Green Marketing Award: 'Ehrliche Initiativen ...
 
Green Marketing Award

'Ehrliche Initiativen und kein Green-Washing'

WU Wien
Dieter Scharitzer ist Ass.Prof. an der WU Wien und geschäftsführender Gesellschafter von TQS Research & Consulting.
Dieter Scharitzer ist Ass.Prof. an der WU Wien und geschäftsführender Gesellschafter von TQS Research & Consulting.

Dieter Scharitzer, Juryvorsitzender beim neuen Green Marketing Award, erklärt, warum Unternehmen jetzt unbedingt einreichen sollten. 

Der Green Marketing Award prämiert die nachhaltigsten Marketingkonzepte Österreichs und holt so Aktivitäten vor den Vorhang, die konkrete positive Auswirkungen auf Menschen und den Planeten haben. Den Juryvorsitz hat Ass. Prof. Dr. Dieter Scharitzer vom Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien übernommen. Er meint: "Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden in der Wertereihung der Österreicher:innen immer wichtiger. Momentan deckt die Gesundheitskrise und die Diskussionen um Corona noch viele andere spannenden Themen in der öffentlichen Diskussion zu, aber mit Green Marketing sind wir genau richtig, wenn sich Österreich beginnt auch wieder mit anderen gesellschafts- und wirtschaftspolitisch wichtigen Themen zu beschäftigen."


HORIZONT: Der Green Marketing Award wird in drei Kategorien vergeben. Wo können und vor allem sollen Unternehmen ihre Projekte optimalerweise einreichen?
Dieter Scharitzer: 
Wir starten zunächst den Green Marketing Award mit drei Kategorien, um die Vielfalt möglicher Initiativen zum Green Marketing etwas besser zu kanalisieren und eine einfache Struktur in die Vielfalt von Initiativen zu bringen, damit wir nicht immer Äpfel mit Birnen vergleichen. Dabei müssen sich die Unternehmen bei der Einreichung auch für eine Kategorie entscheiden, für die sie meinen, dass ihre Initiative ein besonders gutes und erfolgreiches Beispiel ist. Durch die Kategorienbildung wollen wir das Augenmerk auf verschiedene Möglichkeiten lenken, wo Unternehmen glaubwürdiges Green Marketing im Gegensatz zu Greenwashing praktizieren. Die Kür der Sieger besteht nicht "nur" aus einer Expert:innen-Jury, sondern zudem aus einer quantitativen Mafo. Welche Vorteile ergeben sich dadurch, was zeichnet den Prozess aus?
Wir wollen, dass der Green Marketing Award nicht einer von vielen "Experten-Awards" ist, bei denen sich eine Branche feiert oder ein Gremium in einem Beauty-Contest normiert, was gefällt und gut ist. Für uns ist diese zweistufige Vorgangsweise eine wichtige Qualitätssicherung für den Award, damit wir nachvollziehbar und begründet zu einer Auszeichnung bestimmter Marketinginitiativen kommen. In einem ersten Schritt sondiert eine Expert:innen-Jury die Einreichungen und erstellt eine Shortlist von maximal fünf Projekten in jeder Kategorie für die nachfolgende quantitative Bewertung durch ein Publikums-Voting. Eines der erklärten Ziele des Green Marketing Award ist mehr Abgrenzung und Bewusstheit für ehrlichen Green Marketing-Initiativen gegenüber Aktivitäten des Green-Washing zu erreichen. Diese Unterscheidung trauen wir am ehesten einem Expert:innen-Gremium zu. Gleichzeitig muss es Marketing schaffen, die Vorteile, den Nutzen  und die Attraktivität eines Themas oder Angebots  den Kundenzielgruppen und der Bevölkerung zu vermitteln. Durch die Befragung wollen wir sicherstellen, dass prämierte Initiativen nicht nur gut gemeint, sondern auch so gut gemacht sind, dass sie einen Impact bei den Menschen haben und von diesen auch als auszeichnungswürdig bewertet werden. Daher dieser zweistufige Prozess einer qualitativen Expert:innen-Bewertung für die Nominierung und die anschließende repräsentative Bevölkerungsbefragung.

Neben Branchenvertreter:innen und den Initiator:innen sind auch NGOs mit ihrer Expertise an Bord. Welchen Stellenwert haben diese aus Ihrer Sicht?
Beim Thema Green Marketing treffen sich die beiden Kompetenzbereiche Marketing und Nachhaltigkeit. Das soll auch in einer sehr diversen Zusammensetzung der Jury abgebildet werden, um diese ergänzenden Expertisen im Gremium verfügbar zu haben. Dabei tun sich natürlich Vertreter:innen der NGO leichter, sachlich und fachlich zum Thema Nachhaltigkeit zu werten bzw. Greenwashing aufzuzeigen, weil Sie sich in ihrem Selbstverständnis mit dem Thema und nicht mit den individuellen Unternehmensleistungen identifizieren und auch einfacher eine kritische Distanz zu nicht auszeichnungswürdigen Aktivitäten einnehmen können. Umgekehrt genügt uns beim Green Marketing Award nicht nur die Nachhaltigkeitsexpertise, hier geht es um erfolgreiches Green Marketing – also gelungene Initiativen im Produktmanagement, Kommunikationsimpact oder neue Geschäftsmodelle, diese zu bewerten, was wiederum eine einschlägige Expertise von erfahrenen Marketing-Profis im Gremium ist.
Die Jury des Green Marketing Award

Dieter Scharitzer, Institut für Marketing-Management der Wirtschaftsuniversität Wien

Astrid Stelmann, Leitung Marketing GLOBAL 2000

Klaus Schwertner, Geschäftsführender Direktor der Caritas der Erzdiözese Wien

Andreas Strobl, Kabinett Bundesministerium für Klimaschutz

Ernst Ternon, Masterstudiengang Green Marketing/FH Wr. Neustadt

Birgit Mair-Markart, Bundesgeschäftsführerin Naturschutzbund

Hartwig Kirner, Geschäftsführer Fair Trade Österreich

Alice Schmidt, Nachhaltigkeitsexpertin

Jana David-Wiedemann, Präsidentin Strategie Austria ,CEO BBDO Wien + DDB Wien

Andreas Vretscha, CEO GroupM

Karin Seywald-Czihak, Geschäftsführerin ÖBB Werbung und Marketerin des Jahres 2020

Jürgen Hofer, Chefredakteur HORIZONT
Sie selbst haben langjährige Erfahrung in Marketing und Forschung. Wie lässt sich Nachhaltigkeit einerseits sinnvoll in Unternehmensstrategien und deren Marketing einbetten, andererseits auch ordentlich messbar und darstellbar machen?
Eine gute Frage, wenn ich die in einem Absatz beantworten könnte, wäre ich eventuell schon berühmt und die Marketingwelt um vieles besser (lacht). Auch für mich ist der Green Marketing Award nicht ein Ziel sondern eine Reise, bei der wir erst am Anfang stehen und wo wir noch nicht zu allen Fragen abschließende Antworten geben können. Sie sprechen aber eine der spannendsten Herausforderungen an: Die Abbildung der Nachhaltigkeit in Unternehmensstrategien und messbaren Erfolgen. Um aber messen zu können, muss ich erst einmal das Ziel operationalisieren, das heißt eindeutig formulieren nach Inhalt, Ausmaß und Zeitbezug. Damit lösen wir natürlich eine ganz spannende Strategiediskussion aus, einerseits hinsichtlich der Kausalität – Ursache-Wirkung von Maßnahmen. Andererseits aber auch die Frage der Zielerreichung: was ist genug? Wann können wir als Unternehmensverantwortliche zufrieden sein? Diese Erörterung würde den Rahmen dieser Zeilen sprengen, aber ich kann dazu als Lektüre die Gedanken von Paul Polman in seinem Buch "Net Positive" empfehlen. Mit seiner langjährigen Erfahrung als Top-Manager in der Konsumgüterbranche (Nestlé, Procter&Gamble, Unilever) sieht er Nachhaltigkeitsthemen als Chance und widmet sich der absehbaren Bedrohung für die wirtschaftliche Existenz dieser Branche, wenn Klimaschutzmaßnahmen scheitern oder bestehende Unternehmensstrategien nicht entsprechend hinterfragt und korrigiert werden würden. Dabei zeigt er auch, dass Klimaschutz gar nicht wirtschaftlich nachteilig sein muss – eben "net positive". Imbesten Fall ergibt sich daraus eine dreifache win:win:win-Situation: für das Unternehmen und seine Stake-Holder, die Konsument:innen und das Klima.




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