Der Siemens-Konzern ist eines der ersten Unternehmen, das seine globale Kommunikation von einem einzigen zentralen Newsroom aus steuert.
Dieser Artikel erschien bereits in der HORIZONT-Ausgabe 19/2016 vom 13. Mai. Hier geht's zum Abo.
Seit Februar 2012 laufen in einem Newsroom im Siemens-Forum in München alle Fäden zusammen: alle Abteilungen der Unternehmenskommunikation sind vertreten, für die Koordination aller Themen und Termine für Deutschland und international. Im Großraumbüro über zwei Etagen werken 50 Mitarbeiter, die den kommunikativ verwertbaren Content des Mischkonzerns sammeln, generieren, aufarbeiten und distribuieren. Oliver Santen, zuvor Journalist etwa bei "Bild" und "Welt am Sonntag", arbeitet seit 2011 für Siemens und ist seit drei Jahren als Head of Public Relations and Technology Media einer der Gestalter des Siemens Newsrooms.
HORIZONT: Warum hat sich Siemens für das Newsroom-Konzept entschieden, was sind die Erfahrungen damit?
Oliver Santen: Siemens ist ein Unternehmen mit sehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern, mit rund 350.000 Mitarbeitern in mehr als 200 Ländern. Da liegt es nahe, dass die Kommunikation nicht so einfach ist. Das wichtigste Ziel ist deshalb die Koordination und Steuerung aller relevanten Aktivitäten, Themen und Kanäle. Dazu braucht es natürlich einen engen Austausch mit den Kollegen in aller Welt.
Welche Art von Informationen laufen dort zusammen?
Kurz gesagt: alle Informationen aus unseren Geschäften, Termine von Veranstaltungen, Messen, Reden und Reisen der Vorstände, aber auch politische Themen wie etwa Iran oder TTIP oder historische Jahrestage. Im Newsroom sind zum Beispiel auch die Kollegen der politischen Kommunikation, der Planungsabteilung Governance und die Redenschreiber vertreten. Wir sind auch im engen Kontakt mit den Kollegen weltweit – von Australien bis Südafrika. Wir müssen beispielsweise von Ausschreibungen rechtzeitig Bescheid wissen, wie etwa für eine neue U-Bahn-Linie in Wien oder neue Kraftwerke in Bolivien. Entscheidend ist auch, dass wir die interne und externe Kommunikation inzwischen komplett verschmolzen haben.
Wie sieht der Alltag in der Praxis aus?
Am Beispiel der Kommunikation eines neuen Auftrags für einen Windpark: Wir haben drei Themen-Teams, die für die Umsetzung der Kommunikation unserer Geschäfte zuständig sind. Zusammengefasst in Automatisierung, Elektrifizierung und Infrastruktur. Das Thema "Windpark" wird vom Elektrifizierungs-Team aus gesteuert, das sich eng mit der Wind-Division abstimmt. Vorab muss geklärt werden, welche Dokumente, Materialien, wie etwa Infografiken oder Bewegtbild, wir brauchen – und für welche internen wie externen Kanäle. Dabei berät und unterstützt das Channels-Team, das die Kanäle aussteuert. Wenn der Termin mit dem Kunden abgestimmt ist, wird die Nachricht intern und extern an alle Zielgruppen über die relevanten Kanäle versendet. Diese Steuerung ist aus dem Newsroom ungleich einfacher – vieles geschieht hier auf Zuruf wie in einer Nachrichtenredaktion.
Wie werden Auslandsstandorte in den Newsroom-Alltag einbezogen? Sie können ja nicht die Pressechefs aus 200 Ländern im Newsroom haben …
Es gibt eine wöchentliche Telefonkonferenz mit den 30 größten Siemens-Ländern, die für etwa 80 Prozent des Umsatzes stehen. Zudem gibt es klare Ansprechpartner für Regionen. Ich bin beispielsweise für Asien zuständig und in engem Kontakt mit den Kollegen in der Region zu allen Themen.