Scheuklappen-Tipps: Pinky (Gloves) ohne Brain
 
Scheuklappen-Tipps

Pinky (Gloves) ohne Brain

Sabine Klimpt

Gerade in der jüngeren Vergangenheit hat die längst überfällige Enttabuisierung der Menstruation zart eingesetzt. Dann kommen im TV zwei selbsternannte Frauenversteher um die Ecke und schnappen sich ein Investment für einen pinken Plastikhandschuh, der 'Beflecktes' diskret entsorgen soll.

Sie zählen im gesamten deutschsprachigen Raum zu den Shitstorms des Monats: die Pinky Gloves. In der am Montag in der VOX-Sendung „Die Höhle der Löwen“ ausgestrahlten Folge erhielten die deutschen „Erfinder“ André Ritterswürden und Eugen Raimkulow gar ein Investment dafür – von einem Mann, Ralf Dümmel (30.000 Euro für 20 Prozent der Firmenanteile). Während die Investoren sonst immer sehr auf die korrekte Einschätzung des Firmenwerts pochen, könnte dieser hier in den Augen vieler doch nicht so hoch sein wie erhofft.

Besagte Plastik-Handschuhe sollen es möglich machen, Damenhygieneartikel in dem Handschuh als blicksicherer Müllbeutel diskret wegzuwerfen. Die Online-Foren und sozialen Medien waren natürlich schnell voll mit entrüsteten Meinungen in puncto Sexismus als auch Umweltverschmutzung durch noch mehr unnötiges Einwegplastik.

Tatsächlich drängt sich einmal mehr die Frage auf, ob Männer wirklich keine anderen Probleme haben, als sich durch die „unhygienischen“ Periodenprodukte gestört zu fühlen. Ebenso die Frage, wie das „starke Geschlecht“ eigentlich damit umgehen würde, jahrzehntelang einmal im Monat „da unten“ tagelang zu bluten und mit teils starken Schmerzen und anderen Begleiterscheinungen ohne sich zu beschweren in der Arbeit, Uni, Schule, als Mama – eigentlich immer und überall – die volle Leistung abzurufen. Das soll nicht heißen, dass sie damit nicht umgehen könnten! Aber die Frage darf man sich stellen. Und ob das Thema dann auch dermaßen tabuisiert würde? Oder wie im Fall von „Pinky Gloves“ am besten gleich „diskret“ versteckt, in Pink freilich? Der Fauxpas ließ übrigens nicht lange auf satirische Trittbrettfahrer warten (siehe Ikea und Unser Lagerhaus). Bei so einer aufgelegten G’schicht nicht zu verdenken – es war wie Pinky ohne Brain.



Die weibliche Periode zählt zu den natürlichsten Sachen der Welt und ist für den Fortbestand der Menschheit gar nicht so unwichtig. Wenn Frauen sich mit allem, was dazu gehört, abfinden, kann der halbe Rest der Welt vielleicht auch damit klarkommen, im Mistkübel einen Tampon oder eine Slipeinlage zu finden, eh meist eingerollt in Klopapier. Und wenn das wirklich gar nicht geht, vielleicht aufhören, den Mistkübel derart zu studieren (oder durchzustierln).



Gerade in der jüngeren Vergangenheit hat die längst überfällige Enttabuisierung der Menstruation zart eingesetzt. Endlich wurde auch in Österreich die Tamponsteuer halbiert, damit ist es keine „Luxussteuer“ mehr (wichtig ist nun, dass diese Reduzierung bei der Verbraucherin auch ankommt). Dann kommen zwei selbsternannte „Frauenversteher“ um die Ecke und präsentieren einen pinken (natürlich, welche Farbe sonst?) Plastikhandschuh für eine „saubere, auslaufsichere und geruchsneutrale“ Entsorgung von etwas, das „unangenehm“ ist. Entscheidet sich eine Frau, ein Mädchen dafür, dieses oder ähnliche Produkte zur Entsorgung zu nutzen, ist das ebenfalls absolut nachvollziehbar und liegt in der Entscheidung einer jeden selbst. Was sie aber in diesen Fällen sicher nicht benötigen, ist die Unterstützung selbsternannter männlicher „Frauenversteher“ mit Scheuklappen-Tipps (auch wenn es nur ziemlich naiv „gut gemeint“ sein mag).

Einsicht gab es mittlerweile auch bei Ralf Dümmel sowie André Ritterswürden und Eugen Raimkulow, die sich entschuldigten und nun ankündigten, das Produkt überdenken zu wollen.



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