Care more, target less
 

Care more, target less

Markus Wache
Floortje Schilling ist Motivpsychologin und Agentur-Besitzerin.
Floortje Schilling ist Motivpsychologin und Agentur-Besitzerin.

Wenn der Konsument um den Verlust seiner Freiheit fürchten muss, kann Personalisierung schnell nach hinten losgehen, warnt Motivpsychologin Floortje Schilling bei den HORIZONT Marketing Days – Werbung punkte gerade, wenn sie gewisse Grenzen nicht überschreite.

Knappe Zeitbudgets, Informationsflut und eine verkürzte Aufmerksamkeitsspanne – Marketer müssen in ihrer Arbeit tagtäglich den Herausforderungen unserer Zeit begegnen. Schilling präsentierte in ihrer Keynote das grundlegende Verständnis um Motive als Schlüssel im Wettbewerb um die Aufmerksamkeit. Denn: "Lebensumstände ändern sich, aber der Mensch nicht, auch seine Bedürfnisse beispielsweise nach Kontakt, Fairness und sozialer Beziehung nicht". Personalisierung biete gute Chancen, um vom Konsumenten als relevant wahrgenommen zu werden.

Falsch gemacht, könnten jene Personalisierungs-Bestrebungen allerdings schnell zum Nachteil geraten. Gerade bei Daten sei der Grad zum Missbrauch ein schmaler. Amazon etwa ändere seine Daten rund 30-mal pro Tag basierend auf einem Algorithmus. Im analogen Shop würde ein solches Vorgehen schnell zu protestierenden Kunden führen, betonte Schilling. Und: Immer mehr Menschen würden auch online jene Preis-Mechanismen durchschauen und seien davon wohl alles andere begeistert.

'Nachhaltige Bindung'

Dem klassischen Targeting kann die Motivpsychologin kaum etwas abgewinnen: "Es ist ein Unterschied, ob man jemanden targeted – ihn also wie eine Zielscheibe betrachtet – oder cared, ihm also zuhört und ihm so das beste Angebot macht". Zweiteres würde zum Erfolg führen. Ersteres dagegen rufe Reaktanz hervor, "das subjektiv erlebte Gefühl eines Freiheits-Verlusts".

Careing führe zu "nachhaltiger Bindung". Dabei gelte es, relevante Botschaften zu schaffen; sprich den Kunden und seine Bedürfnisse ins Zentrum zu stellen. Vom unreflektierten Verwenden demografischer Daten rät Schilling dagegen ab. "Nicht alle Männer und Frauen wollen schließlich dasselbe". Zudem würden Unterschiede zwischen Konsumenten-Schichten zusehends verschwinden. Die Psychologie, in Form von Motiven, sei auch hier die Marketing-Zukunft.

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