Ein "weiches" Porträt von Michael Wölfle, jenes Kandidaten für den ORF-Generaldirektor, der sich "vom Außenseiter zur professionellen Alternative" entwickeln will.
Mehr als ein Jahrzehnt stand Michael Wölfle (51) beim Auf- und Ausbau des Münchner Privatsenders Pro Sieben im Schatten von Dr. Georg Kofler. Während Kofler als Programmmacher den Sender nach außen repräsentierte und quasi auch als Person für dessen Erfolg stand, arbeitet Wölfle als "der zweite Mann" im Hintergrund. Wölfles Aufgabe war es, dem Sender die für das Programm nötigen Werbeeinnahmen zu verpassen. Die lagen im Jahr 1989, dem Startjahr von Wölfle, bei 250.000 Euro (3,44 Millionen Schilling) und stiegen bis zum Abschied des laut Eigendefinition "Vollblut-Verkäufers" im Jahr 1999 auf 1,1 Milliarden Euro (15,14 Milliarden Schilling). Wölfle zeichnet sowohl für den Aufbau der MediaGruppe München, der Vermarktungstochter von ProSieben als auch für den Start deren österreichischen Pendant MediaGruppe Austria (heute SevenOne Media Austria) verantwortlich.
Wölfle, der aus Lindau am Bodensee kommt, fühlt sich nicht nur wegen der geographischen Nähe als halber Medien-Österreicher. Er sei schon wegen der Grenznähe seiner Heimatstadt mit dem ORF aufgewachsen, meint der Bayer. Ob Club 2 oder Sportberichterstattung des ORF, habe er seine medialen Erlebnisse mit dem ORF bereits vor vielen Jahren genossen.
Nach der Umstrukturierung der KirchGruppe, zu der auch Pro Sieben gehört, schied Wölfle Ende 1999 bei Pro Sieben aus und gründete im April 2000 die Cuneo AG, die sich als Venture-Capital-Geber für Start-ups versteht. Rotweinliebhaber und Italienfreund Wölfle taufte sein Unternehmen nach der italienischen Stadt aus dem Piemont. Derzeit ist die Cuneo AG an acht Gesellschaften beteiligt. Wölfle sitzt auch im Aufsichtsrat der Wiener pressetext AG.
Mit seinem Ausscheiden bei Pro Sieben habe er eigentlich mit "dem Thema Fernsehen" in seinem Leben abgeschlossen, verrät Wölfle, denn er habe in der deutschen Fernsehlandschaft keine reiz- und sinnvolle Aufgabe mehr gesehen. Auch ein Job im internationalen TV-Business hätte ihn nicht mehr gereizt. Auch nicht der Job des künftigen ZDF-Intendanten, im Gegensatz zu jenem des ORF-Generaldirektors, denn im ORF ortet Wölfle "deutlich mehr Potenzial".
(as)