Die Empfehlungen des Weisenrates 1. Teil
 

Die Empfehlungen des Weisenrates 1. Teil

Programm- und Versorgungsauftrag des ORF

Programm- und Versorgungsauftrag des ORF



• In Erfüllung seines öffentlich-rechtlichen Auftrages hat der ORF ein differenziertes Gesamtprogramm von Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle anzubieten. Das Angebot hat sich an der Vielfalt der Interessen aller Hörer und Seher zu orientieren und sie ausgewogen zu berücksichtigen. Wettbewerbstauglichkeit und aktive Teilnahme an den Entwicklungen der elektronischen Kommunikation in Inhalt und Technologie sollen die Zukunft des ORF sichern. Zur Ausübung ihrer öffentlichen Aufgabe ist die Unabhängigkeit von Personen und Organen nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sicherzustellen.



• Unabhängigkeit ist nicht nur Recht der journalistischen oder Programm- Mitarbeiter, sondern auch deren Pflicht. Unabhängigkeit bedeutet Unabhängigkeit von Staats- und Parteieinfluss, aber auch Unabhängigkeit von anderen Medien, seien es elektronische oder Printmedien, oder seien es politische oder wirtschaftliche Lobbys.



• Das Gesamtprogramm hat sich um Qualität, Innovation, Integration, Gleichberechtigung und Verständigung zu bemühen. Die umfassende Information soll zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung im Dienste des mündigen Bürgers und damit zum demokratischen Diskurs der Allgemeinheit beitragen. Als Kultursender soll der ORF sowohl Berichterstatter wie eigenständiger Produzent sein und vor allem Auftraggeber, Arbeitgeber und Forum österreichischer Kreativität und Gegenwartskunst. Der ORF hat im Dienst von Wissenschaft und Bildung zu stehen. Die Unterhaltung soll nicht nur die unterschiedlichen Ansprüche berücksichtigen, sondern auch den Umstand, dass sie wie kaum ein anderer Bereich Verhaltensweisen, Selbstverständnis und "common culture" prägt. Das ausgewogene Gesamtprogramm muss anspruchsvolle Inhalte gleichwertig enthalten. Die Jahres- und Monatsschemata des Fernsehens sind so zu erstellen, dass jedenfalls in den Hauptabendprogrammen (prime time) anspruchsvolle Programme zur Wahl stehen. Im Wettbewerb mit den kommerziellen Sendern ist in Inhalt und Auftritt auf die Unverwechselbarkeit des öffentlich-rechtlichen ORF zu achten. Die Kriterien von Qualität sind durch Qualitätskontrollsysteme der Geschäftsführung in Zusammenarbeit mit Stiftungs- und Publikumsrat laufend zu prüfen.



• Die Information hat umfassend, unabhängig, unparteilich und um Objektivität bemüht zu sein. Alle Nachrichten und Berichte sind sorgfältig auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen, Nachricht und Kommentar deutlich voneinander zu trennen. Die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen ist angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten. Kommentare, Analysen und Moderationen haben sachlich zu sein und auf nachvollziehbaren Tatsachen zu beruhen.



• Auf die Grundsätze der österreichischen Verfassungsordnung, die bundesstaatliche Gliederung nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Länder, die Freiheit der Kunst und die Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie auf die Respektierung religiöser Gefühle ist Bedacht zu nehmen. Ober die gesetzgebenden Organe ist angemessen, auch durch Obertragung ihrer Verhandlungen, zu berichten. Der ORF hat die Volksgruppen angemessen in seinen Programmen zu berücksichtigen. Er kann dazu mit anderen Rundfunkveranstaltern zusammenarbeiten. In jenen Gebieten, in denen zweisprachige topographische Bezeichnungen aufgrund gesetzlicher Vorschriften anzubringen sind, muss der ORF jedenfalls für Lokalsendungen des Hörfunks und Fernsehens in der Sprache der jeweiligen Volksgruppe sorgen. Die Beiträge werden von den Landesintendanten festgelegt. Das Gesamtangebot des ORF soll zur Förderung der österreichischen Identität unter dem Blickwinkel der europäischen Integration beitragen. Die EU-Fernsehrichtlinie ist zu beachten.



• Der ORF hat für drei bundesweit bestimmte und neun jeweils nur für ein Bundesland bestimmte Programme des Hörfunks und für zwei Programme des Fernsehens zu sorgen. Dies geschieht unter Mitwirkung aller Landesstudios durch die Herstellung und Sendung von Hörfunk- und Fernsehprogrammen sowie durch die Planung, die Errichtung und den Betrieb der hierfür notwendigen technischen Einrichtungen, insbesondere von Produktionsstudios, Sendeanlagen und sonstigen Verbreitungswegen nach dem jeweiligen Stand der Technik. Es ist anzustreben, dass alle zum Betrieb eines Rundfunkempfanggerätes (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes gleichmäßig und ständig in Bezug auf Programm und Empfangsqualität nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit versorgt werden.



• Die neun Bundesländerprogramme des Hörfunks werden von den Landesstudios gestaltet, wobei es ihnen freistellt, fallweise oder regelmäßig, zusammenzuarbeiten (zusammenzuschalten). Das Hörfunkprogramm, dessen Versorgungsgrad sich nach § 2 des Regionalradiogesetzes BGBI.Nr.506/1993, bestimmt, hat vorwiegend fremdsprachig zu sein. In den Programmen des Fernsehens sind die Interessen der Länder zu berücksichtigen. Die Beiträge werden von den Landesintendanten festgelegt.



• Weitere Programme des Hörfunks und/oder des Fernsehens bedürfen der Genehmigung des Stiftungsrates; über die technische Verbreitung entscheidet die KommAustria.



• Zur Erfüllung des gesetzlichen Programmauftrages kann der ORF Online-Dienste und Teletext betreiben, verbreiten und bewerben. Die Verbreitung der Programme und Dienste hat nach dem jeweiligen Stand der Technik zu erfolgen



• Der ORF hat nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit für einen ausreichenden Auslandsdienst (ROI) zu sorgen. Der Ausbau von ROI zu einem öffentlich-rechtlichen Internet-Angebot ist anzustreben.



• Unter den gleichen Voraussetzungen ist auch für die Verbreitung österreichischer Fernsehprogramme via Satellit, auch in Zusammenarbeit mit ausländischen öffentlich-rechtlichen Unternehmen, zu sorgen.

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