Werberat hat 2015 22 Mal „Stopp“ gesagt
 

Werberat hat 2015 22 Mal „Stopp“ gesagt

Katharina Schiffl
„Die transparente und dialogorientierte Abwicklung von Beschwerden schafft zunehmendes Vertrauen“, erklären ÖWR-Sprecherin Kati Förster und Präsident Michael Straberger: „Wir wollen mit der Branche agieren. Demnach ist uns wichtig immer zuerst mit den Werbeverantwortlichen ins Gespräch zu kommen und dann nach gemeinsamen Lösungen zu suchen.“
„Die transparente und dialogorientierte Abwicklung von Beschwerden schafft zunehmendes Vertrauen“, erklären ÖWR-Sprecherin Kati Förster und Präsident Michael Straberger: „Wir wollen mit der Branche agieren. Demnach ist uns wichtig immer zuerst mit den Werbeverantwortlichen ins Gespräch zu kommen und dann nach gemeinsamen Lösungen zu suchen.“

Beschwerdejahr 2015 war moderat: 168 Mal wurden Entscheidungen vom Werberat getroffen – 13 Mal Aufforderung zur „Sensibilisierung“, 22 Mal „Stopp“

Jahresbilanz 2015 des ÖWR Österreichischer Werberat, der Gesellschaft zur Selbstkontrolle der Werbewirtschaft: 248 Mal wurden Beschwerden an die 200 Werberäte herangetragen, die trafen in 168 Fällen auch Entscheidungen gemäß des Kodex der Selbstregulierung des Werberats: Mit 22 „Stopp“-Entscheidungen wurde die 20-Mal-Marke erstmals in den acht Jahren des Bestehens des "Werberats Neu" unter Präsident Michael Straberger überschritten (und erwischte mit Kika/Leiner auch eine prominente Marke) – 13 Mal forderte der Werberat Unternehmen zur Sensibilisierung auf, in 52 Fällen, die den Werberäten vorgelegt wurden, sahen die Experten keinen Grund gemäß Kodex einzuschreiten. Die Bilanz 2015 liegt im langjährigen Durchschnitt – 2014 etwa wurde 18 Mal „Stopp“ gesagt und 29 Mal zur Sensibilisierung aufgefordert.

In 15 Fällen zogen Unternehmen bereits bei Anfrage um Stellungnahme durch den Werberat – das sieht das Prozedere vor – freiwillig das möglicherweise zu beanstandende Sujet zurück.

„Die meisten werbetreibenden Unternehmen sind einsichtig und entfernen oder ändern ihre Werbemaßnahme, wenn die Maßnahme mit einem Stopp oder einer Sensibilisierung belegt wurde“, erläutert ÖWR-Präsident Michael Straberger. „Die transparente und dialogorientierte Abwicklung von Beschwerden schafft zunehmendes Vertrauen“, erklärt Straberger: „Wir wollen mit der Branche agieren. Demnach ist uns wichtig immer zuerst mit den Werbeverantwortlichen ins Gespräch zu kommen und dann nach gemeinsamen Lösungen zu suchen“.

Beschwerden nach Kodex

Einmal mehr – wie eigentlich immer - führt auch im Jahr 2015 mit 57 Entscheidungen (2014: 89) der Beschwerdegrund „Geschlechterdiskriminierende Werbung“ das Ranking an.

Der Beschwerdegrund „Ethik und Moral“ findet sich im Ranking mit 34 Entscheidungen (2014: 24) auf Platz 2 wieder. Platz 3 wird, wie in den beiden letzten Jahren, vom Beschwerdegrund „Irreführung und Täuschung“ mit 16 Entscheidungen (2014: 20) belegt. Elf Entscheidungen verzeichnet der Grund „Gefährdung von Kindern und Jugendlichen“ (2014: 15) als auch der Grund „Gewalt“ (2014: 5). Damit ist beim Thema Gewalt ein Anstieg zu verzeichnen, erläutert Sprecherin Kati Förster (Goldbach Media), ebenso beim Grund „Sicherheit“ mit neun Entscheidungen (2014: 5).

Im Mittelfeld finden sich Gründe wie „Gesundheit“ mit sechs Entscheidungen (2014: 3), als auch „Diskriminierung älterer Menschen“ (2014: 1) und „unlauterer Wettbewerb“ (2014: 2) mit jeweils 5 Entscheidungen. Der Grund „Rechtswidriges Werbeumfeld“ - Werbesujets auf illegalen Online-Umfeldern – erforderte heuer drei Entscheidungen (2014: 4). Jeweils zwei Entscheidungen gab es zu den Gründen „Werbung mit Kindern und Jugendlichen“ (2014: 4) und „Umwelt“ (2014: 1) als auch „Verletzung von religiösen Gefühlen“ (2014: 2).

Schlusslichter mit jeweils einer Entscheidung sind die Gründe „betrügerische Werbemaßnahmen“ (2014: 2), „Tierschutz“ (2014: 2), „Alkohol“ (2014: 3), „Kraftfahrzeuge“ (2014: 0) und „Rassismus“ (2014: 3).

Enscheidungen nach Medien

Nach Werbeträgern gereiht führt TV mit 46 Entscheidungen (2014: 53) und somit den meist beanstandeten Werbebildern das Ranking an. Plakat folgt mit 37 Entscheidungen (2014: 48), lieferte das Internet Grund für 16 Entscheidungen (2014: 18). Radio verzeichnete mit 10 Entscheidungen (2014: 8) einen kleinen Zuwachs. Mit 10 Entscheidungen gibt es auch einen Anstieg beim Prospekt (2014: 8).

2015 kommt Print mit einer relativ geringen Anzahl von elf Entscheidungen durch (2014: 23).

Seite 2: Die 22 inkriminierten "Stopp"-Sujets

Fortsetzung Seite 1:

22 Mal „Stopp“

Die 22 Stopp-Entscheidungen des unabhängigen Entscheidungsgremiums bezogen sich auf die Punkte „Ethik und Moral“, „Gewalt“ und „Gefährdung von Kindern und Jugendlichen“ im Werberat-Ethik-Kodex.

Ausdrücklich weisen Straberger und Förster darauf hin, dass wie schon in den letzten Jahren Verstöße seitens großer Marken oder nationalen Kampagnen eher die Ausnahme sind – in der Regel sind es regionale und lokale Werbungtreibende, die insbesondere bei der Geschlechterdiskriminierung übers Ziel schießen. Straberger schickt bei der Auflistung der gestoppten Fälle voraus, dass der Werberat ersucht, die inkriminierten Sujets eben nicht zu zeigen, auch im Sinne des Kodex – denn dies wäre eine nochmalige werbliche Bestätigung.

Geschlechterdiskriminierende Werbung:

Friseur Glaser (Medium: Plakat), Leopoldauer-Alm (Medium: Radio-Spot), Bäckerei Schlief (Medium: Printanzeige), Libro (Medium: Plakat), Wachauer-Volksfest (Medium: Plakat), Partyclub Cheeese (Medium: Plakat), Kika/Leiner (Medium: TV-Spot), Gärtnerei Botani (Medium: Plakat bzw. Kfz-Aufdruck), Spedition Platzer (Medium: Plakat bzw. Kfz-Aufdruck), H. Hefel – Wow Pneumatik (Medium: Plakat), Sunglasses Outlet Lugner City (Medium: Plakat), Goldentime – Sujet „Sportwagen“ (Medium: Plakat), Sunglasses Outlet Millenium City Wien (Medium: Plakat), Politzky Betriebe (Medium: Flyer) und Goldentime – Sujet „Braut“ (Medium: Plakat).

Hier fällt natürlich Kika/Leiner auf – das war ein TV-Spot zu einer Neueröffnung im Herbst 2015 – tanzende Model-Bauarbeiter als Stripper vor johlenden Frauen erschienen dem Werberat als Kodex-Überschreitung: „Der Mann steht im beanstandeten TV-Spot im Fokus und wird, nur im Slip bekleidet, tanzend und in eindeutig sexualisierter Darstellung präsentiert. Männer werden als Sexualobjekt dargestellt, die sich den Frauen anbieten/um Frauen werben. Die Mehrheit des Entscheidungsgremiums sieht in dieser Art der Darstellung eine Diskriminierung von Männern. Darüber hinaus hat die Darstellung der Stripper keinen direkten Zusammenhang mit dem Inhalt/der beworbenen Eröffnung, womit die Personen in rein sexualisierter Funktion als Blickfang dargestellt werden“ steht in der Begründung der Aufforderung zum Stopp (dem das Unternehmen nachkam).

Missachtet wurde der Ethik-Kodex-Punkt „Gefährdung von Kinder und Jugendlichen“ bei den Werbemaßnahmen Müller-Milch (Medium: Verpackungsmaterial) und Goldentime – Sujet „Milch“ (Medium: Plakat).

Verletzt wurde der Ethik-Kodex in Bezug auf „Gewalt“ bei den Werbemaßnahmen Bet at home – Eisläuferin vs Eishockey-Spieler (Medium: TV-Spot) und Fa. Springer Waffen (Medium: Plakat und Printanzeige).

Die Werbemaßnahme Fahrrad-Bibel (Medium: Printanzeige) sowie der Beschwerdefall White Rabbit GmbH (Medium: Internet) wurden ebenfalls mit einem sofortigen Stopp belegt. Grund dafür war die Verletzung des Ethik-Kodex hinsichtlich „Ethik und Moral“.

Fazit Straberger und Förster zu einem eher ruhigen Werberat-Jahr (keine einzige Beschwerde erreichte die Räte, wiewohl unzuständig, trotz vier Landtagswahlkämpfen): „Die Sensibilität der Bevölkerung bei ethischen Fragen ist nach wie vor hoch, umso wichtiger ist ein gut funktionierendes System der Selbstregulierung. Die Beschwerdeführer fühlen sich mit ihren Anliegen verstanden und sind auch bereit andere Sichtweisen zu erkennen“.
stats