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Concordia-Preise gehen an türkische Medienschaffende

APA
Die Türkei ist laut Banu Güven nicht nur ein Erdogan-Land
Die Türkei ist laut Banu Güven nicht nur ein Erdogan-Land

Die Verleihung des Concordia-Preises in der Kategorie Pressefreiheit am Mittwoch ist zu einem eindringlichen Solidaritätsakt für bedrohte türkische Journalisten geworden.

Die Auszeichnung ging heuer an jene Medienschaffende, die in der Türkei inhaftiert sind. Laute Unmutsbekundungen gab es für die österreichische Vertretung in der Türkei, weil ein Journalist nicht zum Festakt reisen konnte. "Pfui"-Rufe erschallten aus dem Publikum im Sitzungssaal des Nationalrats, als "Standard"-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid - in ihrer Rolle als Laudatorin - aus dem Schriftverkehr mit den Behörden vorlas. Diese hätten "begründete Zweifel am Wahrheitsgehalt des Inhaltes der vorgelegten Belege und an der Glaubwürdigkeit der Angaben des Antragstellers" gehegt.

Eine "Ungeheuerlichkeit", so Föderl-Schmid, die auch die Stellungnahme des Außenministeriums in der Causa kritisierte: Dass Formulierungen, wie sie von der Vertretung verwendet wurden, durch gesetzliche Vorgaben gedeckt sind, wolle sie nicht glauben. Ismail Eskin habe schließlich seinen Antrag zurückgezogen - wäre dieser nämlich abgelehnt worden, hätte dies eine Speicherung im Schengen-Informationssystem für zehn Jahre bedeutet. All das "erinnert mich an längst vergangene Zeiten", so Föderl-Schmid. "Wie dieser Fall zeigt, geht Pressefreiheit uns alle an."

"In der Türkei sieht man, was passiert, wenn nur noch die Meinung derjenigen richtig und zum Recht erklärt wird, die die Macht haben", sagte sie mit Blick auf die Lage der dortigen Journalisten. "Pressefreiheit, das klingt sehr abstrakt, aber gerade das Beispiel Türkei zeigt, wie schnell es konkret werden kann. Wenn ein Kommentar schon Todesgefahr bedeuten kann. Liebe Kollegen: Ihr kämpft für Presse- und Informationsfreiheit, und ihr setzt dafür das Wertvollste ein, das ihr habt - eure persönliche Freiheit."

Solidarische Signale

"Die Türkei ist nicht nur ein Erdogan-Land", betonte die türkische Journalistin Banu Güven. "Heute treffen sich Hunderte Journalisten in Istanbul zum Tag der Pressefreiheit." Sie werde die solidarischen Signale aus Österreich übermitteln, versprach sie und wurde mit Standing Ovations verabschiedet. Das Preisgeld in der Höhe von 4.000 Euro wird an einen Fonds zur Unterstützung der Inhaftierten und deren Familien übergeben. Über 160 sitzen laut Güven derzeit im Gefängnis. Der Presseclub Concordia legte bei der Feier eine Broschüre mit Informationen über sie auf - damit man nicht nur über Zahlen rede, sondern über die Menschen und ihre Geschichten, so der Presseclub Concordia.

In der Kategorie Menschenrechte ging der Preis an Edith Meinhart ("profil"). Laudatorin Elfriede Hammerl würdigte ihren "kritischen, wachen Geist". Der langjährige ORF-Publizist Peter Huemer nutzte seinen Lebenswerk-Preis für Warnungen vor einer "Bedrohung" des ORF. Bezug nehmend auf die jüngste Debatte über "Zeit im Bild 2"-Frontmann Armin Wolf und Aussagen wie etwa von ORF-Onlinechef Thomas Prantner (Stichwort "Verhörraum") fand es Huemer "erstaunlich, wenn Angestellte öffentlich so über das Programm ihres Hauses reden". Diese "Attacken gegen kritischen Journalismus" aus dem eigenen Haus seien mehr als befremdlich und als Alarmsignal "nicht auf die leichte Schulter zu nehmen". Denn üblicherweise komme derartige Kritik ja eher "nur von beleidigten Politikern wie dem ehemaligen niederösterreichischen Landeshauptmann", so Huemers Seitenhieb auf Erwin Prölls Reaktion nach dem "ZiB 2"-Interview im April.

Unübersehbare Indizien

"Ich habe beim Club 2 erlebt, wie ein Format umgebracht werden kann", und zwar, indem man ihn durch organisatorische Maßnahmen "verkümmern" habe lassen, sagte Huemer. Er spielte in diesem Zusammenhang auf die geplante Channel-Struktur im ORF-Fernsehen an: "Das sind keine internen Personalfragen. Wenn ein neuer Proporz droht, der die Agenden zwischen rot, schwarz und im Digitalbereich blau aufteilt, dann geht uns das alle an. Unübersehbare Indizien in diese Richtung gibt es."

Meinhart räumte in ihrer Dankesrede mit der Ansicht auf, dass Menschenrechte vor allem ein "Minderheitenprogramm" für Benachteiligte seien. "Stimmig ist das nicht." Denn auch ein Unternehmer verlasse sich bei einer Betriebsanlagengenehmigung auf ein faires Verfahren. "Anstrengend" sei die Beschäftigung mit dem Thema Menschenrechte aber auch, weil es "keine Checkliste für alle Lebenslagen gibt, was menschenrechtlich in Ordnung ist". Und die "Opfer sind nicht immer die Guten. Menschen, denen Unrecht widerfahren ist, können sogar ausnehmend unsympathisch sein".

Meinhart betreibe mit ihren Texten weder Sozialromantik, noch wolle sie provozieren, lobte Laudatorin Hammerl. Empathie setze sie wohldosiert ein und wiege den Einzelfall stets gegenüber dem "Großen und Ganzen" ab. Meinharts Arbeit zeichne "scheinbar unangestrengt ein eindrückliches Bild" und habe "literarische Qualität", zugleich habe sie "die Bodenhaftung nie verloren": "Sie spricht mit den Menschen, erzählt ihre Geschichten so, dass wir uns dafür interessieren."



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