„Das ist die geilste Zeit, die es je gab“
 

„Das ist die geilste Zeit, die es je gab“

#

Wie junge Erben von Medienunternehmen und familiär vorbelastete Journalisten mit der neuen Realität im Mediengeschäft umgehen

Am dritten Tag der Österreichischen Medientage treffen sich junge Medienmacher, um die Herausforderungen dieser Zeit zu diskutieren. Am Podium sitzen Gino Cuturi (Oberösterreichische Nachrichten), Max Dasch (Salzburger Nachrichten), Niki Fellner (oe24), Harald Thoma (pocketfilm Media) und Elisabeth Zankel (Kleine Zeitung).

Gleich zu Beginn geht es darum, Fehler einzugestehen. Dasch: „Ich glaube, es ist ganz wichtig, Verantwortung zu tragen, die Wahrheit ist immer schwierig zu beweisen, man muss  die Spielregeln für Journalisten bestmöglich befolgen, das Eingeständnis Fehler gemacht zu haben, ist ja nichts Negatives, hier sehe ich auch eine Chance, den Leser zu binden, man muss auf Kritik reagieren, sie nicht einfach abtun.“ In Politikfragen wurde Klartext gesprochen. „Ich sehe es nicht als unsere Aufgabe, Landespolitik zu machen.“, so Cuturi. Doch wo zieht man die Grenze? „Bei uns ist es so, dass die inhaltliche und wirtschaftliche Sparte sehr stark getrennt sind, bei uns darf die Redaktion sehr viel, ohne dass wir als Eigentümer uns einmischen, das kann man aber nur machen, wenn man wirtschaftlich unabhängig ist. Ob die Landespolitik sich danach richtet, was sie denkt, welche Inhalte wir dann auch publizieren, das weiß ich nicht“, so Cuturi. Ein Beispiel, wo man sich engagiert hätte, ist die Medizinuniversität Linz. „Das haben wir publizistisch mitgetragen, weil wir das sehr wichtig finden, wir sind aber nicht das Sprachrohr der Landespolitik“, betont Cuturi. Ähnlich sieht das Zankel und sie bringt das Beispiel der Gemeindefusionen. „Wir wollten darüber berichten, weil wir uns dafür immer stark gemacht haben, weil wir das befürworten, trotzdem sage ich, Einzelfälle müssen natürlich sehr kritisch beleuchtet werden.“

Die Macht der Medien

Es sei nicht mehr so, dass Kronen Zeitung und ORF eine einzige Führungsrolle innehaben, meint Fellner. „Die Zeit, wo eine Zeitung einen Politiker im Alleingang abschießen konnte, ist vorbei“, zeigt er sich sicher. „Was schon funktioniert, ist Trends zu verstärken, aber auch da trägt man eine Verantwortung, keine Frage.“ Die Leser seien zu mündig und auch die Vielfalt der Kanäle ließe ein Monopol der Beeinflussung nicht mehr zu. Das oberste Ziel sei es, und da waren sich die Diskutanten einig, die Unabhängigkeit der Redaktion zu bewahren. Thoma gibt Umsatzgetriebenheit aber gerne zu. Fellner: „Wir sind in einem so harten Wettbewerb, es kann sich keiner leisten, schlechten Journalismus zu machen.“ Er richtet bezüglich ausartender Postings einen Aufruf an den Mitbewerber: „Der Wahnsinn beim Posten wird sich ändern, da immer mehr Leute unter ihrem echten Namen aufscheinen, als Medium muss man da Erziehungsmaßnahmen setzen und aufpassen - unser großer Mitbewerber könnte das auch mal ernster nehmen.“ Er ergänzt: „Wir sind in der geilsten Zeit, die es - was Medien betrifft - je gab, wir können uns alle glücklich schätzen, in dieser Branche zu arbeiten.“

Aufstellen, bitte

Deshalb müsse sich ein modernes Medienhaus auch dementsprechend breit aufstellen. Er spricht von Video, Mobile, verschiedenen Channels und Transaktionsgeschäften und e-commerce. Das gewinne an Bedeutung und die Zukunft von Print liege rein im Gratisbereich, man müsse sich von der Denke verabschieden, ein Medienhaus hätte nur eine Zeitung zu produzieren, dazu brauche man natürlich den Mut, Neues auszuprobieren. Dasch sieht das etwas anders. „Ich möchte mich im Bereich der Zusatzerlöse so nah wie möglich bei den redaktionellen Inhalten bewegen.“ Cuturi: Ein Medienunternehmen muss mehr tun, als das normale Printgeschäft online weiter zu betreiben, das funktioniert nicht, das regionale Konzept hat Vorteile, weil es nicht so schnell substituierbar ist, die lokale Verantwortung ist gravierend für uns - auch als Strategiemodell, davon ausgehend kann man auf andere Aktivitäten setzen, aber die Struktur muss vorhanden sein.“

Der Journalismus der Zukunft

Dass der Journalist der Zukunft ein crossmedialer Multimedia-Alleskönner sein muss, da waren sich alle einig. Amüsant war eine Publikumsbemerkung zum Schluß der Diskussion: „Ich konnte Sie alle kaum auf Twitter finden, Frau Zankel hat einen Account, den hat sie im Jahr 2009 zwei Mal benützt, wie ich sehe.“
stats