Alte Feinde, neue Freunde? Die Diskussion zum Thema "Österreichische Content-Produzenten in einer digitalen Welt" blieb dann doch "Google vs. VÖZ und ORF"
"2013 hat das Internet seine Unschuld verloren", sagte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz ganz am Anfang der Diskussionsrunde. In diesem Punkt waren ihm seine Mitdiskutanten, Google-Österreich-Chef Markus Kienberger und VÖZ-Präsident Thomas Kralinger, einig - in vielen anderen Punkten dann aber eher nicht. In Richtung Google holte Wrabetz aus, dass die Wettbewerbsbehörde untersuchen sollte, wie es sich mit der Partnerschaft mit AdBlock Plus verhält (
HORIZONT berichtete) und meinte, dass man endlich eine Definition bräuchte, was als Medium zählt und was nicht. “Google macht in Österreich so viel Werbegeld wie alle anderen Internet-Firmen zusammen”, so Wrabetz. “Wir brauchen in Österreich einen Medienrat, der feststellt, welche Internetangebote als Medien gelte, für die Medienregeln gelten.”
Wrabetz verglich Google mit der europäischen TV-Industrie: Diese hätte in Europa sechs Millionen Angestellte bei 31 Mrd. Euro Umsatz, während Google mit einigen tausend Mitarbeitern 11 Mrd. Euro Umsatz mache. In Richtung VÖZ meinte er, das die Kritik an den ORF-Apps nicht gerechtfertigt sei. “In Österreich werden 200 Millionen Apps geladen. Davon waren 200.000 die Schladming-App, von der der VÖZ behauptet, dass die den Markt verzerrt. Tatsächlich konkurrieren wir aber in einem globalen Markt gegen globale Riesenunternehmen."Die TVthek etwa hätte ein Fünfzehntel jener Zugriffe, die YouTube hierzulande verzeichnen könne.
VÖZ-Präsident Thomas Kralinger richtete seine Kritik wie Wrabetz auch eher Richtung Google. “Ich habe gestern Edmund Stoiber gegoogelt. An zweiter Stelle ist Antichrist daneben gestanden. Da frage ich mich, wie das zustandekommt”, so Kralinger. Es brauche neue Regeln für den rasant wachsenden Internet-Markt. Wie auch Wrabetz stößt er sich an der Steuer-Praxis des global agierenden Internet-Riesen und konterte mit einem Vergleich. Österreichische Tageszeitungen würden 1.800 voll angestellte Journalisten bezahlen, Google hätte gerade einmal eine Handvoll Mitarbeiter in Österreich. Österreichische Tageszeitungen würden hierzulande 50 Millionen Euro Werbeabgaben und 150 Millionen Euro Umsatzsteuer zahlen, Google Null. “Es wird nicht die maximale Steuer, sondern die optimierte Steuer gezahlt”, so Kralinger. Das Argument, dass Google in einem anderen Werbemarkt (laut Kienberger jenem von KMU) agiere, ließ Kralinger nicht gelten. Denn Google-Ads würden etwa Regionalzeitungen Konkurrenz machen.
Richtung Wrabetz sagte Kralinger. “Wir haben mit dem ORF keine Feindschaft und haben Interesse daran, dass es den starken ORF gibt." Aber: “Wir sind die einzigen, die draufschauen, dass das öffentlich-rechtliche nicht mit dem privaten Rundfunk verschwimmt. “Es ist marktverzerrend, wenn der ORF mit Gebührengeldern in den Internetmarkt eingreift.”
Google in der DefensiveGoogle-Österreich-Chef Markus Kienberger verwies ob der Kritik an seinem Unternehmen auf eine selbst in Auftrag gegebene Studie. “Die Internetwirtschaft erbringt 5,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. In den G20-Staaten wächst die Internetwirtschaft um zehn Prozent pro Jahr und damit schneller als jeder andere Wirtschaftszweig”,so Kienberger. Das Internet und damit auch Google sein ein "Wirtschaftsmotor für Europa". Welchen Anteil der Intenet-Riese daran hätte und wie viel Steuer man in Österreich zahle, könne er allerdings nicht sagen.
In Bezug auf den österreichischen Werbemarkt meinte Kienberger, dass Google größtenteils KMU als Kunden hätte. “Da nehme ich dem Herrn Wrabetz und den Vertreter der Tageszeitungen keinen Euro weg.” Viel mehr Beachtung solle man der Kooperation von Google mit Verlagen schenken. “Google arbeitet mit Verlagen weltweit stark zusammen, auch in Österreich, und da gibt es viel gemeinsame Wertschöpfung und Ideen, wir wir zukünftig zusammenarbeiten können.” Weltweit würde man via AdSense jährlich etwa 7 Mrd. Dollar Werbegelder an Partner, darunter viele Verlagsseiten. Außerdem sei der österreichische Internet-Werbemarkt ohnehin unterentwickelt, deswegen solle man die "Kirche im Dorf lassen". Er bot den Vergleich zu Großbritannien: Dort würden bereits 40 Prozent der Werbegelder in online gehen.