Das European Brand Institute nutzt die Vorstellung der 12. Marken Wert Studie zu den wertvollsten österreichischen Brand Corporations für ein umfassendes Plädoyer zum ‚Markenwert‘ – IAA-Hanusch-Linser zu ‚Marke 4.0‘, Hasslinger über ‚best2trust‘
Gerhard Hrebicek, Vorstand des
European Brand Institute und Herausgeber der eurobrand-Studien, hat seine Mission bereits als Dissertant gefunden: Hrebicek promovierte zum Doktor der Sozialwissenschaften mit dem Thema „Wertorientierte Unternehmensführung mit Berücksichtigung immaterieller Vermögensgegenstände insbesondere der Marke“ an der Universität Graz – und das Thema „Wertorientierung“ und „Marke“ hat Hrebicek nicht mehr losgelassen: Das Brand Institute hat ein weltweit erstes Normenwerk zur Markenbewertung entwickelt (für Feinspitze: ist als ONR 16800 am österreichischen Patentamt anerkannt) und arbeitet derzeit beim internationalen Normenkomitee an der Entwicklung einer internationalen Marken-Bewertungsnorm „ISO 10668“, die mit Zieldatum 2018 etabliert werden soll. „Damit werden künftig Dimensionen, Indikatoren und Prozesse für das Markenmanagement und die Markenbewertung weltweit standardisiert“, erläutert Hrebicek bei der Vorstellung der nunmehr zwölften Marken Wert Studie zu österreichischen Brands.
Die Österreichische Marken Wert Studie – eurobrand Austria 2015 – bewertet österreichische Unternehmensmarken aus dem „trend Top-500“-Listing der umsatzstärksten Unternehmen (erschienen im Juni 2015), die sich zu mehr als 45 Prozent in österreichischem Eigentum befinden. Die ausgewählten Markenunternehmen werden anhand der Kriterien Branche, Markenstärke, Trendentwicklung, Markenpotenzial und Umsatz nach den letztgültigen Standards bewertet. Veröffentlicht werden nur die top zehn Marken; die Analysen werden anhand von über 180 österreichischen Markenunternehmen in 16 Branchensegmenten vorgenommen.
Red Bull, Swarovski, NovomaticDemnach sind Österreichs top zehn Markenunternehmen Red Bull, Swarovski-Gruppe, Novomatic, Spar Österreich-Gruppe, Raiffeisen Bankengruppe, ÖBB-Gruppe, Erste Bank Gruppe, OMV, Vienna Insurance Group VIG und die XXXLutz-Gruppe insgesamt mehr als 31,7 Milliarden Euro wert. Die VIG und XXXLutz Gruppe rückten erstmals in die top zehn vor. Durch die neuen Eigentumsverhältnisse bei A1 Telekom (weniger als 45 Prozent in österreichischem Eigentum) und aufgrund „starker regulatorischer Unvorhersehbarkeiten“ bei den Casinos Austria wurden diese Markenunternehmen nicht berücksichtigt. Stichwort Casinos: Der derzeitige Aufkäufer Novomatic ist laut Marken Wert Studie 2015 mit acht Prozent plus auf nunmehr 2,8 Milliarden Euro Markenwert auch „Wachstumssieger“; gefolgt von der ÖBB-Gruppe (plus 5,5 Prozent Markenwertzuwachs auf 1,8 Milliarden Euro Markenwert) und der Erste Bank (plus 4,4 Prozent auf 1,5 Milliarden). Unangefochten an der Spitze bleibt Red Bull mit einem Markenwert von 14,8 Milliarden Euro – und ist damit unter den Top Ten auch ein disproportionales Schwergewicht. Das sei in anderen europäischen Märkten, weiß Hrebicek, dessen Institut die „Eurobrand Global Top 100 Marken Wert Studie“ für über 3.500 analysierte Markenunternehmen erstellt, ausgeglichener. „Die volkswirtschaftliche Bedeutung von Marken kann gerade auch im globalen Wettbewerb gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, plädiert Hrebicek, der zwei Erfolgskriterien aus der aktuellen Marken Wert Studie destilliert:
Wert & Management1. Vertrauen und Loyalität schaffen Markenwerte : Vertrauen und Loyalität werden immer mehr zu einem wesentlichen Werttreiber für Marken. „Heritage Brands“ (steht für die Pflege „altbewährter Marken“, Hrebicek führt als Beispiel Manner an) bringen das Vertrauen und die Loyalität der Konsumenten und Stakeholder mit und können so durch innovatives Markenmanagement auf diesem Fundament aufbauen und Markenwerte schaffen.
2. Markenmanagement als Werttreiber: Ganzheitliches und wertorientiertes Markenmanagement, das heißt der Mix aus effektiven und effizienten Markeninvestitionen in Markenschutz, Produkte, Dienstleistungen, Innovationen, sowie ein breit angelegter Stakeholder-Dialog verbunden mit nachhaltigen Kommunikationsmaßnahmen wie PR, Werbung, Social Media, Sponsoring und Events führen zu Vertrauen, Kundenzufriedenheit und Loyalität, höheren Umsätzen und Erträgen sowie steigenden Marktanteilen.
Als Beispiel dazu führt Hrebicek den „Mobilitätsdienstleister ÖBB“ an: „ÖBB punkten mit einer nachhaltigen Kommunikationsstrategie und innovativen Markenmaßnahmen. Dabei setzen die ÖBB auf Investitionen in der bundesweiten Bahnhofsoffensive wie mit dem Hauptbahnhof Wien und moderne Railjets, kontinuierliche Verbesserung der Dienstleistungen via Online Ticketing, transparenten Dialog mit stetiger Ausweitung der Social-Media-Aktivitäten via ÖBB-Blog und Mediacenter sowie medienwirksames und zielgruppenspezifisches Sponsoring-Engagement bei ÖFB, ÖSV oder Summer Splash. Die ÖBB spielen gekonnt am ,Markenmanagement-Klavier‘, verzeichnen seit vier Jahren ein kontinuierliches Markenwertwachstum und positionieren sich als zukunftsweisende, innovative und umweltfreundliche Mobilitätsmarke.“
Die Marke 4.0 ist beziehungsfähigDas ist eine Steilvorlage für Kristin Hanusch-Linser, Head of Communications, Marketing & Public Affairs ÖBB Holding – die jedoch ihr Ko-Referat „Marke 4.0 – Markenorientierte Unternehmensführung“ in ihrer Funktion als IAA-Vizepräsidentin ganz ÖBB-frei hält (wiewohl unverkennbar einiges Praktizierte aus dem Brotberuf drinsteckt): „Marken müssen beziehungsfähig sein und Kernbedürfnisse erkennen“, erläutert Hanusch-Linser anhand des Modells von Noriako Kano: Zur Basisanforderung (Zufriedenheit mit dem Produkt/der Dienstleistung per se) kam die Leistungsanforderung und neu für die „Marke 4.0“ die Begeisterungsanforderung dazu. Wer den Konsumenten „begeistern will, braucht Kreativität und die braucht organisatorische Voraussetzungen im Unternehmen“, sagt Hanusch-Linser. Es müsse die „Machtverlagerung zum Konsumenten“ akzeptiert werden, „disruptives Denken“ im Unternehmen gefördert werden, um „Begeisterungsanforderungen“ zu erfüllen – das Unternehmen, die Marke selbst werde dabei Teil des Netzwerkes. Marken, die „Orientierung schaffen, Vertrauen bilden, Qualität bieten, entwickeln die Anziehungskraft, die auch begeistern kann“.
Vier VertrauensdimensionenSeit 2012 misst Roswitha Hasslinger gemeinsam mit dem strategischen Berater Manfred Berger in der „best2trust“-Studie das Vertrauen der Österreicher in Testimonials (siehe HORIZONT 48/2014) und, natürlich, Marken: „Ohne Vertrauen“, sagt Hasslinger als zweite Co-Referentin, „gibt es keine Kundenbindung, keine Loyalität, keine gesicherte Nachfrage und keinen stabilen Kaufmotivator“. Die best2trust-Studie misst das Markenvertrauen „gesamtheitlich und verdichtet die Werte zu einem Vertrauensindex, der über alle Marken, Unternehmen und Institutionen beziehungsweise Personen wie etwa Politiker oder Werbe-Testimonials vergleichbare Daten liefert“, erläutert Hasslinger. Die vier bewerteten Dimensionen sind „allgemeines Vertrauen“, „Relevant Set“, „Affinität“ (Markennähe) und schließlich „Advocacy“ (persönlicher Einsatz für die Marke – schlicht „Empfehlung“). „In allen vier Dimensionen“, weiß Hasslinger, „spielt die Loyalität eine große Rolle!“
Nach über drei Jahren haben Hasslinger und Berger Marken aus gut zwei Dutzend Branchen erhoben und indiziert. Hasslinger gibt einen kleinen Einblick, mit einem Vertrauensindex von 61,2 (gebildet aus den vier erwähnten Vertrauensdimensionen) sind Marken im Segment Kekse, Waffeln und Schnitten bei den Österreichern am höchsten im Kurs. Hasslinger: „Der hohe Index entsteht auch – nicht nur – durch Manner, das auf über 75 Indexpunkte kommt.“ Es folgt das Segment Milchprodukte (Index 57,6) und Mobilität 2015 mit Index 54. Hasslinger: „Da ist der Treiber der positive Indexwert der ÖBB“ – in der Mobilitäts-Befragung 2013 lag das Segment erst bei 48,6 Indexpunkten. Nur so zum Vergleich: Versicherungen (Index 37,5), Banken (Index 36,3) und Politiker (Index 20,7) – Hasslinger: „Wenn es den Sebastian Kurz nicht gäbe, wäre der Index noch viel schwächer!“ – bilden jene Branchen, deren Marken kumulativ am wenigsten Vertrauen entgegengebracht wird. Zurück zum Brand Institute, zu Gerhard Hrebicek und der Markenwertstudie: Ein lohnend-wertvolles Unterfangen!