Dennoch bewegt sich das Volumen noch auf dem guten Niveau der Jahre 2016 bis 2020. In Österreich belief sich das strategische Dealvolumen 2022 auf rund 8 Milliarden US-Dollar.
Ungeachtet der schwachen Konjunktur und der hohen Unsicherheit setzen Unternehmen weiterhin auf Zukäufe. Dies zeigt die Befragung von weltweit rund 300 M&A-Verantwortlichen im Rahmen des „Global M&A Report 2023“ der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company.
Demnach planen 80 Prozent, 2023 gleich viele Transaktionen wie im Vorjahr zu tätigen oder sogar noch mehr. Neben der jüngsten Entwicklung des weltweiten M&A-Geschäfts zeigt der Bain-Report auf, wie sich Firmen durch Übernahmen gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten einen Wettbewerbsvorsprung verschaffen können.
Österreich mit 8 Milliarden US-Dollar Dealvolumen
Bis Mai 2022 schien es so, als könne das M&A-Geschäft an das Rekordjahr 2021 anknüpfen. Doch mit der steigenden Inflation, der Ankündigung der Zinswende in den USA sowie der zunehmenden konjunkturellen Talfahrt änderte sich das Bild. Hatte das globale Dealvolumen 2021 mit 5,9 Billionen US-Dollar noch einen neuen Höchststand erreicht, ging es 2022 um 36 Prozent auf 3,8 Billionen US-Dollar zurück. Damit blieb es aber immerhin auf dem Niveau der guten M&A-Jahre 2016 bis 2020 (
siehe Abbildung). Knapp 70 Prozent aller Transaktionen entfielen auf strategische Käufer.
In
Österreich belief sich das strategische Dealvolumen 2022 auf insgesamt rund acht Milliarden US-Dollar.
Deutsche Unternehmen hingegen hielten sich angesichts explodierender Energiepreise mit Zukäufen zurück. Das Volumen ihrer Deals sank binnen eines Jahres um gut die Hälfte auf rund 77 Milliarden US-Dollar.
Weg von Mega-Deals hin zu kleineren Übernahmen
Über alle Länder hinweg gab es eine Verlagerung weg von Mega-Deals hin zu kleineren Übernahmen. Die Zahl der Transaktionen strategischer Käufer ging 2022 im Vergleich zum Vorjahr lediglich um neun Prozent zurück. Bain-Partner und M&A-Experte
Tobias Umbeck überrascht die anhaltende Kaubereitschaft nicht: „Übernahmen sind mittlerweile integraler Bestandteil der meisten Unternehmensstrategien und haben sich bewährt.“ So geben 65 Prozent der im Rahmen des Reports Befragten an, dass ihre Zukäufe in den vergangenen drei Jahren die Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen hätten.
Unternehmensbewertungen überall gesunken
Deutlich gesunken sind im Jahresverlauf über alle Branchen hinweg die Unternehmensbewertungen. Tatsächlich lag das EBITDA-Multiple bei strategischen Transaktionen 2022 mit 11,9 so niedrig wie nie zuvor in den vergangenen zehn Jahren. Insbesondere Technologie- und Healthcare-Unternehmen ließen sich gemessen an 2021 nur noch mit einem hohen Abschlag veräußern. Umbeck verweist auf die sich daraus ergebenden Chancen: „Mutige Unternehmen können jetzt zu günstigeren Konditionen ihr Kerngeschäft stärken oder neue Wachstumsmärkte erschließen.“
Gerade beim Eintritt in neue Märkte sollten Unternehmensverantwortliche gezielte Zukäufe in ihre Überlegungen einbeziehen, so das Fazit. Auch Bain-Langzeitanalysen würden zeigen, dass M&A-Transaktionen bei zwei Dritteln der besonders erfolgreichen Vorstöße eine entscheidende Rolle spielten. „Über Zukäufe neue Geschäftsmodelle zu etablieren oder Märkte zu erschließen ist oft günstiger und zeitsparender, als die erforderlichen Kompetenzen und Teams im eigenen Haus aufzubauen“, so Umbeck.
„Gerade in wirtschaftlichen Schwächephasen wird die Basis für einen dauerhaften Wettbewerbsvorsprung im nächsten Konjunkturzyklus gelegt“, so Tobias Umbeck, Bain-Partner und M&A-Experte
Nachhaltigkeitskompetenz bei jeder 10. Übernahme ausschlaggebend
Dies gilt auch für das Thema
Nachhaltigkeit. Unternehmen gleich welcher Branche sind gefordert, ihre Dekarbonisierung voranzutreiben und in die Kreislaufwirtschaft einzusteigen. Dies lasse sich in vielen Fällen schneller und effektiver realisieren, wenn gezielt zugekauft wird. Schon heute ist laut Bain-Report bei rund jeder zehnten Übernahme Nachhaltigkeit ein wesentlicher Faktor.
Umbeck ist überzeugt: „Weltweit sind Unternehmen am Erwerb entsprechenden Know-hows interessiert, um ihre eigenen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Zudem suchen sie nach Wegen, um am starken Wachstum in ‚grünen‘ Märkten zu partizipieren.“
Wettbewerbsvorsprung in Schwächephasen
Vor diesem Hintergrund sollten Unternehmen die damit verbundenen Entscheidungen zügig treffen und sich nicht von der hohen wirtschaftlichen Unsicherheit abschrecken lassen. „Gerade in wirtschaftlichen Schwächephasen wird die Basis für einen dauerhaften Wettbewerbsvorsprung im nächsten Konjunkturzyklus gelegt“, betont Umbeck. „Und dieser lässt sich mit Zukäufen noch ausbauen.“
Dies zeige nicht zuletzt eine Auswertung von Daten von rund 3.000 Firmen durch Bain. Demnach steigerten Unternehmen, die in der Rezession 2008/2009 mindestens eine Akquisition tätigten, ihre Aktienrendite in den darauffolgenden Jahren deutlich schneller als inaktive Wettbewerber. „In wirtschaftlich unsicheren Zeiten zahlt sich eine proaktive Due Diligence besonders aus“, stellt Umbeck fest. „Je professioneller die Strukturen von Firmenkäufern sind, desto größer ist die Chance auf attraktive Deals und deren rasche Integration.“