DAB+ bietet mit mehrsprachigen Radioangeboten Informationssicherheit für multikulturelle Bevölkerung.
Erstmals wurden fünf DAB+-Sender im Radiotest mit Jahresdaten ausgewiesen. Über aktuelle Entwicklungen am Markt sowie neue Ansprüche an Gesetzgeber und Marktforschung spricht Digitalradio-Vorstand Wolfgang Struber im Gespräch mit HORIZONT.
Mit zuletzt Kärnten konnte der mehr als zweijährige Netzausbau für Österreichs Digitalradios im August 2020 abgeschlossen werden. Und mit dem aktuellen Radiotest 2020_4 wurden die ersten DAB+-Sender auch mit Jahresdaten in der Reichweitenmessung erfasst. In beiden Zielgruppen, also der Bevölkerung 10+ Jahre sowie der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen, lassen sich noch eher verhaltene Tagesreichweiten beobachten, zumindest österreichweit. Mit Blick auf die Bundesländer fallen die Ergebnisse durchaus unterschiedlich aus. So ist Rock Antenne in Tirol mit 2,2 Prozent Tagesreichweite und 1,3 Prozent in der Steiermark in der werberelevanten Zielgruppe mit Abstand der stärkste Sender bei DAB+, jö.live weist im Burgenland 1,7 Prozent auf. Abseits davon überschreitet keiner der fünf ausgewiesenen Sender bundesländerweit die Ein-Prozent-Marke.
Nationale Reichweiten ausgewiesener DAB+-Sender laut Radiotest (Mo-So) | TRW 10+ | TRW 14-49 |
Arabella Relax | 0,1% | 0,1% |
Klassik Radio gesamt | 0,4% | 0,2% |
jö.live | 0,3% | 0,5% |
Rock Antenne | 0,4% | 0,7% |
Technikum One | 0,0% | 0,1% |
Dennoch sei die „Euphorie für DAB+ unangetastet“, sagt Wolfgang Struber, Vorstand Digitalradio Österreich und Geschäftsführer von Radio Arabella, gegenüber HORIZONT. Das belege auch, dass alle DAB+-Multiplexplattformen aktuell mehr Nachfrage als Angebot verzeichneten, hier sei „Bewegung im Markt“. Kritik übt er dabei an der „nicht nachvollziehbaren Position“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, „der sich – entgegen aller europäischen Länder – vehement gegen DAB+ ausspricht“.
‚Kein Entweder-Oder‘
Zunächst sei neben den Verbreitungsplattformen und den Angeboten auch der Endgerätemarkt „von entscheidender Bedeutung“, betont Struber. In Deutschland wie auch in Österreich zeigten die GfK-Zahlen ein signifikantes Wachstum bei den verkauften Radioendgeräten auf. Mit Blick auf den österreichischen Gesetzgeber spreche er sich dafür aus, „im Zuge der Umsetzung des Art 113 EECC den nationalen Gestaltungsspielraum zu nutzen, um sicherzustellen, dass künftig alle Radioempfangsgeräte – Consumer-Radios und Autoradios – verbindlich mit DAB+ Empfangs- und Wiedergabefähigkeit ausgestattet werden“ – bedeutend auch aus dem Gesichtspunkt des Konsumentenschutzes bei Neuanschaffungen, da diese Geräte zumeist eine längere Lebensdauer hätten.
Wolfgang Struber, Vorstand Digitalradio Österreich, sieht in Zukunft ein ‚hybrides System‘ am Audiomarkt.
Wo etwa die RMS über einen enormen Anstieg der Webstreams berichtet, sieht Struber keine Konkurrenz – eher das Gegenteil sei der Fall: „Der Plattformmarkt ist als ein ‚Sowohl als auch IP und DAB+‘ und nicht als ‚Entweder DAB+ oder IP‘ zu verstehen.“ Und gerade angesichts des steigenden Drucks durch internationale Onlineplattformen wie Spotify, Amazon Music, Apple Music und YouTube Music sei eine „nachhaltige Absicherung des terrestrischen Hörfunk-Ökosystems daher vor allem in demokratie- und gesellschaftspolitischer Hinsicht erfolgskritisch“.
Das Internet und die Online-Audio- und Radioangebote erweiterten zwar das UKW- und DAB+-Angebot in Österreich, in einer mittelfristigen Perspektive würde Hörfunk und „seine starken lokalen, regionalen und nationalen Marken“ auf allen Plattformen, also UKW, DAB+ und IP, als gemeinsames System bestehen, ist Struber überzeugt, „wobei sich die analoge UKW-Welt zugunsten des hybriden Systems DAB+ und IP weiterentwickeln wird“.
‚Kein reguläres Radiojahr‘
In der aktuellen Reichweitenerhebung sind nur fünf der insgesamt zwölf nationalen DAB+Sender dabei, für die Zukunft sei es wichtig, dass alle Marktteilnehmer erfasst werden, um die Gattung weiter auszubauen, so Struber, und mit Blick auf die Marktforschung, dass diese sich „im Bereich Hörfunk auch den veränderten Realitäten in der Gesellschaft anpasst und weiterentwickelt, um zukunftsfit zu bleiben“. Sein eigener Sender Radio Arabella zeigt sich im aktuellen Radiotest weitestgehend stabil, bis auf ein Minus in beiden Zielgruppen in Niederösterreich, was Struber auch auf den veränderten Radiokonsum im Rahmen des Lockdowns, Homeoffice und Co. zurückführt, also im Vergleich zu einem „regulären ‚Radiojahr‘“, resümiert Struber.