Nach einem laut Focus bescheidenen Wachstum im ersten Halbjahr könnte der Werbedruck im zweiten Halbjahr zulegen.
Dieser Artikel ist in voller Länge in Ausgabe Nr. 29-30/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken.
Der Zenit scheint vorerst überschritten, schlecht geht es der heimischen Konjunktur dennoch nicht. Der „Prognose der österreichischen Wirtschaft“ zufolge, erhoben vom Institut für Höhere Studien, war der konjunkturelle Höhepunkt zur Jahreswende 2017/18 erreicht. Geprägt war die heurige erste Jahreshälfte noch von einem starken Wachstum, weshalb für den Jahresdurchschnitt mit einer 2,9-prozentigen Steigerung gerechnet wird. Kommendes Jahr soll das BIP gemäß der Prognose um 1,7 Prozent zulegen. Im Euroraum-Vergleich gedeiht die österreichische Wirtschaft deutlich stärker als der Durchschnitt, 2019 soll sich das Wachstum angleichen.
Auch laut dem vergangene Woche veröffentlichten „GfK Konsumklima“ hatte ebendieses Klima einen Dämpfer in den ersten beiden Quartalen 2018 verpasst bekommen. Während damit einhergehend die befragten Österreicher die Lohnentwicklung pessimistischer wahrnehmen, ist die Konsumlaune als einziger Indikator im Steigen begriffen: „In Österreich hat vor dem Sommer noch einmal eine Lust am Einkaufen eingesetzt“, resümiert Paul Unterhuber, Politikforscher bei GfK Österreich.
Klassisches Plus von 0,6 Prozent
Verhalten, aber positiv. So fällt auch das Fazit der aktuellen Focus Werbebilanz des ersten Halbjahres 2018 (Jänner bis Juni) aus. „Die Fußballweltmeisterschaft und damit einhergehend ein Werbeplus im Juni von fünf Prozent in den klassischen Medien, im Vergleichszeitraum zum Vorjahr, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die ersten sechs Monate im Werbejahr 2018 eher bescheiden ausfallen“, urteilt Focus-Geschäftsleiter Ronald Luisser. Rund 1,9 Milliarden Euro brutto steckten die Werbetreibenden in klassische Werbung – das macht ein Plus von 0,6 Prozent. Die Prognose Anfang des Jahres erwartete zwar eine Steigerung von 1,3 Prozent für 2018, aber die zweite Hälfte ist ja eben erst gestartet.
Sieht man sich die Werbeabgabe an, so zeigt diese im Zeitraum Jänner bis Mai 2018 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2017 mit minus 0,9 Prozent eine leichte Senkung an. Laut dem „Abgabenerfolg des Bundes“ auf der Website des Bundeministeriums für Finanzen nahm der Staat in besagtem Zeitraum 2017 45,5 Millionen Euro an Werbesteuer ein, heuer waren es 45,1 Millionen Euro. Die gesamte Werbeabgabe 2017 belief sich auf 109,6 Millionen Euro.
Für das zweite Halbjahr sind die Werber der Focus-Prognose ein wenig positiver gestimmt als noch zu Jahresbeginn. Kumuliert betrachtet gehen die werbetreibende Wirtschaft sowie die Agenturen von einem Zuwachs in Höhe von 3,2 Prozent aus.
Bei einem detaillierten Blick (siehe umseitige Grafiken) fällt auf: Die größte Entwicklung unter den Werbeträgern hat Digital-Out-of-Home aufs Tapet gebracht, gefolgt von Transport. Die Außenwerbung per se sowie Billboards sind zwar ins Minus gerutscht – angesichts des Wahljahres 2017 allerdings nicht allzu verwunderlich, OOH ist schließlich ein typischer Großprofiteur der Wahlwerbung. Reüssieren konnte auch Hörfunk mit insgesamt 3,8 Prozent.
Direct Marketing musste Einbußen von 8,6 Prozent hinnehmen. Während die Gattung das letzte Jahr äußert positiv bilanziert hatte, führt DMVÖ-Präsident Anton Jenzer auf Nachfrage die Einbußen auch auf die DSGVO zurück, die einige Werber bei der Kundenansprache verunsichert habe. Zu den größten Werbeverlierern zählt jedoch diesmal Kino mit einem Minus von rund 14 Prozent.
Für cinecom-Geschäftsführer Michael Kindermann lässt sich diese Diskrepanz mit dem überdurchschnittlichen Kinojahr 2017 erklären, nun sei man wieder auf ähnlichem Niveau wie 2016 und 2015. Weiters hätten einige Kunden angegeben, ihr Budget für 2018 auf die zweite Jahreshälfte konzentrieren zu wollen. Dass sich die Bilanz tatsächlich in eine bessere Richtung bewegt, sehe er schon jetzt: „Es beginnt sich zu drehen.“
Mit 46 Prozent und 958 Millionen Euro bleibt Print der stärkste Werbeträger im Lande – ohne Verluste. Werbebilanz-Silber geht wieder an TV, dahinter liegt Online gesamt.
Spiegelverkehrte Bilanz
Blickt man auf die Focus Gesamtjahresbilanz 2017 zurück und hierbei in die Warenkörbe, war noch die Kategorie „Handel Möbel und Einreichung“ strahlender Gewinner. Mit einem satten Plus von 65 Millionen Euro und einem schönen Respektabstand auf „Handel Versand“ war sie der Werbepusher schlechthin. Nicht weiter verwunderlich, wenn man sich die Top-Werbekonzerne ansah: Der zweitstärkste Werber, die Lutz-Gruppe, hatte um 21 Prozent zugelegt, Kika/Leiner als viertstärkster Werber um ganze 41 Prozent.
Vergleicht man allerdings die aktuelle Halbjahresbilanz mit jener von 2017, trat ausgerechnet der „Handel Möbel und Einrichtung“ am stärksten auf die Werbebremse. Die Diskrepanz lässt sich möglicherweise gerade auf den größten Zugewinner 2017 zurückführen: Die Kika/Leiner-Konzernmutter Steinhoff war einst 20 Milliarden Euro wert. Lange stand die Möglichkeit einer Insolvenz von Kika/Leiner im Raum, bis Ende Juni die Übernahme durch Signa fixiert wurde. Erneut gleich hinter „Handel Möbel und Einrichtung“ zu finden: „Handel Versand“ mit 4,5 Millionen Euro weniger. Und der Werbepusher diesmal: die Pharmazie, die 11,8 Millionen Euro mehr für die Werbung in die Hand nahm. Dass es um den Handel gesamt aber trotzdem nicht schlecht bestellt ist, zeigen Platz zwei („Handel Bau/Garten/DIY) und Platz vier („Handel Lebensmittel“).
Im anteiligen Above-the-Line-Vergleich sind Investitionsgüter die größten Werber, wenngleich sie diesmal etwas weniger ausgaben. Die Markenartikel kommen auf 22 Prozent Market-Share, sich steigern konnten allen voran die Medien. Laut dem diese Woche publizierten IV-Konjunkturbarometer war aber „die treibende Kraft des wirtschaftlichen Erfolges in Österreich“ die Warenproduktion, mit einer Wachstumsrate von zehn Prozent im ersten Quartal. Für die kommenden Quartale wird eine Verringerung des Expansiontempos erwartet.
Werbeabgabe wird "geprüft"
Sowohl die Wirtschaft als auch Werber und Agenturen blicken also weiterhin einer wachsenden Zukunft entgegen – wenn auch mit Risikofaktoren und Tempoeinschnitten. Spricht man von ungewisser Zukunft in der Werbung, ist die Frage nach jener der Werbeabgabe nicht weit. Finanzminister Hartwig Löger hatte bereits Ende Mai angekündigt, im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft einen Schwerpunkt auf die Besteuerung digitaler Dienstleistungen zu legen. Auf HORIZONT-Nachfrage, ob es bereits konkrete Entwicklungen hierzu gebe, hieß es seitens des Finanzministeriums, dass momentan auf Ebene der Fachexperten geprüft werde, „welche Möglichkeiten bestehen und national umsetzbar sind. Dabei werden selbstverständlich auch die Vorschläge der Europäischen Kommission miteinbezogen.“ Mal sehen, ob sich Facebook, Google und Co tatsächlich bald warm anziehen müssen.
Derzeit muss zumindest Facebook laut Focus-Befragung nicht zittern. Trotz aller Schlagzeilen rund um Datenmissbrauch und die DSGVO hat sich am Facebook-Buchungsverhalten verhältnismäßig wenig getan. Mehr als die Hälfte hat an ihren Buchungen nichts verändert, will aber weiterhin „sehr aufmerksam beobachten“. Nur fünf Prozent haben begonnen, die Ausgaben für Social Media zu reduzieren.
Online und Exporte
Online wird den Experten zufolge auch in den kommenden Monaten am stärksten zulegen, gefolgt von Werbung in Bezug auf Exporte, Verkaufsförderungen und PR. Ja, Prognosen sind eine schwierige Sache. Vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Aber die Zukunft für die erwarteten 1,3 Prozent plus zu Jahresbeginn hat ja noch ein halbes Jahr Zeit.