"Auch im Rathaus gibt es keine Gelddruckmasch...
 

"Auch im Rathaus gibt es keine Gelddruckmaschine"

Christian Pöttler, Geschäftsführer des echo medienhaus, spricht über die Budgetkürzungen des PID, neue Projekte und die angebliche Krise.

HORIZONT: Herr Pöttler, vor zwei Jahren haben Sie 40 Prozent am echo medienhaus übernommen. Davor wurde der Verlag stark mit der SPÖ in Verbindung gebracht. Sie sagten damals im HORIZONT, dass sie hoffen, die Situation würde für den Verlag fortan gerechter. Ist es gerechter geworden?
Christian Pöttler: (überlegt) Sagen wir mal so: Die Situation ist mit Sicherheit nicht schlechter geworden. Niemand kann uns jetzt mit politischen Argumenten ein Geschäft verwehren oder uns aus dem Wettbewerb drängen. Das politische Segment ist beim echo medienhaus ohnehin nur noch ein Randbereich.

Wenn Sie die vergangenen zwei Jahre mit einem Schlagwort beschreiben müssten. Welches wäre das?
Zufriedenheit. Ich bin sehr zufrieden und in manchen Phasen auch glücklich, dass wir es so gemacht haben, wie wir es gemacht haben. Ich bin nicht euphorisch und will das alles nicht überschätzen, aber es war die richtige Entscheidung, das Risiko aufzunehmen.

Welche Auswirkungen hatten die Budgetkürzungen beim PID für das echo medienhaus?
Das war sehr schmerzhaft und hatte erhebliche Auswirkungen. Aber so ist es halt, es war ehrlich gesagt auch nicht die einzige Budgetkürzung, die wir in den vergangenen Jahren miterlebt haben. Bislang haben wir es ohne Personalreduktion geschafft und wollen das auch weiterhin so machen. Aber soweit ich weiß, dürften von dieser Maßnahme ja alle Verlage der Stadt betroffen sein. Insofern ist es fair und gerecht. Auch im Rathaus gibt es keine Gelddruckmaschine und vor allem gibt es keine Verpflichtung, dass da permanent alle Geldhähne offen stehen. Aber na klar: Für alle Verlage ist der Werbekuchen der Stadt Wien wichtig.

Wie läuft es denn wirtschaftlich?
2015 war bei uns das wirtschaftlich beste Jahr im Zeitschriften-Bereich. Wir verzeichnen in diesem Segment ein merkbares Wachstum, auch wenn die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Und die Krise?
Ich sehe die Zukunft der Werbung sehr positiv. Die Krise, die seit Jahren herbeigeredet wird, gibt es in diesem Ausmaß nicht. Print ist nach wie vor eine starke Mediengattung. Es ist zwar richtig, dass viel Geld ins Fernsehen abgewandert ist, aber da werden wir uns jetzt anschauen, wie vor allem die Privaten auf Netflix und andere Herausforderungen reagieren werden. Ich bin derzeit ehrlich gesagt beruhigt, dass wir keinen eigenen Fernsehsender haben.

Sie hatten aber mal einen.
Das war der teuerste und blutigste Ausflug des echo medienhauses, den wir jemals erlebt haben. Sechs Jahre ist das Projekt jetzt schon her, die Ratenzahlung ist allerdings erst im vergangenen Jahr ausgelaufen.

Wie viel Geld wurde da verbrannt?
Das hat uns einen siebenstelligen Betrag gekostet. Aber wenn man Dinge falsch einschätzt und sich selbst überschätzt, muss man manchmal auch Deppensteuer zahlen. Natürlich hatten wir in den vergangenen Jahren viele Lernerlebnisse, aber der Ausflug ins TV war mit Abstand das teuerste dieser Art. Print-Experimente sich vergleichsweise günstiger, deswegen ist die gesamte Branche da mutiger.

Stichwort Print-Experimente. Jetzt hat das echo medienhaus das Wirtschaftsmagazin "Seeds" gestartet.
Das ist ein spannendes Thema. "Seeds" soll sich mit dem Themenkreis "Neues wirtschaften" beschäftigen und da gibt es derzeit eine überschaubare Konkurrenz. Das ist ein bisschen eine Spielwiese unseres COOs, Markus Posset. Einfach weil das Thema Wirtschaft seine Leidenschaft ist. Bei uns folgt die Firmenentwicklung ganz stark den Interessen und Fähigkeiten einzelner Mitarbeiter.

Welche neuen Produkte stehen noch an?
Im April bringen wir das neue Magazin "Wienissimo" heraus. Anlass ist das Wiener Festival des guten Geschmacks, bei dem es um Essen & Trinken geht. Das veranstalten wir heuer zum ersten Mal, dazu passt das Magazin, das vorerst als Testballon erscheint. "Wienissimo" ist, wenn sie so wollen, die erdigere Version eines internationalen Gourmetmagazins, mit starken Akzenten auf Qualität, Regionalität und Bio. Im Herbst 2015 haben wir das Park-Hyatt-Magazin gestartet, da kommt jetzt im April die zweite Ausgabe. Das ist derzeit unser High-End-Aushängeschild. Wir arbeiten derzeit zudem an einem zweiten Magazinprojekt für ein Wiener Hotel, zudem machen wir ein Magazin für einen internationalen Autoverleiher. Letzteres ist für uns ein Schritt in eine ganz andere Liga, weil es da um internationales Anzeigenmarketing und Vertrieb geht. Da müssen wir auch schauen, dass wir uns nicht übernehmen.

Das hört sich nach vielen neuen Projekten an. Muss da nicht auch die Anzahl der Testballone kleingehalten werden, damit die Qualität nicht leidet?
Man kann gar nicht zu viele Versuche starten. Man sollte nur das, was man versucht, auch können. Im Bereich der absoluten High-End-Anzeigenkundenbetreuung sind wir ein Newcomer. Da haben wir noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen.

Wie wird "Wienissimo" vertrieben?
Das Magazin liegt beim Festival auf, wird aber auch österreichweit vertrieben. Grundsätzlich ist es so, dass es derzeit eine neue Dynamik im Mediengeschäft gibt. Das alte Prinzip "trial and error" hält wieder Einzug. Es ist alles so schnell geworden, dass die Marktforschung nicht mehr hinterherkommt. Deswegen versuchen sich Verlage einfach wieder an neuen Projekten. Wir haben im Haus mit unseren 140 Mitarbeitern enorme Ressourcen und starten ganz einfach verschiedene Testballone, stellen Projekte aber auch wieder ein, wenn sie nicht funktionieren.

Mit dem Vienna Nightrun und vielen weiteren Events dieser Art bewegt sich das echo medienhaus auch stark in die Richtung eines Veranstalters. 
Österreichische Verlage haben in den vergangenen zehn Jahren mehrheitlich als Ergänzungsprodukt auf die digitale Welt gesetzt, das machen wir auch - in bescheidenem Umfang. Vor allem in einem solchen Umfang und Ausmaß, das uns wirtschaftlich nicht ruiniert. Wirtschaftlich ist für uns besonders die Verknüpfung von Print und realem Leben, der Eventkultur, wichtig. So ist es dann zwingend notwendig, dass aus dem Wienissimo-Festival auch ein Magazin entsteht. Das hat inzwischen dazu geführt, dass wir nicht nur 30 Zeitschriften im Haus haben, sondern mittlerweile auch mehr als 40 Events veranstalten. Wahrscheinlich sind wir eine der größten Event-Firmen in Österreich.

Aber nochmal zurück zur vielbeschworenen Krise. Wie sehen Sie die Diskussionen?
Es ist schon faszinierend, wie sich eine doch bedeutende Mediengattung, der Print, von einem upcoming Business hertreiben lässt. Vor drei oder vier Jahren haben viele österreichische Verlage gemeint, sie müssten jetzt alles ins Digitale verlagern. Das hat sich als nicht ganz richtig herausgestellt. Weder von der Seite der Werbefinanzierung noch von der Contentproduktion. Wenn man heute im digitalen Nachrichtengeschäft vollwertig mitspielen will, braucht man einfach viel mehr Personal als bei Tages- oder Wochenzeitungen. Und die Personalkosten sind heute zentrales Thema für jedes Unternehmen.

Wohin geht die Reise für die Print-Branche?
Ich habe ein ganz starkes Bauchgefühl und das ist mein wichtigster Ratgeber. Ich glaube, dass es eine Teil-Renaissance der Print-Werbung geben wird. In vielen Kundengespräche höre ich, dass die gehypte Digitalwerbung doch nicht so wirkungsvoll ist wie viele zunächst vermutet haben. Ein muss man der Digitallobby schon lassen: Sie haben das wahnsinnig geschickt gemacht. Nur ist jetzt eine gewisse Ernüchterung eingetreten. Das hängt auch viel mit eigenen Erfahrungen zusammen. Geschäftlich wie privat höre ich immer wieder, dass Digitalwerbung zunehmend als Belästigung empfunden wird. Ich kenne niemanden, der sich durch Print-Werbung belästigt fühlt. Ich höre schon seit so vielen Jahren, dass das digitale Werbebusiness alles andere smashen wird und es ist bislang einfach nicht passiert.

Der Branche steht also eine rosige Zukunft bevor?
Was unser Kerngeschäft, nämlich das Bedrucken von Papier, angeht, bin ich nicht nur vorsichtig positiv gestimmt, sondern durchaus zuversichtlich. Ich sehe keinen Anlass, die Untergangstheorien weiterhin zu vertreten. Faktum ist auch, dass es heute so viele Magazine wie nie zuvor gibt. Es gibt kein Magazinsterben, es gibt nur eben andere Magazine. Die großen Generalistentitel, von "stern" bis hin zu "News", tun sich natürlich schwer. Dafür gibt es jetzt unzählige Zeitschriften für jede nur erdenkliche Zielgruppe.

Vor wenigen Wochen ist mit read.it ein Online-Kiosk für Zeitungen und Magazine gestartet. Wäre das nicht auch eine Möglichkeit für das echo medienhaus, seine Produkte einem größeren Kundenkreis zugänglich zu machen?
Ich würde das nicht überbewerten. Ich denke nicht, dass diese Angebote jemals ein wesentlicher Teil eines Geschäftsmodells sein können. Ich weiß, mit einem Print-Produkt gilt man als weniger visionär. Jeder App-Bastler, der irgendwas erfindet, erhält heute größere Aufmerksamkeit, aber das ist eine andere Geschichte. Das kann uns ja nicht von unserem Geschäftsmodell abbringen.

Patricia Schweiger-Bodner arbeitet inzwischen als Beraterin des Verlags. Suchen Sie weiterhin nach Verstärkung?
Wir sind permanent auf der Suche nach guten Vertrieblern. Anzeigenverkauf geht heute sehr stark in Richtung Ideenwettbewerb, den klassischen Anzeigenkeiler von früher gibt es nicht mehr, auch wenn natürlich weiterhin viel über Kontakte geht. Wie alle anderen Verlage haben aber auch wir die allergrößten Probleme damit. Es ist wahnsinnig schwer, gute Vertriebler zu finden.

Abes es gibt doch in Österreich grundsätzlich viele Vertriebler?
Ja, viele. Aber wir könnten zehnmal so viele gebrauchen (lacht).

Wie ist die Situation beim echo medienhaus?
Wir schaffen es, mit unserem Vertriebspersonal, maximal zehn Prozent der möglichen Kunden überhaupt ernstzunehmend anzusprechen. Und eine Massenmail an 5.000 Firmen ist auch keine ernstzunehmende Ansprache, das ist blamabel.



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