ÖWR-Präsident Michael Straberger führt die gestiegene Zahl der Beschwerden auf die verstärkte Mediennutzung während der Lockdowns zurück.
Coronabedingt verstärkte Mediennutzung führte zu mehr Beschwerden beim Werberat. Werbestopps forderte der Rat jedoch deutlich seltener. Am öftesten beanstandet wird geschlechterdiskriminierende Werbung.
Im vergangenen Jahr verzeichnete der Werberat einen deutlichen Anstieg der Beschwerden, insbesondere in der Zeit während des ersten Lockdowns. In Summe sind 411 Beschwerden eingelangt, nach 338 im Jahr 2019.
Allein von März bis Mai sind 102 Beschwerden eingegangen, was ÖWR-Präsident Michael Straberger auf eine verstärkte Mediennutzung der Konsumenten während des Lockdowns zurückführt. Nach wie vor liegt geschlechterdiskriminierende Werbung an erster Stelle, zeigt die Bilanz.
Nur halb so viele Stopp-Entscheidungen
2020 kam es allerdings zu einem kräftigen Rückgang an sogenannten Stopp-Entscheidungen. So sprachen sich die Werberätinnen und Werberäte nur in elf beanstandeten Fällen für einen Stopp der Werbung aus, im Jahr davor waren es genau doppelt so viele Fälle. Straberger deutet die Halbierung als positives Signal "für das verantwortungsvolle Agieren von werbetreibenden Unternehmen".
Die 411 eingebrachten Beschwerden haben im Vorjahr zu 241 Entscheidungen geführt. Die größten Aufreger waren dabei eine Werbemaßnahme von Mömax mit 20 Beschwerden, die vom Werberat mit "Sensibilisierung" entschieden wurde, jene von Sodastream mit 13 Beschwerden, hier sprach sich das Gremium für "Keinen Grund zum Einschreiten" aus, und eine Werbemaßnahme des Fitnesscenters FitInn mit 11 Beschwerden, die ebenfalls mit "Kein Grund zum Einschreiten" bewertet wurde.
Die beanstandeten Fälle
Bei Mömax wurde kritisiert, dass im beanstandeten Spot mehrfach das Wort "Scheiße" verwendet wird und die Werbemaßnahme daher eine negative Vorbildwirkung für Kinder darstellt. Im Falle von Sodastream zeigt das beanstandete Sujet eine typische Familiensituation, in der die Tochter ihren Vater etwas harsch darauf hinweist, dass Plastikflaschen schlecht für die Umwelt seien und er deshalb stattdessen auf mit Sodastream gesprudeltes Leitungswasser zurückgreifen solle. Der Vorhalt, dass es sich hierbei um ein unangemessenes, aggressives Verhalten des Kindes gegenüber ihren Eltern handelt, konnte von der Mehrheit der Werberäte und Werberätinnen nicht nachvollzogen werden. In der Werbung von FitInn wurde kritisiert, dass es sich hierbei um Formulierungen handelt, die "Bodyshaming" unterstützen. Der Werberat sah das anders.
Hauptbeschwerdegründe sind neben geschlechterdiskriminierender Werbung, Ethik und Moral, Irreführung und Täuschung, Rassismus sowie Gefährdung von Kindern und Jugendlichen.