Ingrid Vogl schied als PRVA-Präsidentin aus, Nachfolgerin Susanne Senft will ihren Kurs forsetzen. Die PR-Expertinnen glauben, dass die Branche sich von den Skandalen erholt hat
Ingrid Vogl: Der PRVA hat sich in den vergangenen 40 Jahren sukzessive entwickelt. Die PR-Branche in Österreich zu professionalisieren ist nach wie vor primär im Fokus, und das wird in bewährter Weise mit verschiedenartigsten Veranstaltungen, mit Awards, Kontakt zur Wissenschaft et cetera gemacht. Und für die zusätzlichen Ziele, die über Funktionsperioden hinausgehen, stellt man sich sein Team zusammen, und so habe ich auch Susanne Senft forciert, die seit zwei Jahren Vizepräsidentin ist.
Vogl: Wir – und viele sind ja Lehrende an Ausbildungseinrichtungen – lehren ja immer, dass man sich smarte Ziele setzen soll, die einigermaßen realistisch sind. So habe ich es auch im PRVA gehalten. Ich hatte mir zum Beispiel die Öffnung des PRVA für den PR-Nachwuchs vorgenommen und dann umgesetzt, da gab es schon in der ersten Generalversammlung Diskussionen darüber, für manche war das ja ein Tabubruch. Ich wollte weg vom damals herrschenden Mentorensystem für die Aufnahme in den PRVA und dennoch an den Qualitätskriterien festhalten. Wenn Qualität wichtig sein soll, muss man möglichst früh, also beim Nachwuchs, ansetzen. Die ersten Young PR Lions in Cannes im Vorjahr belegen ja, dass man auf den Nachwuchs stolz sein kann. Der Kommunikationstag als Variante einer ähnlichen Veranstaltung in Deutschland war auch eine gute Neuerung, wie ich glaube. Dazu habe ich eine Verbreiterung in die Bundesländer angestrebt und wir konnten im Ausbildungsbereich mit der Kommak sozusagen ein Dach für viele Angebote schaffen, die es schon seit Anfang des PRVA gibt.
HORIZONT: Frau Senft, welche Schwerpunkte wollen Sie im PRVA setzen, wo wird im Sinne der scheidenden Präsidentin weitergearbeitet, wo allenfalls etwas verändert?Susanne Senft: Vorausschicken möchte ich, dass keines der aktuellen Projekte eingestellt wird. Aber zum Beispiel beim PR-Gütezeichen, das von PR Quality Austria vergeben wird, wird sich die Arbeit sicher intensivieren. Das wurde erst 2014 initiiert. Fünf Agenturen sowie zwei Unternehmen – A1 und Saint-Gobain Isover – und die Marktgemeinde Guntramsdorf haben sich bisher zertifizieren lassen – das sollten schon noch mehr werden. Man unterwirft sich den strengen Kriterien des PR-Gütezeichens und hebt sich damit im Anspruch auf Qualität und Ethik in der PR deutlich am Markt ab. Das ist sicher auch für Einzelberater interessant. Weiters gibt es erst seit diesem Jahr die Ausbildung zum zertifizierten PR-Qualitätsmanager, da waren im ersten Lehrgang im Jänner sieben Teilnehmer, im Juni beginnt schon der zweite. Wir wissen natürlich, dass vielen dafür oder auch für die Vielfalt an anderen Veranstaltungen des PRVA manchmal die Zeit knapp ist. Trotzdem gelingt es überall, die Leute zu interessieren, auch solche, die nicht PRVA-Mitglieder sind, und für die unsere Angebote nicht so günstig wie für Mitglieder sind.
Vogl: Zertifizierungen, vor allem auch jene für Kommunikationsabteilungen von Unternehmen oder NGOs, sind sicher weiter eine zentrale Maßnahme für die ganze Branche. Denn bei Ausschreibungen und Pitches sollten beide Seiten wissen, was sie voneinander erwarten können, was professionelle PR-Arbeit ist, was mit Kommunikationskontrolle gemeint ist und mehr. Das dient der Professionalisierung der Public Relations generell und ist ja Aufgabe des PRVA – und das würde viele Fragen ersparen.
HORIZONT: Stichwort Mitglieder und Verbreiterung: Gibt es weitere Schritte in diese Richtung, also zur zahlenmäßigen Vergrößerung des Verbandes? Senft: Eine Verbreiterung in die Bundesländer streben wir natürlich an, zuletzt kamen ja Salzburg und Tirol dazu, womit nur noch Niederösterreich, Burgenland und Kärnten fehlen. Aber man muss überlegen, ob es überall Sinn machen würde, denn die Kolleginnen und Kollegen in Niederösterreich orientieren sich vermutlich eher nach Wien. Und in Kärnten und im Burgenland gibt es vielleicht nicht genug Bedarf, weil es dort auch nicht so viele große Unternehmen gibt. Jedenfalls will ich den PRVA in Richtung anderer Verbände verbreiten. Da kooperieren wir ja schon jetzt oft, werden zu Veranstaltungen eingeladen und manchmal wird unsere Expertise in Anspruch genommen. Auch eine Mitgliederbefragung wird kommen, um zu wissen, was unsere Mitglieder genau von uns erwarten.
HORIZONT: Eine derartige Erhebung gab es im PRVA noch nie?Senft: Nein, es wurden manchmal Benchmarks erhoben, aber eher zu betriebswirtschaftlichen Fragen. 40 Jahre PRVA sind ein guter Anlass, zu evaluieren, welche Leistungen des Verbandes gut und welche weniger gut angenommen werden. Denn eine umfassende Mitgliederbefragung hatten wir noch nie, und mittlerweile haben wir auch Wirtschaftspartner, die uns das ermöglichen. Durch die Größe des Verbandes – wir haben ja über 800 Mitglieder – könnten wir uns auch intern etwas anders organisieren. Ich nenne das jetzt einmal „Chapter bilden“ und zwar solche für Agenturen, Unternehmen, Ein-Personen-Unternehmen, NGOs und für die Newcomer. Dann könnte je ein Mitglied unseres neunköpfigen Vorstandes für eines dieser Chapter zuständig sein, denn wir haben schon jetzt und auch in Zukunft zumindest ein Vorstandsmitglied aus jedem dieser Bereiche. Aber wie wir das genau machen werden, wollen wir in einer Klausur besprechen.
HORIZONT: Die vom PRVA beauftragte PR-Berufsfeldstudie, die vor einigen Wochen publiziert wurde, ergab unter anderem, dass eine große Anzahl der in der PR tätigen Personen wenig dafür ausgebildet ist und es oft nur nebenher macht. Ist das etwa in der Schweiz oder in Deutschland anders? Vogl: In Deutschland, und unsere Studie wurde ja mit einer deutschen Untersuchung als Vorbild gemacht, ist das sehr ähnlich; in der Schweiz wohl weniger, weil es dort weniger, aber deutlich größere Agenturen gibt – entsprechend der Struktur der Unternehmenslandschaft dort. Der vormalige PRVA-Präsident Franz Bogner formulierte ja einst den Wunsch, dass es in allen größeren Unternehmen Österreichs PR-Fachleute mit entsprechender Ausbildung geben soll. Das hat sich sicher erfüllt, und viele haben schon strategische Kommunikationsabteilungen, wo es nicht um PR oder Werbung alleine geht. Aber die KMU, und noch viel mehr die kleinen Unternehmen, haben zu wenig professionelle PR. Ich und viele andere, die auch Lehrende sind, fragen uns manchmal, wo denn die Teilnehmer der Lehrgänge und neuen Studien eigentlich arbeiten wollen. Aber es sind oft Leute, die in ihrem Job in PR-Tätigkeiten rutschten und jetzt eine berufsbegleitende Ausbildung machen. Dort müssen die Basics, die Dos and Don’ts gelehrt werden, damit in Summe das Image der PR in Österreich nicht weiter leidet und nicht weiter so viele in einem gewissen Graubereich tätig sind. Man kennt ja die Neverending Story der Vermischung von Marketing, Werbung und PR. Auch daher streben wir im PRVA eine weitere Öffnung an. Wir sind ja ein Verband, der nicht nur für Agenturen, sondern für die ganze Branche arbeitet.
Senft: Bezug nehmend auf die Ergebnisse der Berufsfeld-Studie glaube ich, dass auch eine Studie in der klassischen Werbebranche nicht viel andere Ergebnisse bringen würde, als sie jene für die PR brachte, was Ausbildung und Nebenerwerb betrifft. Beides sind ja freie Gewerbe ohne Zugangsbeschränkung. In der PR-Branche gehen wir aber kritisch mit uns selbst um, es geht nicht um salbungsvolle Worte und Werbebotschaften. Für die PR kommt noch erschwerend dazu, dass sich zum Beispiel der Chef eines kleinen Unternehmens eher zutraut, eine Presseaussendung zu verfassen, als ein Werbesujet selbst zu gestalten, das dann im Übrigen gegen Bezahlung ohnehin geschaltet wird. Es mag sein, dass das wer selbst gestalten kann, aber es geht ja in der PR um viel mehr als eine Aussendung, nämlich um kontinuierliche und strategische Kommunikationsarbeit in vielen Kanälen, in den richtigen Medien und vieles mehr an Kriterien. Aber man darf nicht der Illusion verfallen, dass man alle potenziellen oder tatsächlichen Kommunikatoren mit seinem Ausbildungsangebot erreichen kann. Es gibt ja auch ein paar Millionen zum Fußballtrainer Berufene im Land, und der Österreichische Fußballbund hat auch nicht den Ehrgeiz, all diesen eine Trainerausbildung zukommen zu lassen.
HORIZONT: Wie ist es also um das Image der PR-Dienstleister in Österreich bestellt?Vogl: Als ich 2011 Präsidentin wurde, war ich gleich einmal monatelang damit beschäftigt, permanente Verteidigungsreden für die Public Relations zu halten. Sie wurden in den Medien sehr oft mit Lobbyismus und anderem vermischt, man erinnert sich ja an die Hochkonjunktur der Skandale in Österreich. Ich denke, allein dass jetzt Bundespräsident Heinz Fischer zu „40 Jahre PRVA“ kommt, zeigt, dass sich am Image der Branche wieder vieles gebessert hat. Das ist sicher ein absoluter Höhepunkt meiner beruflichen Laufbahn und bestätigt den Stellenwert des PRVA und der PR ingesamt.
HORIZONT: Und wie schätzen Sie die wirtschaftliche Lage der Branche ein? Vogl: Über das Ökonomische erfahren wir auch nur von Rankings. Oder wir legen internationale oder deutsche Studienergebnisse auf Österreich um. Ich kann jedenfalls kein Jammern vernehmen, obwohl die Anforderungen an alle natürlich komplexer werden. Aus dem nachhaltigen Zustrom zu den Ausbildungseinrichtungen kann man vermutlich schließen, dass der Bedarf an professioneller PR weiter groß ist. Aber in der Theorie sagt kaum wer in einem Unternehmen, dass ihm Kommunikation nicht wichtig ist. In der Praxis ist das oft etwas differenzierter.