Die ,Start-up-Flüsterer‘
 

Die ,Start-up-Flüsterer‘

Die PR-Agentur The Skills Group etabliert unter Führung von Jürgen Gangoly ein neue Unit und will zu ihren drei Start-up-Kunden weitere dazu gewinnen

Manchmal hat Jürgen Gangoly, ­Geschäftsführer der PR-Agentur Skills, die Rolle eines Arztes: „Der fragt oft auch den Kranken, warum er mit seinem Leiden nicht schon ein halbes Jahr früher gekommen ist.“ Die „Patienten“ im Fall von Skills sind immer öfter Start-ups. Die fragt er bisweilen auch, warum sie nicht schon früher gekommen sind, in Sachen Vermeidung oder Heilung von Kommunikationsproblemen: Während nämlich viele Jungunternehmer in ihren Businessplänen für Dienstleistungen wie Corporate Design, IT-Services oder rechtliche Unterstützung realistisch vorgesorgt hätten, würde ebendort Kommunikation meist ­unterdotiert oder gleich gar nicht vorkommen. Gerade bei Start-ups müsse von Anfang an die Positionierung passen, schleichende Markteinführungen gingen selten gut. Gangoly: „Ein Syndrom, das man in der PR- und Internet-Branche kennt: Viele Jung- und Kleinunternehmer kennen jemanden, der eh Publizistik studiert oder gerne Websites bastelt, das wird schon irgendwie gehen und auch billig sein. In solchen Fällen muss man meist einen komplett neuen, zweiten Anlauf machen und die PR-Arbeit professionell aufstellen.“ 

Gleich drei heimische Start-ups haben sich in den letzten Monaten von Beginn an für den professionellen Weg entschieden und stehen nun auf der Kundenliste von Skills: ticketgarden.com, myVeeta und LightGlass. Ihre Gründer und Investoren trafen sich Anfang Februar in der Agentur zum Networking und Erfahrungsaustausch, bei dem auch HORIZONT zu Gast sein durfte. Das leidenschaftlich diskutierte Thema war: Wie macht man effiziente PR für Start-ups? Welche Herausforderungen gibt es speziell bei Jungunternehmen und wie passen eine etablierte PR-Agentur und Start-ups zusammen? „Wir organisieren eigentlich selten Events und Interviews für mehrere unserer Kunden auf einmal“, erzählt Gangoly, „aber Start-ups vernetzen sich gerne und bündeln ihre PR-Aktivitäten auch über Unternehmensgrenzen hinweg.“ Ein bis zwei Start-ups würden derzeit pro Monat bei Skills anklopfen, womit – auch wenn nicht alle betreut werden – mittlerweile ein feines Netzwerk aus Gründern, Business Angels und Investoren entstand. Diese Basis baut Skills nun zu einer Start-up-Unit aus, von der Kunden und Partner profitieren, „aber auch gemeinsam mit uns“ lernen sollen.“

In den Bereichen PR und Unternehmensgründung selbst braucht Gangoly nicht viel dazu zu lernen. 1997 gründete der Kommunikationsexperte gemeinsam mit seinen heutigen Skills-Partnern Edward Strasser und Stefan A. Sengl die Online-Agentur Short Cut Digital Media. Im Jahr 2000 fusionierte diese mit einer klassischen PR-Agentur zu The Skills Group. Bei Skills kennt man daher die Herausforderungen von Start-ups und auch die Bedürfnisse von jungen Unternehmern. „Deren Wünsche, Sorgen und Ängste auch persönlich zu kennen, ist in der Beratung sicher kein Nachteil“, so Gangoly. Bislang eher spezialisiert auf die PR-Beratung von Konzernen und öffentlichen Einrichtungen, versucht man nun das ganze Spektrum dessen abzudecken, was junge Unternehmen und deren Gründer zum Erfolg brauchen: Strategieberatung, Markt- und Meinungsforschung, Coaching, Networking und natürlich klassische PR. „Da kommt in Österreich eine schöne Sammlung an Gewerbescheinen zusammen“, schmunzelt Gangoly. 

Komplexe Aufgaben

Start-ups denken üblicherweise viel mehr über ihre Produkte und Investoren nach als über den Umgang mit Medien und der breiten Öffentlichkeit. Die PR-Agentur ist dann eine Art Pferdeflüsterer für kommunikationsscheue Start-ups. MyVeeta-Gründer Jan Pichler erzählt, wie das auf Online-Bewerbungen spezialisierte Start-up mit Skills erste professionelle PR-Erfahrungen sammelte: „Wir bekamen schon beim ersten Beratungsgespräch ein umfassendes Bild der speziell für unser Unternehmen notwendigen Kommunikation präsentiert, mitsamt aller wichtigen Stakeholder-Kontakte. Das überwältigende Medienecho auf den Launch unserer Bewerbungsplattform war das Ergebnis.“ 

Die geforderten Kommunikationsleistungen können aber auch speziell und komplex sein: Als die heimische 3United AG Anfang der 2000er-Jahre binnen kurzer Zeit von zehn auf 150 Mitarbeiter anwuchs, war Skills an der Seite des auf Mehrwert-SMS spezialisierten Unternehmens. Von Wien aus wurde weltweit in Richtung potenzieller Investoren kommuniziert. Sogar in Japan, erzählt Mitgründer Andreas Wiesmüller, war ein Interessent für 3United geortet worden, dessen Aufmerksamkeit dann erlangt wurde. „Wenn PR gut gemacht wird, ist sie auch für Start-ups ein extrem effizientes Tool“, sagt Wiesmüller. 3United würde schließlich 2006 für 55 Millionen Euro in die USA verkauft. Wiesmüller und seine ehemaligen Mitgesellschafter sind heute allesamt als Start-up-Investoren erfolgreich. LightGlass, ein erst im Dezember mit dem Architektur- und Designpreis Iconic Award ausgezeichnetes Smart-Glass-Unternehmen, ist das jüngste Engagement von Wiesmüller, der dabei wieder auf Skills setzt: „Wir haben weltweit viele potenzielle Kunden, und auf deren Radar gerät man nur mit guter internationaler PR-Arbeit.“

Die beruflich sehr diverse Vita der Berater bei Skills ist wohl auch ein Faktor, warum eine große und vermeintlich altmodische PR-Agentur in einer Community ankommt, die vordergründig ganz anders tickt. Skills ist bestens in der Start-up- und Investorenszene vernetzt und oft schon vor den eigentlichen Unternehmensgründungen mit ihren künftigen Kunden in Kontakt. Auch Harald Trautsch, Gründer mehrerer Unternehmen und heute CEO des Telematikunternehmens Dolphin Technologies arbeitet mit Gangoly und der Agentur bereits seit über zehn Jahren zusammen. Er ist auch Investor beim neuen Skills-Kunden ticketgarden.com. Dessen Geschäftsführer Michael Kunz beschreibt, warum er zu keiner kleinen PR-Agentur ging: „Bei einer neuen Art des Online-Ticketings geht es darum, in der gesamten Bevölkerung, Bewusstsein für einen Markt zu schaffen, der eigentlich noch nicht existiert.“ „Aber am Ende des Tages“, so Trautsch, „braucht ein Start-up dasselbe wie jedes Unternehmen auch. Es hat nur ein deutlich kleineres Budget für die PR und muss daher noch effizienter und schneller kommunizieren.“

Neue Kooperationsmodelle

Mitte 2015 kam man bei Skills zur ­Erkenntnis, dass die etablierten ­Geschäftsbereiche, PR-Beratung von Großunternehmen und Institutionen sowie Krisenkommunikation, zwar kontinuierlich aber langsam wachsen, während es generell immer mehr Aufträge im Social-Media-Bereich und von Start-ups gibt. „Start-up-Beratung macht außerdem großen Spaß. Daher gründen wir nun eine eigene Start-up-Unit“, wie Gangoly schildert. Eine eigentümergeführte, österreichische Agentur wie Skills könne flexibel auf die Bedürfnisse und auf die finanziellen Möglichkeiten von Start-ups eingehen. Lokale Ableger eines internationalen Agentur-Netzwerkes, bei dem Geschäftsentscheidungen oft im Ausland getroffen werden, tun sich laut Gangoly sicher viel schwerer bei der Entwicklung von neuen Bezahlungs-, Kooperations- oder Beteiligungsmodellen für Start-ups, wie es sie nun bei Skills gibt.

Für gemeinsam mit Experten ausgewählte, vielversprechende Start-ups, gibt es bei Skills längere Zahlungsziele, oder auch schon mal Stundungen bis zur nächsten Investorenrunde, damit die professionelle Kommunikationsarbeit nicht auf der Strecke bleibt. Auch der Abgeltung von PR-Leistungen durch Beteiligungen an Start-ups steht Skills offen gegenüber. Erste „Work for Equity“-Deals wurden bereits abgeschlossen. Ein Tool, das im Silicon Valley seit Langem auch in der PR-Branche üblich ist, hierzulande bislang aber eher von Unternehmensberatern oder Anwälten eingesetzt wurde. „Wir übernehmen hier gerne eine Vorreiter-Rolle. Die heimische Start-up-Szene braucht auch im PR-Bereich ein professionelles Berater-Umfeld, um international wahrgenommen zu werden. Und dazu wollen wir ­beitragen“, so Gangoly.•



stats