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Die Agenda des neuen Fachgruppen-Obmanns in der WK Wien

FG Werbung
Marco Schreuder, neuer Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien, ist selbstständiger Kommunikationsberater als EPU und ehemaliger Bundesrat.
Marco Schreuder, neuer Obmann der Fachgruppe Werbung und Marktkommunikation Wien, ist selbstständiger Kommunikationsberater als EPU und ehemaliger Bundesrat.

Marco Schreuder, neuer Obmann der Fachgruppe Werbung und Markt­kommunikation Wien, über politisches Verhandlungsgespür, wie er kleine Unternehmen stärken, neue Lehrlingsausbildungen für die Branche initiieren und den Wert der kreativen Leistung heben will – und was er zur KV-Debatte sagt.

Dieses Interview erschien zuerst in HORIZONT Nr.27-28. Hier geht's zum Abo.

HORIZONT: Die Fachgruppe war zuletzt kein friktionsloses Terrain. Warum haben Sie die Führung dennoch übernommen?

Marco Schreuder: Mein Ziel ist es, Sachpolitik zu leisten. Ich gehe mit unterschiedlichen Meinungen gelassen um und höre die Anliegen anderer Menschen. Im Mittelpunkt muss immer die Arbeit für die Mitglieder der Fachgruppe stehen; und die haben kein Interesse daran, dass wir uns in der Kammer streiten – sondern gemeinsam um Positionen ringen und Entschlüsse finden. Erste Gespräche mit Mitgliedern aber auch Ausschusskollegen verliefen positiv.

Funktioniert das als Person, die von außen neu dazu kommt, besser?

Das ist schon ein Argument, frischen Wind, neue Perspektiven, aber auch politische Erfahrenheit einzubringen. Ich habe umfangreiche politische Verhandlungserfahrung und will einen Beitrag zu sachorientierter Interessenspolitik leisten.

Welche Rolle spielt Ihr persönlicher EPU-Background in einer Interessensvertretung, in der etwa zwei Drittel der Mitglieder ebensolche sind?

Als EPU bist du mit Fachgruppenarbeit gleich mal eingedeckt: Ich kann nicht delegieren, ich muss meine Buchhaltung selbst erledigen und meine Projekte abwickeln. Genau das spiegelt die Situation der Großteil der Mitglieder wieder, die auf sich selbst angewiesen sind. Ich will eine EPU-Stimme genau mit diesen Sorgen und Ängsten sein.

Sie haben in einer ersten Stellungnahme konkrete Anrisse ihrer thematischen Agenda gegeben. Ein Thema war das Schlagwort Zukunft und digitales Zeitalter. Welche Ziele und konkreten Maßnahmen verfolgen Sie hier?

Ich orte akute und langfristige Projekte. Akut geht es um die Aufklärung der Mitglieder, was etwa die DSGVO bedeutet und wie diese umzusetzen ist. Das impliziert auch die Frage, wie sich die EU als Gegenpol zu den USA positioniert. Ich glaube, dass ein strenger Datenschutz eine große Chance ist. Langfristig geht es um das Arbeiten der Zukunft: Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir in einer digitalisierten Welt arbeiten, und uns Modelle überlegen, wie das Unternehmertum, aber auch die Kammer der Zukunft aussehen.

Wie verändert denn eine digitalisierte, globalisierte Welt die Branche aus Ihrer Sicht?

Ich habe letztens einen Unternehmer kennengelernt, der eine Grafik brauchte. Der schreibt den Auftrag auf einer Website aus, erhält 50 Vorschläge und beauftragt einen Grafiker aus Indien für 30 Euro.

Spricht da was dagegen?

Nein, wir leben in einer globalisierten Welt, aber wir müssen lernen damit umzugehen und uns fragen, was das für Grafikdesigner in unserem Land bedeutet – und wie diese punkten können. Nachhaltige und gute Ausbildung ist hier ein essenzieller Punkt, ebenso wie Berufsbilder der Zeit entsprechend zu entwickeln.

Fehlende Ausbildungsmöglichkeiten sind ein Problem der Branche …

Ja, da braucht es mehr Angebote. Wir benötigen beispielsweise auch die Mithilfe der Gewerkschaft, um Lehrlingsausbildungen mit Spezialisierungen für die Branche zu ermöglichen. Warum soll es etwa keine Lehre für Social-Media-Manager geben?

Ist das in absehbarer Zeit zu realisieren?

Der erste Schritt ist, es zu fordern.

Braucht die Branche derartige Ausbildungen im Rahmen einer Lehre?

Lehrlingsausbildungen sind sicher auch für die Kreativbranche ein Thema. Es gibt ja bereits einige wenige Agenturen, die Lehrlinge ausbilden. Die sollte man auch unterstützen. Mein Ziel ist es, neue Berufsbilder und dazugehörige Ausbildungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

Auf Ihrer Agenda stehen auch soziale Fragen und Lebensqualität. Was werden Sie da einbringen?

Es geht um simple Fragen wie: Was passiert im Krankheitsfall? Einzelunternehmer erhalten erst ab dem 43. Tag der Krankheit Krankengeld. Da können viele ihre Firmen schon wieder zusperren. Kannst du als EPU auf Urlaub fahren? Ich will EPU ermutigen, Work-Life-Balance auch zu leben. Einher damit geht die Frage nach dem Wert und der Wertschätzung von kreativer Leistung. Gerade junge EPU betreiben sehr oft Dumping – und machen weder sich selbst noch der Branche einen Gefallen. 

Ist die Dumpingproblematik außer über Bewusstseinsschaffung in den Griff zu bekommen?

Nein. Die Antwort kann nur lauten, mit Qualität zu punkten. Man muss den EPU auch kommunizieren und vorleben, was sie verlangen müssen, um überleben zu können. Manchen ist immer noch nicht bewusst, dass das Geld, das sie verdienen, brutto und nicht netto ist. Dazu wird es auch eine größere Initiative zur Wertschätzung von Seiten der Fachgruppe geben.

Ebenfalls auf der Tagesordnung steht der KV neu. Ist es realistisch, diesen mit 2018 auf neue Beine zu stellen?

Ich bekenne mich auf jeden Fall zum KV und finde es schade, dass es keinen österreichweiten gibt. Wir werden uns zusammensetzen und für Wien einen Abschluss erarbeiten.

Wie ist das Feedback von schwarzer Fraktion und Unos, die in der aktuellen KV-Erstellung ja durchaus nicht immer einer Meinung waren?

Sie sind herzlich eingeladen, diesen KV neu mit zu erarbeiten. Ich als EPU habe keine Mitarbeiter, werde also auf Leute vertrauen die in größeren Strukturen agieren – die werden die Verhandlung auch führen. Ich werde eher begleitend als Overhead agieren. 
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