34 Jahre prägte sie das Gesicht des Österreichischen Gallup Instituts. Nach ihrem Abgang in die Pension blieb sie der Marktforschung treu und stürzte sich voller Elan in die Selbstständigkeit und in die Lust des Reisens.
Eigentlich wollte sie Chirurgin werden. Bei der Immatrikulation fürs Medizinstudium standen gefühltetausend Leute an. Also belegte sie erst einmal Psychologie und Psychiatrie. Beides kann man ja immer gut gebrauchen, besonders in der Marktforschung. Das Publizistikstudium hängte sie an. Ein Weichensteller, wie sich später herausstellte, denn Fritz Karmasin kreuzte ihren Weg.
Er war Lektor an der Uni Wien und unterrichtete das Fach „Einführung in demoskopische Arbeitsmethoden“. Roswitha, die junge Studentin, hatte keinen blassen Schimmer, was das sein sollte, aber eine Kollegin legte ihr sprichwörtlich „den Karmasin“ ans Herz; seine sensationellen Vorlesungen dürfe man nicht versäumen.
Das war dann wohl auch der Grund, warum sie seinen Kurs belegte und nicht nur von ihm, sondern in Folge auch von der Marktforschung fasziniert war. Dr. Fritz Karmasin leitete zu dieser Zeit das Österreichische Gallup Institut in der Schlagergasse im 9. Bezirk in Wien.
Hasslinger absolvierte bei ihm ein Praktikum als Interviewerin und krempelte als erstes alle Fragen um. „Die waren damals echt bescheuert, ich wollte das besser machen“, erzählt Hasslinger aus den Anfängen ihrer Laufbahn. Eine Beförderung zur Studienassistentin folgte, das Medizinstudium legte sie ad acta.
Erfolgreiches DuoDie Triebfeder zum Erfolg ist sicher ihr ungezügelter Ehrgeiz und die Freude am Erreichen eines Zieles. Das hat sie in all der Zeit beim Gallup Institut weitergebracht. Die ersten zehn Jahre war sie nicht auf Urlaub, aber sehr viel unterwegs. Beruflich. Neue Institute entstanden in den CEE-Staaten, die Marktforschung erfuhr Aufbruch und Boom und sie war mittendrin.
Begierig nahm sie die Herausforderungen an, setzte sie um, erreichte Ziele und suchte sich neue. 1990 stieg sie als Mitglied in die Geschäftsleitung auf, ab 2006 leitete sie das Gallup Institut als Geschäftsführerin. Karmasin war immer an ihrer Seite. „Wir waren ein super Duo.
Ich habe viel von ihm gelernt, er hat mich sehr gefördert, aber noch mehr gefordert. Es entstand eine Lebensfreundschaft, die uns bis zu seinem Tode verband.“Das Buch, welches Hasslinger im letzten Jahr verfasste, hat sie ihm gewidmet.
Es sind Geschichten, die das (Marktforscher)-Leben so schreibt. Brancheninsider erkennen schmunzelnd die ordnungsgemäß anonymisierten Personen, die namentlich Erwähnten gaben ihre Einwilligung. Nette kleine Anekdoten aus ihrem bunten Arbeitsleben hatte Hasslinger schon viele Jahre hindurch aufgeschrieben. Mach endlich ein Buch draus, drängten die Freunde.
Bei einem Treffen erzählte sie Prof. Hans-Jörgen Manstein davon und schickte ihm ein Probekapitel. Der musste als Brancheninsider auch sehr schmunzeln und brachte das Buch im Manstein Verlag heraus.Beim ersten Buch wird es nicht bleiben. Ein zweites hat sie im Kopf, es soll von Begegnungen handeln, die Hasslinger auf ihrem Lebensweg nachhaltig geprägt haben.
Auf Tuchfühlung mit Religionen und Ethiken, mit Ureinwohnern in Papua-Neuguinea, mit Maoris in Neuseeland oder mit Orang Utans Aug in Aug im Regenwald. Aber auch Begegnungen mit außergewöhnlichen und interessanten Reisegefährten, die sie auf ihren nun schon über zwanzig Kreuzfahrten näher kennenlernte und die ihr Herz berührten.
Arbeiten in der SüdseeJa, die Reisen – Hasslingers große Leidenschaft. Diese Reiselust kann sie jetzt in der Pension so richtig ausleben. Nun ist es aber nicht so, dass sie neben den Reisen nur Tauben füttert im Park. Ruhestand heißt bei ihr Unruhestand. Nach der Pensionierung mit 60 Jahren startete sie noch einmal durch. Das Fest zu ihrem 60er stand unter dem Motto „Tag der Freiheit“.Froh war sie, dem Druck entkommen zu sein.
„Die letzten Jahre gestalteten sich schwierig, die Krise spürten wir stark. Zuerst wurde in der Marktforschung gespart. Ich hatte die Verantwortung für 30 Mitarbeiter, Karmasin zog sich mehr und mehr zurück, es war eine große Belastung, ich hatte schlaflose Nächte“, erzählt sie. Punktgenau zum Stichtag verließ sie das Gallup Institut, machte eine Weltreise und stürzte sich danach mit Power auf ihr eigenes Unternehmen.
Das war vor fünf Jahren. Irgendwie ist alles wie immer, aber doch viel entspannter, vor allem mit der Absicherung ihrer Pension.Geschockt war Hasslinger jedoch, als sie realisierte, dass sie nun zweimal in die Kranken- und weiterhin in die Pensionskasse einzahlen muss. „Eine Gemeinheit, dass man fürs Arbeiten bestraft wird“, beschwert sie sich zu Recht.
Aber sie hat heute die Freiheit, auch einmal einen Auftrag abzulehnen, der von der Zeit oder vom Thema nicht passt. Und das Feilschen um jeden Preis ist auch vorbei, sie hat ja keine Overheads. Es überraschte sie, wie positiv man ihre Selbstständigkeit in der Branche aufnahm und welchen Zulauf sie sofort hatte. Jetzt wickelt sie hin und wieder Studien auf einer ihrer Weltreisen ab. Dank Internet und einem Team in der Heimat geht das locker.
Die große FreiheitDen Wunsch nach einer Familie hat sie immer hintan gestellt, Kinder nie vermisst. Freiheit und Selbstbestimmung sind für sie ganz wichtig. „Ich könnte jetzt sagen, ich flieg heut Abend nach Venedig. Oder ich bleib den ganzen Tag lang im Bett und lese.“ Fällt einem diese grenzenlose Freiheit nicht auch manchmal auf den Kopf? „Nein“, antwortet sie. „Es geht um Optionen. Die Option, alles tun zu können, inkludiert ja auch die Option, es nicht tun zu müssen.“
Altwerden ist auch eine Option. Die nimmt sie an. Augenzwinkernd und mit einem Lächeln. „Meine Freunde altern ja mit mir. Das ist sehr beruhigend!“ Freunde sind sehr wichtig für sie und bei allem Freiheitsdrang auch die Geborgenheit im privaten Rückzugsort, sprich einem schönen Zuhause. Sie wohnt in einer tollen Penthousewohnung in der Schlagergasse, just dort, wo ihre Karriere begann.
Dort entspannt sie gern auf ihrer Dachterrasse bei einem Glas Rotwein. Immer öfter wünscht sie sich nun einen Partner an ihrer Seite, mit dem sie alles teilen kann. Auf den Weltreisen zum Beispiel. Händchen haltend an Deck im Mondschein unter dem Sternenhimmel. „Aber mit zwei Kabinen!“, setzt sie lachend nach. Von wegen Selbstbestimmung und so...
[Suzanne Sudermann]