'Nach Österreich hat nun also auch Deutschland seinen Skandal um sexuelle Belästigung in den Medien. Beide Male ging es um den Boulevard, beide Male um einen konkreten Chef. Können also alle anderen, nicht Betroffenen, die Sache abhaken?' fragt Martina Madner, Vorsitzende des Frauennetzwerks Medien, im HORIZONT-Gastkommentar.
Nach Österreich hat nun also auch Deutschland seinen Skandal um sexuelle Belästigung in den Medien. Beide Male ging es um den Boulevard, beide Male um einen konkreten Chef. Können also alle anderen, nicht Betroffenen, die Sache abhaken? Mitnichten. Denn in vielen Auseinandersetzungen ging es darum, was wann passiert ist und ob das straf- oder arbeitsrechtlich relevant ist. Viel zu selten aber ging es um die Strukturen, die Machtmissbrauch, toxisches Verhalten solcher Männer, Sexismus und sexuelle Belästigung erst ermöglichen – und wie das Medien und guten Journalismus kaputtmacht. Denn jeder Einzelfall darf durchaus als eine der Spitzen des strukturellen Eisbergs betrachtet werden, die ihn erst ermöglicht hat, liebe Chefs! Liebe Chefinnen, euch lasse ich, weil ihr in den Medien insbesondere in den obersten Führungsetagen nach wie vor eine Seltenheit seid, aus der Pflicht. Die Baustelle toxischer Machtstrukturen ist eine männliche, soll also die der viel häufiger vertretenen Männer sein. Also liebe Chefs, macht euch bewusst, dass der Aufstieg für eure Minimes einfacher ist als für Frauen. Schon beim Start wird jungen Frauen Selbstbewusstsein als Überheblichkeit ausgelegt. Sie werden klein gehalten. Ein möglicher Kinderwunsch wird ihnen anders als jungen Männern als Karrieremankomäntelchen umgehängt. Machen sie auf Ungleichbehandlung in der Gesellschaft oder der Redaktion aufmerksam, gelten Frauen oft als wehleidig. Nicht der sexistische Witz wird als Störung des Betriebsklimas betrachtet, sondern die Frau, die auf ihn aufmerksam macht.