Werbewert: „Gehen nicht von Einbrüchen aus“
 

Werbewert: „Gehen nicht von Einbrüchen aus“

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Christoph Peschek agiert seit 1. Februar 2015 als Geschäftsführer Wirtschaft des SK Rapid Wien. © SK Rapid
Christoph Peschek agiert seit 1. Februar 2015 als Geschäftsführer Wirtschaft des SK Rapid Wien. © SK Rapid

SK-Rapid-Geschäftsführer Christoph Peschek zu den Auswirkungen des neuen TV-Vertrags, wie der Verein zum Streaminganbieter wird und wie viel mehr Geld man erlöst.

HORIZONT: Der SK Rapid hat 2016/17 mit knapp zehn Millionen Euro fast 20 Prozent mehr an Sponsoringeinnahmen im Vergleich zum Vorjahr lukriert. Woher kommt dieses Wachstum?

Christoph Peschek: Die gestiegenen Sponsoring-Erlöse sind auf 13 neue Partner zurückzuführen; auch die Entscheidung, hierfür einen eigenen Vertrieb zu installieren war goldrichtig. Wir können damit proaktiv in den Markt gehen und müssen nicht drauf warten, bis Sponsoren bei uns anklopfen.

Welchen Anteil hat das neue Stadion am Sponsoringzuwachs?

Mit Sicherheit einen erheblichen. Gerade im Sponsoring geht es neben Werbewerten, Imagetransfer und der Aktivierung von Zielgruppen zumeist auch um Hospitality. Da haben wir eine Benchmark in Österreich gesetzt, sodass wir über den Spieltag hinaus ein Erlebnis und eine Businessplattform schaffen.

Im Gegensatz zum Sponsoring ist der Bereich der Rechteverwertung um ein Viertel zurückgegangen, die internationalen Einnahmen haben sich halbiert. Schmerzt die fehlende Qualifikation für den europäischen Bewerb doppelt?

Wir sind immer bestrebt, das Budget über stabile nationale Einnahmen zu sichern. Aber natürlich macht sich eine gute internationale Saison mit Champions-League-Play-off und Sieg in der Gruppenphase auch monetär mit wesentlich mehr Einnahmen bemerkbar.

Damit sind wir beim Thema TV-Vertrag: Was bedeutet das weitgehende Wegfallen des nationalen Liverechts im Free TV für den SK Rapid?

Unter dem Strich ist der neue TV-Vertrag ein attraktives Gesamtangebot, das wir per Grundsatzbeschluss mittragen. Wesentlich erscheint mir, dass eine Free-TV-Highlight-Sendung pro Runde und vier Free-TV-Spiele pro Saison sichergestellt wurden.

Sie sehen keinerlei Gefahr für Marken- und Werbewert?

Die Erfahrungswerte aus Deutschland zeigen, dass mit umfangreicher Berichterstattung – und das beinhaltet das Konzept von Sky – und einer Highlight-Sendung, bei der ich davon ausgehe, dass diese auf einem reichweitenstarken Sender stattfinden wird, entsprechende Werbewerte weiterhin generiert werden. Durch die Ligareform mit dem mehr an Vereinen und erhöhter Spannung in den Play-offs werden Interesse und Berichterstattung zunehmen.

Bevorzugter Partner für die vier Livespiele und die Highlight-Sendung im Free-TV ist demnach ein reichweitenstarker Sender, sprich der ORF?

Ich möchte nicht dem Verhandlungsteam der Bundesliga von außen mit Zurufen die Latte höher legen als notwendig, aber grundsätzlich hat es schon Sinn, wenn ein Sender mit österreichweit hoher Reichweite den Zuschlag erhält.

Nielsen etwa hat für Deutschland den Werbewertverlust für das Wegfallen der Champions League aus dem Free-TV mit bis zu minus 80 Prozent prognostiziert. Ist das zu hoch gegriffen?

Wir haben uns auch für unsere Partner angesehen, wie sich die Werbewerte – gerade was das ORF-Livespiel anbelangt – entwickeln. Wir gehen nicht davon aus, dass es zu Einbrüchen der Werbewerte kommen wird. Durch die Ligareform, den damit verbundenen stetigen Entscheidungsspielen sowie der höheren Anzahl an Klubs, wird durch die Berichterstattung der Werbewert auch positiv beeinflusst.

Wie sehen denn die Zahlen aus, die Sie intern erheben haben lassen?

Das ist von Partner zu Partner unterschiedlich. Ich ersuche aber um Verständnis, dass wir das nicht öffentlich besprechen. Aber es ist bewältigbar, sonst hätten wir nicht zugestimmt.

Auch Sponsoren haben sich vorab schlau gemacht haben, ihr Partner Allianz etwa soll sich mögliche Szenarien sehr intensiv angesehen haben. Wie ist die Resonanz?

Wir sind in regelmäßigen Gesprächen und können zur Stunde noch nicht alle Details besprechen, weil wir die Vergabe der Free-TV-Rechte ja noch nicht kennen. Gäbe es tatsächlich das Risiko einer negativen Entwicklung, würden wir aber Lösungen dafür finden.

Ernst zu nehmende Bedenken von Seiten der Sponsoren gibt es aber nicht?

Bei mir ist noch nichts Derartiges eingelangt.

Abseits der Partner und Sponsoren verändert sich auch die Situation für Fans. Ihre Prognose: Bedeutet weniger Free-TV mehr Zuseher in den Stadien?

In Deutschland war das der Fall. Ich glaube es wird wichtig sein, dass wir uns als Bundesliga bei Inszenierung, Storytelling und Infrastruktur sehr intensiv bemühen, immer besser zu werden. Das sind wesentliche Schlüsselfaktoren für den Zuseherzustrom.

Im neuen TV-Vertrag besteht die Möglichkeit der Zweitverwertung, Sie dürfen drei Stunden nach Spielende auf einer Videoplattform das Spiel Re-Live zeigen. Wer will denn ein Spiel drei Stunden nach Schlusspfiff sehen, da zählt doch der Livecharakter?

Für den Livegenuss soll es von Sky auch sehr attraktive Angebote geben. Das Recht auf Wiederholen auf einer eigenen Plattform, das im Übrigen auch Highlights und das Archivieren des Materials beinhaltet, ist ein Service, das Spiel kostengünstig – erneut – zu genießen beziehungsweise die Highlights. Positiv ist jedenfalls, dass jene Rechte, die die Klubs auch selbst verwerten können, im neuen TV-Vertrag weitaus großzügiger geregelt sind.

Sie haben schon im Juli 2016 gefordert, dass verfügbarer Content für die Eigenverwertung der Vereine ein wesentlicher Punkt in einem neuen TV-Vertrag sein muss. Wie sehr haben Sie in den Verhandlungen auf diesem Punkt beharrt?

Ja, das war eine ganz wesentliche Forderung, die wir auch durchsetzen konnten.

Das heißt, der SK Rapid wird künftig zum Streaminganbieter?

Es wird eine Plattform hinter einer Paywall geben, auf der sich Mitglieder und Abonnenten über ihre SCR-Nummer kostenlos einloggen können, andere kostengünstig. Das Anforderungsprofil dafür klären wir gerade mit unserer IT und werden das folglich in Auftrag geben, sodass wir im Idealfall den neuen Service mit Beginn der neuen Saison anbieten können.

Teil des neuen TV-Vertrags ist auch ein neuer Verteilungsschlüssel basierend auf vier Säulen …

… und das war auch Grundvoraussetzung, dass wir bei der Zentralvermarktung dabeibleiben.

Wie viel mehr wird der SK Rapid dadurch erlösen?

Die verstärkte Berücksichtigung von Leistungsfaktoren wie sportliches Abschneiden und Zuseherschnitt wird sich positiv auswirken. Das halte ich auch für gerecht: 43 Prozent der Stadionbesucher der Bundesliga in Österreich entfielen letzte Saison auf ein Spiel mit Rapid-Beteiligung.

Das bedeutet künftig also wie viel mehr an TV-Geldern?

Wir gehen davon aus, dass es rund drei Millionen Euro in Summe sein werden, was etwa einer Verdoppelung gleichkommt.

Das heißt, Rapid bekommt etwa ein Zehntel der ausverhandelten Vertragssumme?

Es kursieren viele Zahlen, aus der Summe gibt es ja auch entsprechende Vorabzüge für die Zweite Liga, die Produktion oder die Geschäftsstelle der Bundesliga, bevor das Geld verteilt wird. 

Zu einem anderen Thema: Der Kurier hat kürzlich berichtet, dass das Co-Branding der Wien Energie fällt. Warum?

Es gibt die Bereitschaft, bei entsprechenden Leistungen darauf zu verzichten. Wir befinden uns in sehr intensiven und guten Gesprächen – ich möchte auch betonen, dass die Wien Energie als Hauptpartner unverzichtbar und von enormer Bedeutung ist. Die Bereitschaft ist ein Statement der engen Beziehung.

Hat es das Bedürfnis oder die Notwendigkeit dazu gegeben?

Bei Rapid gibt es Grundsätze: Wappen, Farbe und Name sind unveränderbar. Wien Energie und andere Partner haben zum Beispiel ja schon länger zugestimmt, ab der zweiten Bandenreihe im Stadion Firmenlogos in Grün-Weiß zu zeigen – auch das ist einzigartig in Österreich und Ausdruck der innigen Beziehung.

Die derzeitigen Überlegungen untermauern aber, wie sensibel die Marke Rapid ist?

Ja und gleichzeitig wie faszinierend sie ist. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir die Marke auch weiterentwickeln.

Aktuell läuft die erste eBundesliga. Welchen Stellenwert hat eSports für Rapid?

Die Herausforderung besteht darin, die Jugend für den österreichischen Fußball zu gewinnen. Daher setzen wir uns mit diesem Thema auch intensiv auseinander. Wir stehen tagtäglich im internationalen Wettbewerb, der Fokus auf ausländische Klubs ist auch in der Berichterstattung deutlich größer geworden. eSports ist mit Sicherheit eine gewichtige Möglichkeit um Plattformen zu schaffen und so zu Jugendlichen eine Brücke zu bauen.

Besteht die Gefahr denn mehr als früher, dass junge Menschen eher Fan von Bayern, ManUnited oder Real Madrid werden als von Rapid?

Aus meiner Sicht ist es jedenfalls so, dass man sich der Situation stellen muss. Internationale Klubs haben durch die Digitalisierung und vermehrte mediale Berichterstattung verstärkte Präsenz. Dazu kommt, völlig wertfrei, die Migration – viele Zuwanderer sind Fans von Messi oder Ronaldo und kennen die Faszination Rapid noch nicht ausreichend. Daher müssen wir jeden Tag regional Aktivitäten setzen um Fans zu gewinnen und sie auch zu binden.

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