NÖM streicht Online fast gänzlich aus dem Mar...
 

NÖM streicht Online fast gänzlich aus dem Marketingmix

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Interview - seit Anfang des Jahres ist Erik Hofstädter Marketingchef bei NÖM und fährt, was den Werbemix betrifft, eine konsequente Linie

HORIZONT: Sie sind seit Anfang 2014 NÖM-Marketingchef. Was genau fällt in Ihren Verantwortungsbereich? 

Erik Hofstädter: Produkt- und Brand Management, die strategische Ausrichtung sowie alle Presseagenden – in Österreich und den 27 Exportmärkten. Österreich macht dabei natürlich den Hauptteil aus, auch Deutschland, Italien und Spanien sind bedeutende Märkte, in Skandinavien sind wir noch ausbaufähig. Zudem starten wir nun im asiatischen Raum, vor allem in China.  Dort wollen wir vorsichtig mit kleinen Schritten starten, um neben den ­Konsumgewohnheiten vor allem die Kultur besser kennenzulernen und zu verstehen.

HORIZONT: Können Sie zu den letzten drei Monaten bei NÖM bereits eine erste Bilanz ziehen?

Hofstädter: NÖM ist sehr schnell und innovativ, das Unternehmen zeichnet sich durch eine schlanke Struktur und kurze Entscheidungswege aus. Man kann hier Dinge sehr schnell umsetzen, etwas bewegen, es passiert sehr viel – und das rascher als in einigen ­anderen großen Konzernen.  

HORIZONT: Wie steht es denn um den Marketingmix, welches Medium ist Ihr Leitmedium?

Hofstädter: Leitmedium ist in Österreich, was Konsumgüter betrifft, das Fernsehen.  Auch wenn es viele behaupten: Fernsehen stirbt nicht, der Konsument in Österreich ist ein TV-Konsument. Wir werben für unsere regionalen Produkte – wie etwa Milch – sehr stark mit Plakaten und City Lights, für alle nationalen Produkte ist allerdings Fernsehen das Leitmedium.

HORIZONT: Welche Rolle spielt Online?

Hofstädter: Online wird immer wieder diskutiert, ist aber tatsächlich nach wie vor auf einem niedrigen Level. Wir hatten in den letzten Jahren hohe Online-Spendings – allerdings ohne mess­baren Erfolg.

HORIZONT: Haben Sie daraus eine Konsequenz gezogen? 

Hofstädter: Ja, indem wir Online fast gänzlich aus dem Marketingmix gestrichen haben. Ich bin Online gegenüber eher kritisch eingestellt. Wenn man sich ansieht, wie Onlinewerbung vor 20 Jahren funktioniert hat, war die Hauptwerbeform der Banner. Heute, 2014, ist die Hauptwerbeform immer noch genau das: der Banner – das will der User einfach nicht sehen. Bannerwerbung ist im Endeffekt nur ein anderer Kanal für Plakate und hat nichts mit Interaktion zu tun. Viele, auch wir, sind dann in die Content-Produktion gegangen, aber auch das funktioniert nur beschränkt – internationale Marken wie Red Bull profitieren davon, auf kleinen, natio­nalen Märkten geht dieses Konzept ­allerdings nicht auf. Spendings und Outcome stehen dabei meist in keiner Relation. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich bin kein Onlinegegner. Die Werbeindustrie muss allerdings ver­stehen, dass der Konsument, wenn er Online ist, andere Bedürfnisse hat.

HORIZONT:
Sind Sie somit, was Social Media betrifft, ebenso kritisch?

Hofstädter: Vor fünf Jahren war es leicht, im Social-Media-Bereich etwas zu bewegen, weil der Konsument we­niger selektiv und mit seinen Privatsphäre-Einstellungen offener war, mehr Postings geteilt hat. Aufgrund der vielen Veränderungen auf Facebook, was die Sicherheit anbelangt, sind die Nutzer vorsichtiger geworden. Früher haben sie Postings mit all ihren Freunden geteilt, heutzutage teilen sie es nur mehr mit ihren engsten Freunden und damit fällt den Unternehmen der ­Multiplikator weg. Außerdem hat ­Facebook in den letzten Jahren seinen Algorithmus geändert, womit ich nur mehr zehn Prozent meiner Fanbase tatsächlich erreiche. Habe ich als Marke 50.000 Fans, erreiche ich in Wahrheit nur 5.000 User, das ist das Hauptproblem.

HORIZONT: Facebook ist für Werbekunden aufgrund aller Veränderungen also weniger attraktiv geworden?

Hofstädter: Facebook ist viel zu unberechenbar. Der Werbekunde hat seine Spendings bereits lange im Voraus eingeplant, ehe Facebook wieder einmal eine Riesenänderung vornimmt, womit der ganze Plan flöten geht. Abge­sehen davon: Auch wenn die Österreicher, vor allem die jungen, viel online unterwegs sind, selektieren sie sehr klar und ­fühlen sich von Werbung auf Facebook, ihrem gefühlt ganz privaten Umfeld, oft gestört. Wir sind auf Facebook nur mehr mit unserer Fastenlinie vertreten, darüber hinaus mit unserer NÖM-Website und unserer NÖM-Fasten-Website, ansonsten gibt es heuer keine Spendings. Ich glaube, dass wir den richtigen Weg gehen, wir werden aber natürlich beobachten, welchen Impact unsere Entscheidung tatsächlich hat.  

HORIZONT: Womit könnten Sie umgestimmt werden, 2015 vielleicht doch wieder in Social Media zu investieren?

Hofstädter: Ich bin immer offen, mir  Beispiele anzusehen, die in Österreich gut funktioniert haben und mich mit Zahlen belegt überzeugen, kenne am heimischen Markt allerdings keines. Es sind natürlich auch die Agenturen gefordert, mehr zu bringen, innovative Ideen zu haben. Eine Facebook-Seite einzurichten und vier Mal die Woche etwas zu posten, reicht einfach nicht.

HORIZONT: Sie sagen, dass Sie sich von mit Zahlen belegtem Erfolg überzeugen lassen – wie misst man Erfolg im Online- und Social-Bereich überhaupt?

Hofstädter: Früher hat man das an der Anzahl der Fans gemessen, dann kam das Umdenken und man hat begonnen, sich die Engagements anzusehen. Die Engagementrate von wirklich großen Marken liegt meist bei unter einem Prozent – und dafür baut man Abteilungen und Agenturen auf? Was wäre, wenn 99 Prozent der TV-Seher, während mein Spot läuft, aufstehen und sich etwas zum Trinken holen? Dann habe ich einen schlechten Job gemacht, das ist vergleichbar. 
 
HORIZONT: Ob nun online oder offline – wen empfinden Sie am Markt als Ihre größte Konkurrenz?

Hofstädter:
Wir differenzieren zwischen der „weißen Palette“, Milch, Topfen und Butter sowie der „bunten Palette“, also Joghurt, Joghurtdrinks und dergleichen. Im Milchbereich sind wir vor Schärdinger Marktführer, verlieren in dieser Kategorie aber leider ein wenig – wobei dieser Markt allgemein leicht rückläufig ist. In der bunten Palette, die leicht am Wachsen ist, bewegen wir uns Kopf an Kopf mit Danone und sind je nach Produktkategorie ein bisschen stärker oder schwächer als dieser Konkurrent.

HORIZONT: Inwieweit sind Handelsmarken als Konkurrenz ein Thema?  

Hofstädter: Man schaut genauso auf Handelsmarken wie auch auf andere Konkurrenten. Das Ziel ist in jedem Fall, besser zu sein als die anderen. Der einzige Unterschied ist, dass wir gegen eine Handelsmarke niemals den Preisjoker ziehen können. Das bedeutet, dass wir mit unseren Marken und ­Produkten den Konsumenten gegenüber einer Handelsmarke einen klaren USP für das Price Premium liefern müssen. Das funktioniert auch sehr gut, im Milchbereich etwa verlieren die Handelsmarken sogar im Vergleich zum Vorjahr. Die Handelsmarken – und das sehen sie selbst vielleicht anders – haben ihren Zenit erreicht.

HORIZONT:
Abschließend ein Blick auf die neue fru-fru-Kampagne, die Ende März angelaufen ist. Was können Sie mir darüber erzählen?

Hofstädter: Zusammen mit Lowe GGK haben wir eine Kampagne entwickelt, deren Kern drei Fernsehspots sind. In den letzten Jahren waren wir mit unseren Kampagnen hier eher brav unterwegs, nun wollen wir wieder mit Spots beim Konsumenten punkten, die die drei Kernbotschaften von fru fru – Spaß, Kult und Genuss – widerspiegeln.  Wir starten dabei mit jenem Spot, der am wenigsten polarisiert und steigern uns dann Stück für Stück bis zum dritten Spot. Wir wollen hier eine Diskussion anregen und ein bisschen frecher sein als mit unseren anderen Marken.
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