Der Redaktionsalltag ist voll von Anekdoten, Aussagen und Ansichten, die ob ihrer Skurrilität zum Schmunzeln anregen.
Eine Auswahl, die nicht bierernst zu nehmen ist – und doch würden wir uns freuen, manches davon 2022 eventuell nicht mehr lesen zu müssen. Besonders schön im heurigen Jahr: Die Redaktion hatte bereits unter dem Jahr sehr viel Freude, Ansammlungen wie diese anzusammeln – daher eine Auswahl mit besonders viel Input der Redaktion.
‚Können Sie bitte die Presseaussendung von gestern online stellen?‘
Können wir handwerklich und grundsätzlich, ja. Haben wir in dem Fall allerdings wohl deshalb nicht, weil inhaltlich belanglos.
‚Dompfarrer Toni Faber segnet den von Billa und Saubermacher gespendeten E-Hubstapler der Wiener Tafel.‘
Für uns bedeutet der Titel dieser Presseinformation mindestens die Schlagzeile des Monats; thematisch trotzdem irgendwie falsch angesiedelt, auch wenn für einen guten Zweck. Wir wünschen dennoch frohes Hubstapeln und mit dem göttlichen Segen kann dann ja nichts mehr schiefgehen.
‚Zum ‚Marketer des Jahres‘ nominiert: Dompfarrer Toni Faber.‘
Ah ja, schon wieder Toni Faber. Unser Posteingang gleicht mittlerweile den ORF-Seitenblicken. Faber jedenfalls vermarktet den Herrgott bekanntermaßen auch bestens nach den vier Marketing-Ps: Product, Price, Promotion und Beichtstuhl – oder so. Von den hohen Instanzen der IAA gewählt wurde dann im Übrigen völlig verdient Hermann Neuburger, Erfinder des gleichnamigen Neuburgers. Alles Leberkäse!
‚Le vendredi 16 juillet 2021, nous fermerons dès 12h00 en raison d’une séance d’équipe intensive suivie d’un événement d’équipe. Nous pourrons prendre vos commandes jusqu’à 11h30 pour une livraison au plus tard le lundi 19 juillet 2021.‘
Aus einer Aussendung. Wir alle wissen nur zu gut, dass Franzosen gerne überall Französisch reden. Bei einer österreichischen Zeitschrift dürfte es dann aber doch zumindest Englisch sein. Like … seriously?
‚Wann bringen Sie denn den Bericht?‘
Gut erkannt: Das ist meist die Nachfrage, wann wir denn wohl einen Bericht bringen (der in sehr vielen Fällen ohnehin schon längst online ist).
‚Warum eigentlich kommt das in dem Artikel nicht vor?‘
Anmerkung, dass man auf Aspekt Y eingehen hätte können in einem Artikel, der ohnehin schon Aspekte A-M abdeckt und bei dem die Abdeckung von A-Z nur im Rahmen einer wissenschaftlichen Publikation möglich wäre. Fußnote!
‚Warum haben Sie mich nicht zu dem Thema befragt? Ich bin absoluter Experte auf dem Gebiet.'
Spoiler: Sie können schon jetzt davon ausgehen, dass der oder diejenige es gerne wäre, allerdings nicht ist.
‚Warum sind wir im Ranking nicht vertreten? Wir wären auf Platz sechs gelandet.‘
Hätte, hätte, Fahrradke ... Nein, das lassen wir jetzt. Aber: Dem dreimaligen Aufruf zur Einreichung auch Folge zu leisten hätte die Anfrage obsolet gemacht.
‚Achso, die Information zur neuen Küchengeräte-Kollektion ist bei Ihnen falsch aufgehoben? An wen kann ich die Info denn dann schicken?‘
Memo an uns selbst: der Geschäftsführung einen Businessplan für ein Küchengeräte-Kollektion-Fachmagazin vorlegen. Das wird richtig gut.
‚Hahahahaha, diese Bezeichnung!‘
Die Kollegin nebenan, wenn sie über skurrile Berufsbezeichnungen in Presseinformationen stolpert. Sie nennt das dann „fancy funny titles“. Also, hier sind sie: Chief Visionary Officer (ah!), Chief Growth Officer (mhm) und Chief Curiosity Officer (äh … ja).
‚Haben Sie eine Minute für mich oder störe ich Sie?‘
Nett, dass Sie fragen, dann aber nicht auf meine Antwort warten. Aber Sie stören natürlich nie.
‚Ich kann die Frau Auer nicht erreichen.‘
Anruferin oder Anrufer.
‚Wer ist denn jetzt Chefredakteur? Wie kann ich den erreichen?‘
Nachfrage von Anruferin oder Anrufer von vorhin.
‚Könnten Sie mir dann die Nummer der Assistentin von Herrn Hofer geben?‘
Zweite Nachfrage von Anruferin oder Anrufer von vorhin und vorvorhin. Plottwist: Die Assistentin gibt es nicht, Herr Hofer macht seine Assistenz selbst. Das ist auch der Grund, warum Sie ihn nicht erreichen. Sorry dafür.
‚Und da sagt man immer, die Redaktion sei unbestechlich.‘
Kollege intern beim Anblick der zahlreichen Weihnachtsschokoladengeschenke im Büro des Verfassers dieser Zeilen (allesamt im Wert von unter zehn Euro, hoffe ich). Antwort des Büroinhabers: „Sie ist auch unbestechlich, sonst hätten wir all das schon aufgefuttert.“
‚Ich habe Ihnen vor drei Minuten eine E-Mail geschickt. Haben Sie die gesehen?‘
Ein Evergreen, nicht wegzubekommen. Frage: Fahren Menschen, die E-Mails hinterhertelefonieren, eigentlich auch dem Postboten ihres Vertrauens nach und läuten dann beim Empfänger, ob eh zugestellt?
‚Purpose.‘
Bitte nicht mehr drüber reden. Einfach tun. Das hätte vermutlich bedeutlich mehr Sinn und Zweck.
‚Könnten Sie das Bild zum Artikel aus 2011 bitte löschen und meinen Namen entfernen?‘
Das wird jetzt etwas länger, weil in den letzten Jahren schon dezent entnervt durchbesprochen, kommt aber trotzdem immer wieder vor. Mittlerweile hat der Chefredakteur größte Freude, erst die Datenschutzbeauftragte intern zu bemüßigen und dann pampige Mails extern zu schreiben. Die lauten dann (in diesem Fall war es der Wunsch nach Löschung einer Personalia): „Die Relevanz von Ereignissen wird immer noch durch die Redaktion definiert. Mit Ihrer Argumentation müsste man zig Artikel über Menschen, die jetzt etwas anderes tun als früher, löschen – das ist argumentativ schlicht Unsinn.“ Die Frage nach Übermittlung der Einverständniserklärung für die namentliche Nennung wird mehr oder minder elegant geblockt. Und dann noch: „In dem Zuge auch die Empfehlung meinerseits für künftiges Tun Ihrerseits: Das Internet vergisst wie auch das Archiv nie.“
‚Könnten Sie mir bitte die E-Mail-Adresse und Telefonnummer der Person geben, über die Sie im Artikel geschrieben haben?‘
Auskunft bitte! PS: Nein.
‚Bitte sagen Sie den beiden Moderatoren, dass sie richtiges Deutsch reden sollen.‘
Wir sind – anknüpfend an die vorherige Frage – übrigens auch nicht die Presseabteilung des ORF (die Anfrage betraf die Formel 1). Und auch nicht die eines anderen Senders. Aber vielleicht erklären wir beizeiten einmal, dass wir nicht Gegenstand der Nachricht, sondern nur der Überbringer dieser sind.
‚Was sollen ‚Zuseher:innen‘ darstellen? Warum wird hier diese dümmliche Tschender-Schreibweise verwendet?‘
Mail eines – wohl – Zusehers. Kommentar überflüssig.