ORF-Chef: Holzmeister-Bau als "Ausdruck des Austrofaschismus" - Ex-GI Weis: "Schwachsinn"
Eine Aussage von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz zum ORF-Funkhaus sorgt für Aufregung. Wrabetz hatte vor dem ORF-Publikumsrat vergangene Woche erklärt, dass das vom Architekten Clemens Holzmeister geplante und in den 1930er Jahren errichtete Funkhaus ursprünglich ein "Ausdruck des Austrofaschismus" gewesen sei, auch wenn dort heute ein "völlig anderer Geist" wehe. Der frühere ORF-Generalintendant und -Radiochef Gerhard Weis bezeichnet dies als "kompletten Schwachsinn", wie ihn die APA zitierte. Die IG Autoren kritisierten Wrabetz' Äußerungen am Dienstag in einer Aussendung als "unwürdig".
Für den ehemaligen ORF-Chef Weis ist der Holzmeister-Bau eher "Architektur der 1920er Jahre, eher Bauhausstil, aber doch nicht Austrofaschismus". An den Planungen für den Großen Sendesaal im Radio-Kulturhaus und in den Sendestudios seien laut Weis etwa auch jüdische Architekten beteiligt gewesen, die dort für eine erstaunenswerte Akustik gesorgt hätten, deren Geheimnis bis heute nicht entschlüsselt ist. Wrabetz' Aussagen seien "völlig daneben". Er habe den ORF-Generaldirektor bei der Programmpräsentation von ORF III auch gebeten, das richtig zu stellen, da es im Funkhaus deshalb einige Verstimmung gebe. Laut Weis stehe hinter den Äußerungen Wrabetz' die immer noch nicht entschiedene Standortfrage.
Der ehemalige ORF-Chef plädiert für die Beibehaltung des ORF-Zentrums am Küniglberg sowie des Funkhauses in der Argentinierstraße. "Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass es zwingende Gründe gibt, vom Küniglberg wegzuziehen. Und das Funkhaus liegt zentral im Herzen der Stadt. Viele Rundfunkstationen leiden darunter, dass sie außerhalb der Stadt liegen und bauen dann erst wieder teure Stadtstudios und -büros." St. Marx sei grundsätzlich kein schlechter Standort, aber man müsse das auch finanzieren können. "Ich höre, dass es dem ORF finanziell nicht so gut geht. Wenn ein Dritter die Kosten übernimmt, okay, aber davon war bisher nichts zu hören. Aber St. Marx scheint wohl eher eine politische als eine wirtschaftliche Entscheidung zu sein."
Auch IG Autoren-Vorstand Gerhard Ruiss plädierte am Dienstag für den Verbleib des ORF im Funkhaus. "Dass das Funkhaus als Symbol des Austrofaschismus herhalten soll, ist infam", so Ruiss. Es entspreche vielmehr der "historischen Wahrheit", dass sich die Nazis die damalige Rundfunkgesellschaft RAVAG so wie ganz Österreich einverleibt und ihre Propaganda über die entsprechenden Kanäle verbreitet hätten. Offenbar soll das Funkhaus aber mit "üblen Konstruktionen schlecht beleumundet und als wesentlicher Standort von (Kunst)Produktion abgeschafft werden". Wrabetz' Vorgehen sei eine "Geschmacklosigkeit im Dienste einer fragwürdigen Absicht", die IG Autoren forderten den ORF-Chef auf, sich von seinen Aussagen zu distanzieren.
(APA/red)