doch jede Ausgabe so genau unter die Lupe genommen.“ Weissenberger selbst kann die Kritik an den vergangenen beiden Heften nicht nachvollziehen. „Das waren sehr gute Coverstorys, auch das Feedback der Leser war gut. Was an diesen beiden Ausgaben so viel schlechter gewesen sein soll als an den Ausgaben davor, weiß ich nicht. Es muss wohl an der enormen Aufmerksamkeit liegen.“ Auch egal, der Blick ist auf das kommende Heft gerichtet. „Wenn jemand das 'News', das am Samstag erscheint, furchtbar findet, tut’s mir schon mehr weh“, sagt Weissenberger.

Was also kann das neue "News"? Die Optik ist spürbar eleganter und aufgeräumt, das Logo neu. „Freundlicher“, war für Weissenberger das Stichwort im Briefing. Auch „normale“ Geschichten im Heft sind mit doppelseitigen Fotos aufgemacht. Überhaupt wolle man mit dem Einsatz von Bildern eine alte News-Tugend wiederbeleben. Ortner: „Es war für uns überraschend, über welch kompetente und gut ausgestattete Bildredaktion wir hier verfügen.“ Zwei neue Fixpunkte hat das Heft: die wöchentliche Karikatur von Michael Pammesberger vorne und die böse Society-Kolumne von Autor Markus Huber zum Schluss.

Meta-Ressorts

Was noch auffällt, und vielleicht die größte Veränderung für das Magazin darstellt, ist die Ressorteinteilung. Statt der traditionellen Ressorts (Politik, Wirtschaft, Sport, Kultur, Leute et cetera) gibt nur es nur noch drei Sektionen, die auf Metaebene stattfinden und lauten: Fakten, Leben und Leute.

„Drei weiträumige Parks statt sieben Schrebergärten“, sagt Weissenberger. Innerhalb der Redaktion bleibt die Ressortstruktur bestehen, auf die Heftstruktur hat sie keinen Einfluss mehr. Eine Sportgeschichte kann in „Fakten“ stehen, wenn es um Doping geht, unter „Leben“, wenn es um Jogging geht oder unter „Leute“, wenn es um die Person geht. Das gilt auch für die Politik, wo dem Duo Weissenberger/Ortner eine besondere Erwartungshaltung entgegengebracht wird.

Politik-Chefin Ortner: „Wir pflegen einen weit gefassten Politik-Begriff. Auch die Olivenöl-Story ist eine höchst relevante gesellschaftspolitische Geschichte. Aber natürlich wird es auch klassische Politikgeschichten geben.“ Wolfgang Fellner, so will es die Legende, hatte bei der Gründung von "News" einen Tankstellenpächter aus der Attersee-Gegend als versinnbildlichte Zielgruppe vor Augen. Wen sieht Weissenberger vor sich? „Wir orientieren uns an den Sinus-Milieus: Unsere Zielgruppe liegt am oberen Ende der bürgerlichen Mitte, dort wo es zu den Adaptiv-Pragmatischen und den Etablierten übergeht.“

Und woran messen die beiden ihren Erfolg? Ortner: „Der erste Teil des Arbeitsauftrags ist es, 'News' wieder relevant und glaubwürdig zu machen. Das ist ja teilweise jetzt schon gelungen. Aber wir werden Woche für Woche zeigen, dass wir journalistisch etwas wollen. Wenn das gelingt, werden wir es an der Rückwirkung erkennen.“ Weissenberger: „Im Herbst dann werden wir anhand der Jahresgespräche mit Werbekunden sehen, ob wir erfolgreich sind und in der Media-Analyse dann frühestens in zwei Jahren – das ist der Zeitrahmen.“

Dieser Artikel erschien am 24. April in der HORIZONT-Printausgabe 17/2015. Hier geht's zur Abo-Bestellung.
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