Ein Rückblick auf eine Fernsehlandschaft, die vor allem vom Bestreben der privaten Sender geprägt war, einen dualen TV-Markt zu erreichen.
Über viele Jahre hinweg dominierte der ORF, der bis in die 90er-Jahre eine Monopolstellung innehatte, die Schlagzeilen der TV-Berichterstattung. Erst um die Jahrtausendwende schritt die Privatisierung der TV-Landschaft voran, die ebenso für medialen Aufwind sorgte. Bewegung in die TV-Branche brachte auch die Digitalisierung, die im letzten Jahrzehnt schrittweise umgesetzt wurde.
Im Medienjahr 1991 war ein Thema in aller Munde: Der Teletest, das neue Messsystem des ORF, das den Infratest ablösen sollte. Dieser wurde installiert, um dem ORF die Möglichkeit zu bieten, seinen Werbekunden genaue Reichweitendaten von Werbeblöcken zu liefern. Apropos Werbung: Die Ausweitung der Werbezeiten des ORF war im Folgejahr das größte medienpolitische Thema. Durch Sparmaßnahmen erfüllte man die Voraussetzungen zur Ausweitung ebendieser. Es fehlten nur noch die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausweitung auf acht Prozent der Gesamtsendezeit. Es sei zu befürchten, dass, wenn ein entsprechender Beschluss "nicht im Frühjahr über die Bühne geht, er vor den nächsten Nationalratswahlen nicht mehr über die Bühne geht", sagte ORF-Generalintendant Gerd Bacher damals. 1993 kam es in puncto Werbezeiten dann zu folgendem Beschluss: In Fünf-Minuten-Schritten sollten die ORF-Werbezeiten ab 1995 angehoben werden, in einer letzten Phase um sieben Minuten auf insgesamt 42 Minuten pro Tag und Programm im Jahr 2001. Neben den Beschlüssen zu den Werbezeiten stand 1994 die ORF-Wahl auf der Agenda, in der Gerhard Zeiler vom 35 Mitglieder zählenden ORF-Kuratorium mit 31 Stimmen gewählt wurde.
Monopolstellung des ORF Den Start in das Medienjahr 1998 machte der ORF mit einer Programmreform. Von Mai bis Juli entbrannte dann der Wahlkampf um den Posten des neuen Generalintendanten. Es duellierten sich Gerhard Weis und Peter Radel. Im zweiten Wahlgang wurde Weis zum ORF-Chef gewählt.
1998 ließen auch erstmals andere Sender als der ORF aufhorchen: Die Wiener Regionalsender Wien 1 und Sat.1 Österreich erhielten eine Satellitenlizenz für Österreich. Ein weiterer Schritt in Richtung Privatfernsehen erfolgte durch die Medienpolitik 1998. Im September einigten sich SPÖ und ÖVP auf den Entwurf für ein terrestrisches Privat-TV-Gesetz.
Rund um ein parlamentarisches Hearing zum Thema Privat-TV kam es dann im Medienjahr 1999 zur Spaltung des Verbands Österreichischer Zeitungen (VÖZ): Kronen Zeitung und Kurier traten aus dem Verband aus. "Wir sind mit der verbandspolitischen Linie überhaupt nicht einverstanden und fühlen uns nicht vertreten", meinte Erich Schumann, Geschäftsführer des deutschen WAZ-Konzerns, der in Österreich an den beiden Zeitungen beteiligt ist, damals. Das versprochene Privat-TV-Gesetz wurde im Parlament auf Eis gelegt, dagegen wurde ein neues Rundfunkgebührengesetz verabschiedet. 1999 war auch jenes Jahr, in dem der gebürtige Österreicher und Filmhändler Herbert Kloiber gemeinsam mit UPC die Mehrheit am regionalen Privat-TV-Sender Wien 1 übernahm. Unter dem Namen ATV wurde für 2000 ein Neustart geplant. Mit ATV, dem Nachfolger von Wien 1, bekam Österreich seinen ersten bundesweit über Kabel empfangbaren Privatsender.
Privatisierung der TV-Landschaft Im Medienjahr 2001 wurden das neue Rundfunkgesetz, das Privatradio- und das Privatfernsehgesetz sowie das Gesetz zur Einrichtung der Medienbehörde KommAustria beschlossen. Während wie so oft der ORF im Zentrum der Aufmerksamkeit stand, wurde auch das Privat-TV-Gesetz beschlossen. Die Medienbehörde KommAustria schrieb eine bundesweite und drei regionale Lizenzen aus. Für die österreichische TV-Branche war das Medienjahr 2002 kein leichtes Jahr. Planmäßig vergab die Medienbehörde zwar die Zulassungen für Privat-TV. Noch gab es bundesweites Privatfernsehen aber nur über Kabel. Im ORF waren 2002 durch die ORF-Reform die Weichen neu gestellt. Betont nüchtern wurde hingegen die Digitalisierung der österreichischen Fernsehlandschaft angegangen. Die "Digitale Plattform Austria", die sich 2002 konstituierte, sollte den Weg ins neue TV-Zeitalter ebnen. Die Marktchancen der neuen Technologie wurden anfangs sehr zurückhaltend eingestuft.
Einige wesentliche Weichenstellungen brachte dann das Medienjahr 2003 der österreichischen TV-Branche. Der bundesweite Privatsender ATVplus startete den terrestrischen Sendebetrieb, damit war das ORF-Monopol de facto Vergangenheit. Erste konkrete Schritte machte die österreichische TV-Landschaft in diesem Jahr auch in Richtung Digitalisierung. Die Bundesregierung richtete einen mit 7,5 Millionen Euro dotierten Fonds zu diesem Zweck ein, der Grazer Pilotversuch für digitales, terrestrisches Fernsehen (DVB-T) wurde für 2004 fixiert.
Im Medienjahr 2004 öffnete ProSieben als weiteren Schritt für die "Austria TopNews" ein österreichisches Programmfenster, um digitale Satellitenhaushalte zum Einspeichern der Österreich-Version und damit zum Empfang der Werbefenster zu bewegen. Produziert wurden die Nachrichten von Puls TV, das im Frühsommer des Jahres seinen Sendebetrieb startete.
Im Medienjahr 2005 rüstete sich der ORF für die digitale Fernsehzukunft. Die Sendetechnik wurde in die Tochtergesellschaft ORS ausgegliedert, 40 Prozent davon an Raiffeisen verkauft. Mit der ORS bewarb man sich für die Multiplex-Plattform, die künftig den digitalen Datenstrom bündeln sollte.
Voranschreiten der Digitalisierung Für Gesprächsstoff im Medienjahr 2006 sorgte die Wahl von Alexander Wrabetz zum Generaldirektor des ORF - gegen den Willen von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, der bis zuletzt an der amtierenden Monika Lindner festhielt. Wrabetz sprach damals von einem "überwältigenden Augenblick" und sagte, dass er froh sei "über dieses sehr breite Vertrauen". Zudem wurde 2006 das Ende des analogen terrestrischen Fernsehens unwiderruflich eingeläutet: Von der Digitalisierung sind rund 1,3 Millionen Haushalte betroffen.
Im ORF trat mit Beginn des Medienjahres 2007 die neue Geschäftsführung mit Generaldirektor Alexander Wrabetz an der Spitze an. Im Juli gab die deutsche Sendergruppe ProSiebenSat.1 die Übernahme des Wiener Stadtsenders Puls TV bekannt. Ende September gaben die Geschäftsführer Markus Breitenecker und Martin Blank ihre Pläne bekannt: Unter dem Namen PULS 4 sollte der Sender 2008 österreichweit on air gehen.
Der Privatsender ATV ging 2007 unterdessen nach monatelangem Bietverfahren und dem Abwinken der RTL-Group und ProSiebenSat.1 beinahe zur Gänze in den Besitz von Herbert Kloiber. Daneben mischte seit 2007 auch der Energy-Drink-Produzent Red Bull am heimischen TV-Markt mit. Red Bull übernahm 95 Prozent am Privatsender Salzburg TV. Plan von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz war es, den "sehr volkstümlichen Charakter" des Senders zurückzudrängen und zu versuchen, ihn "von der Art und den Inhalten her etwas dynamischer, jugendlicher und innovativer zu machen".
Im privaten Sektor begann das Medienjahr 2008 mit einem Neustart: Der vom internationalen Privatsenderriesen ProSiebenSat.1 aufgekaufte Wiener Stadtsender Puls TV ging als österreichweiter Kanal PULS 4 on air. Im Medienjahr 2009 startete Dietrich Mateschitz' neuer Privatsender ServusTV. Der Salzburger Sender, der österreichweit vor allem über DVB-T und Digitalsatellit empfangbar ist, holte sich eine Reihe namhafter Medienleute an Bord.
Der ORF und die Privaten Ein turbulentes Medienjahr 2010 hatte der ORF - vor allem in personeller Hinsicht. Gleich drei von sechs Direktoren waren zu Jahresende nicht mehr im Amt. Auch das Medienjahr 2011 hatte für den ORF personell so einiges zu bieten. Die Entscheidung über das Amt des Generaldirektors fiel im August, als Alexander Wrabetz vom ORF-Stiftungsrat erneut dazu berufen wurde. 2013 beschäftigte den ORF das Auslaufen der Gebührenrefundierung mit Jahresende. Unisono pochten Branchenvertreter von Print bis Rundfunk auf höhere Dotierungen durch die öffentliche Hand.
Für kurzen Wirbel sorgte im Medienjahr 2014 der Austritt von ATV aus dem Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). Zudem wurde 2014 verkündet, dass der Ausbau und die Adaptierung des ORF-Zentrums am Küniglberg bis 2021 abgeschlossen sein soll.
Im Medienjahr 2015 verabschiedete die Bundesregierung ein "kleines Rundfunkpaket", das administrative Erleichterungen für ORF und Privatsender brachte, unter anderem erhöhte Werbezeitlimits für rein regionale und lokale private TV-Sender sowie Lockerungen beim Reminderverbot für den ORF.
Höhepunkt des TV-Jahres 2016 war bis dato die Wahl des ORF-Generaldirektors. Im August wurde der amtierende Generaldirektor Alexander Wrabetz in seine dritte Amtperiode gewählt. Aus dem privaten Rundfunksektor ließen ATV und ServusTV aufhorchen: Seit ATV-Eigentümer Herbert Kloiber den Privatsender als seinen "größten Fehler" bezeichnete und Verkaufsambitionen geäußert hatte, steht dessen Zukunft auf wackeligen Beinen. Geschäftsführer Martin Gastinger ist dennoch zuversichtlich und sagte: "Ich selber glaube, dass ATV wahnsinniges Potenzial hat und immer schon hatte. Ich wurde selber schon gefragt, ob ich nicht Lust hätte, gemeinsam mit Investoren den Sender zu kaufen. So ein Sender in Österreich ist ja nichts Schlechtes." Für wenige Tage stand die Zukunft von ServusTV auf ebenso wackeligen Beinen: Nach der überraschenden Ankündigung im Mai, dass ServusTV bald seinen Betrieb einstellt, folgte weniger Tage später die mindestens genauso überraschende Kehrtwende, dass der Sendebetrieb doch fortgeführt werde.
Heute ist die TV-Landschaft wesentlich vielfältiger und teilt sich laut Teletest in der Gesamtbevölkerung ab zwölf Jahren folgendermaßen auf: Die ORF-Gruppe (ORF eins, ORF 2, ORF III und ORF Sport +) erreichte im Jahr 2015 35,3 Prozent Marktanteil. Bei den Privatsendern platzierte sich die ProSiebenSat.1 PULS 4-Gruppe (ProSieben, Sat.1, PULS 4 und kabel eins) mit 15,4 Prozent vor IP Österreich (RTL, Vox, Super RTL, RTL Nitro, RTL II und Sky Sport Austria) mit 13 Prozent. Die ATV-Gruppe (ATV und ATV2) kam im Vorjahr auf 3,3 Prozent und ServusTV auf 1,7 Prozent Marktanteil. Bei den oftmals als "werberelevante Zielgruppe" bezeichneten 12- bis 49-Jährigen performen die Privatsender im Vergleich zum ORF tendenziell stärker als bei der älteren Gesamtbevölkerung.
Ebenfalls am TV-Markt agiert Sky, ist aber als Pay-TV-Sender nicht im Teletest ausgewiesen.