Die Agrarmarkt Austria Marketing setzt nach einem Pitch auf nun sechs Agenturen. Die Kommunikationslinie wird fortgeführt, interne Impulse forciert. Neben Bewährtem setzt die AMA auch auf Veränderung – von Spendings bis Kommunikationsverständnis.
Dieser Artikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 31-32/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken.
Nach einem zweistufigen Ausschreibungsprozess hat die Agrarmarkt Austria Marketing ihren Marketingetat neu vergeben. Das Besondere: Seit 1. Juli vertraut die AMA auf gleich sechs Agenturen. Demner, Merlicek & Bergmann, Y&R Vienna und Kesch Event & Promotion wurden im Pitch neu gewonnen. Havas, die bereits seit dem Vorjahr Social-Media-Agenden betreut, agiert nun zusätzlich als Mediaagentur. Ebenfalls seit 2017 bestehende Verträge mit kraftwerk und Datenwerk bleiben weiterhin aufrecht. Im Gespräch mit HORIZONT erläutern Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, und Helmut Lackner, Online und Brand Design, ihre Ansätze.
Mit der Ausschreibung hat die AMA ihre Tätigkeitsfelder in vier Bereiche geclustert und in so genannten Losen ausgeschrieben: Strategie, Kreation und Produktion, Events sowie Media. Das hatte zwei zentrale Gründe, erläutert Blass. Erstens die vielseitigen Kommunikationsagenden: „Wenn man sich diese Geschäftsfelder ansieht, wäre es ziemlich vermessen zu fordern, das alles möge eine umfassend qualifizierte Agentur abdecken.“ Der zweite Aspekt ist in der Finanzierung der AMA begründet: „Die AMA gibt Geld aus, das sie nicht selbst verdienen muss, und hat daher die Pflicht und Schuldigkeit, die allerbesten Agenturpartner zu gewinnen, um die öffentlichen Mittel bestmöglich zu allozieren“, so Blass. In einer Art Pilotphase hatte die AMA bereits im letzten Jahr den Onlineetat in die Bereiche Social Media, Website, Contentproduktion und Kampagnen gegliedert und entsprechend ausgeschrieben. „Der Erfolg hat auch den Ausschlag gegeben, dass wir mit großem Vertrauen, das richtige zu tun, die Klassik so ausgeschrieben haben“, so Lackner.
Das Zusammenspiel von sechs Agenturen birgt in einer komplexen, vernetzten Kommunikationswelt aber auch ihre Herausforderungen. Dessen zeigt sich die AMA im Gespräch bewusst. „Die Frage, ob die Zusammenarbeit mit so vielen Agenturen schwieriger ist, kommt mir vor wie die Frage, ob das Zusammenleben in einem Zwei- oder Vierpersonenhaushalt schwieriger ist“, so Blass. Qualifizierte Menschen und Agenturen würden jedenfalls bessere Ergebnisse erzielen, wenn mehrere ihre Köpfe zusammenstecken. Mit deutschen Agenturen hat die AMA solches Zusammenarbeiten schon realisiert. Die Aufgabe der AMA in dieser Konstellation bestünde darin, „klug zu steuern und sicherzustellen, dass Konzepte und Umsetzungen voll kompatibel sind, wo immer der kreative Input herkommt“. Dafür wurde auch mit dem Aufbau einer internen Einheit von Online, Brand Design und Social Media vorgesorgt. Spezialisten für Kommunikation und Text bis zu Art Direktion mit einem Verständnis für Markenführung geben innerhalb der AMA die Linie vor.
Mit dem neuen Agentur-Orchester will die AMA jedenfalls keinen völligen Change vornehmen. Das Ziel ist eine Kommunikationslinie für 2019 mit einem ersten großen Kampagnenflight aus der neuen Agenturzusammenarbeit zu erarbeiten, der auch für die Folgejahre fortgeführt werden kann. Denn erst mit dem letzten Agenturwechsel, damals zu Wien Nord, hat man laut Blass „einen absoluten Change in der Kommunikation zu Stande gebracht“. Das Briefing des Auftraggebers war damals auf das Thema Qualität und die Identifikation der Hersteller mit dem Thema ausgerichtet – in einer Tonalität, die ein Gefühl vermitteln sollte, aus welchen Regionen die Stimmen kommen und wo die Werte geschaffen werden, über die gesprochen wird. „Das ist aus meiner Sicht ein zeitloses Programm mit dauernder Gültigkeit. Das wollen wir so attraktiv umsetzen, dass man immer wieder hinschaut und Neues entdeckt, das wird auch ein zentraler Punkt in der Zusammenarbeit mit unseren neuen Agenturen.“ Klar sei, dass künftig stärker als bisher Impulse aus der AMA selbst kommen sollen. „Wir erleben zunehmend, dass unsere Leistungen im Qualitätsmanagement für landwirtschaftliche Erzeugnisse sehr stark aus dem Herzen der AMA-Marketing kommen. Es braucht dieses interne Feuer, um etwas zu erreichen und zu forcieren“, so Blass. Früher seien derartige Prozesse stark von der Peripherie, Agenturen und Stakeholdern getrieben worden, weniger von der AMA selbst. Das ändere sich nun.
Veränderte Spending-Verteilung
Eine Veränderung zeigt sich auch in der Verteilung der Mediaspendings. Blass: „Ich erwarte, dass die modernen Formate der Kommunikation in ihrer Bedeutung zu Lasten traditioneller Kanäle weiter zulegen werden. Aus der Verantwortung für das Unternehmen ist es klar, dass die Konsumenten der Zukunft heute jung sind und in einer Art und Weise angesprochen werden sollten, die sie als nahe, schlüssig und leicht fassbar erleben.“ Klassische Maßnahmen werden aber weiterhin eine zentrale Rolle spielen. „So haben wir uns über Jahrzehnte definiert, und das hat dazu geführt, dass das AMA-Gütesiegel und das AMA-Biosiegel heute hohes Vertrauen und hohe Bekanntheit genießen.“ Es brauche aber die Ergänzung dieser Ausrichtung für jene, die künftig die Überzeugungen von Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion teilen sollen. „Deshalb müssen sich Bauern und Verarbeiter für andere Arten des Kommunizierens öffnen. Wir müssen künftig stärker als bisher auch Haltungen, Meinungen und Motive kennen. Nur wenn wir das verstehen, können wir uns kommunikativ damit auseinandersetzen.“ Speziell Online habe man vor einigen Jahren bereits zahlreiche Feedback-Kanäle geschaffen und investiere viel Zeit in Interaktion, so Lackner.
Zeit und Abstandshonorare
Den Pitchprozess selbst sieht Blass als ein Modell, das Schule machen könnte. Aus insgesamt 30 Bewerbungen hat die AMA in den einzelnen Losen auf drei Bewerber reduziert, die in den Pitch gegangen sind. Schon da habe man sich bewusst als Partner der Agenturen positioniert, so Lackner: „Das beginnt bei einem ordentlichen Briefing – nicht einmal das ist bei anderen Ausschreibungen Standard.“ In weiterer Folge hat die AMA Briefingtermine für 15 Agenturen angeboten, „und das war nach dem Vergaberecht wirklich nicht notwendig.“ Dieser anerkennende Zugang hätte sich auch in der Honorierung und Abschlagszahlungen niedergeschlagen. Die Zusammenarbeit wurde für drei Jahre mit der Option auf Verlängerung auf maximal fünf Jahre vereinbart.•