Fusion zweier Weltmarktführer: RHI und Magnesita setzen im Zusammenschluss auf Mitarbeitereinbindung, offenere Strukturen und ein neues Wertebild.
Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 49 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Produktion von feuerfesten Materialien im Ausmaß von über 1,5 Millionen Tonnen, ein Umsatz von gut 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2016, 7.500 Mitarbeiter: Die in Wien ansässige RHI war schon bisher weltweit führender Produzent von Feuerfest- Produkten. Mit der im Oktober des Vorjahres in die Wege geleiteten Übernahme und nun erfolgten Verschmelzung mit der Nummer zwei Magnesita entsteht ein noch größerer Player: geschätzte 2,8 Milliarden Umsatz, 15.000 Mitarbeiter – einhergehend die Verlagerung der Holding nach Arnheim in den Niederlanden, der Börsegang in London, die Schließung des Magnesita-Headquarters in Sao Paulo und eine neue gemeinsame Unternehmenskultur. Zentraler Bestandteil der Zusammenführung war Kommunikation, wie Stefan Rathausky, Senior Vice President Corporate Communications RHI Magnesita, im Gespräch mit HORIZONT erläutert. Der Kommunikation habe man von Anfang an hohe Bedeutung beigemessen. „Interne wie externe Veränderung geht nur über Kommunikation, daher ist die Rolle dieser eine wesentliche, um die Kultur nachhaltig zu verankern. Ein Gutteil der großen internationalen Merger scheitert am kulturellen Wandel, daher lag bei uns darauf besonderes Augenmerk.“
Die externen Kommunikationsmaßnahmen starteten im Oktober 2016. Nach Bekanntwerden des geplanten Mergers war „eine große Welle an medialem Interesse über uns hereingeschwappt“, so Rathausky, der zu dem Zeitpunkt ein Jahr im Unternehmen war und im Jänner dieses Jahres auch die Leitung der Kommunikationsabteilung übernahm. „Die dafür notwendige Pressearbeit musste erst wiederaufgebaut werden, da proaktive Kommunikation in den letzten Jahren – abgesehen von rechtlichen Adhoc- Meldungen – nur eingeschränkt stattgefunden hat. Wir haben in der Kommunikation einen schlafenden Riesen auferweckt.“ Erklärungs- und Kommunikationsbedarf habe es für Kleinaktionäre ebenso gegeben wie für Mitarbeiter. „Das wesentliche Erfolgskriterium dabei ist, zu erkennen, dass das, was man als Unternehmen extern erzählt, auch gleichermaßen nach innen wirkt“, so Rahausky.
Finden einer neuen Kultur
Wesentliche Kommunikationsaufgabe war das Zusammenführen der nun etwa 15.000 Mitarbeiter nicht nur unter ein gemeinsames Dach, sondern auch zu einer neuen Unternehmenskultur. Das Unternehmen startete dafür eine umfassende Mitarbeiterbefragung. „Die Befragung zeigte uns auch, dass das Eigenbild und Fremdbild ganz gut zusammengepasst haben. Die RHI stand in der Wahrnehmung für Solidität, technische Kompetenz, Expertise, aber auch Behäbigkeit. Magnesita für Schnelligkeit, Leistungsdenke, aber dafür etwas chaotischer und unstrukturierter.“ In Workshops wurde folgend eine neue Kultur definiert, zusammengefasst in vier Bereiche: „Kundenorientierung und Innovation, Performance und Accountability, offene und transparente Entscheidungsfindungen und eine offene Zusammenarbeit, accross
Open Offices auf Vorstandsebene
Wesentlich, so Rathausky, in diesem neuen Zusammenarbeiten ist ein Steuerungsprozess, der ganz oben beginnt – „unser CEO hat dabei auch sehr viel frischen Wind hineingebracht“. So wurden etwa Einzelbüros auf Vorstandsebene aufgelöst und Open Offices eingeführt – „auch, um zu demonstrieren, dass wir alle gemeinsam arbeiten und das bei den Vorständen anfängt“. Im nächsten Schritt werden nun pro Standort Mitarbeiter als „cultural champions“ definiert, die ganz konkret mitgestalten und diesen Prozess auch vorantreiben. Kultur in der Zusammenarbeit und in der Vermittlung passiere stark analog, ist Rathausky überzeugt. Um den Kulturwandel zu verankern, bediene man sich aber durchaus auch digitaler Tools; beispielsweise eine neue Mitarbeiter-App. Mitarbeiter können dabei ihre Eindrücke von vor Ort, von einem Workshop, von einem Seminar global an alle posten oder aber auch nur an Mitarbeiter an ihrem Standort. „Kommunikation passierte vorher immer top-down und von Führungskräften dominiert – aber so bekommt man einen Kulturwandel nicht hin. Wir wollten mehr Dynamik, direktere Kommunikation und mehr Involvement zu den Themen“, so der Kommunikationschef. Die App wurde bisher mehr als 6000 Mal heruntergeladen. Teil des neuen Außenauftritts ist auch ein neues Erscheinungsbild. Dabei spiegelt sich etwa eines der Basisprodukte bewusst im Logo wieder, um die Produktstory in allen Maßnahmen zu vermitteln. Denn: Ein Produkt zu erklären, das schwer greifbar ist, sei eine große Herausforderung. Vor allem mit Videos soll das transportiert und dabei auch piktogrammartig Abläufe demonstriert werden.
Vom Merger zur Innovation
Mit dem ersten Tag des vollzogenen Mergers Oktober dieses Jahres wurden weltweit Events abgehalten, dabei gab es eine Videobotschaft des CEO, die die grundsätzliche Strategie, Kultur und Ziele an alle Mitarbeiter übermittelte. „Der große Wurf war, Inhalte nicht nur per Mail auszusenden, sondern unsere Vorstände mit abgestimmten Inhalten in den ersten beiden Wochen an einen Großteil aller Standorte zu schicken und so über 10.000 Mitarbeiter direkt zu erreichen“, so Rathausky. Nachdem der Merger in diesem Jahr die Kommunikation prägte, wolle man im nächsten Jahr auf inhaltliche Aspekte fokussieren. „Im nächsten Jahr wird es erstens der Kulturwandel sein, zweitens, ob wir Synergien liefern, denn das interessiert den Kapitalmarkt ganz wesentlich, und drittens was wir an Innovationen vorantreiben.“ Aktuell denke man etwa über digitale Vertriebskanäle oder Kundenportale nach. Es gehe aber auch um die Frage, wie man End-to-End-Supply-Chain- Prozesse digital abwickle, mit Künstlicher Intelligenz Produktionsprozesse besser gestalten könne, Roboter effizienter gesteuert werden können und wie Daten aus dem Einsatz der Produkte beim Kunden einfließen und so Prozesse optimieren.