Jenseits des HORIZONT
Ein Blick auf die Unterstützungskomitees der Präsidentschaftskandidaten Rudolf Hundstorfer und Alexander Van der Bellen sagt und verrät vieles. Vieles über das intellektuelle Ansehen der SPÖ und viel über das intellektuelle Image von Van der Bellen.
Hundstorfer hat verdiente Funktionäre und nahestehende Parteigranden versammelt: Exkanzler Franz Vranitzky, Ex-Staatssekretärin Brigitte Ederer, Bürgermeister Michael Häupl und die Ex-Bankerin und AK-Expertin Gertrude Tumpel-Gugerell. Integre, für Österreichs Geschichte wichtige Persönlichkeiten. Künstler, Kreative und Querdenker, Wissenschafter und andere Experten sind nicht dabei.
Diese lieben Van der Bellen: von der Wittgenstein-Preisträgerin Renée Schroeder über den Staats- und Verfassungsrechtler Heinz Mayer, von Maresa Hörbiger bis André Heller und Michael Heltau um nur einige aufzuzählen. Viele haben früher die SPÖ mitbeworben. Jetzt sind sie abgerückt – wohl auch wegen des intellektuellenfeindlichen Agierens der Partei, die einmal – vor Jahrzehnten – eine Wahl mit „1.000 Experten für Österreich“ gewonnen hat. Ergebnis war eine Bildungsreform, die zwar kein „Meisterstück“ war, aber Öffnung, frische Luft und besseren Zugang zu Universitäten versprach, das Gratisschulbuch gegen alle Widerstände einführte und ein Wissenschaftsministerium begründete, das heute ein Anhängsel des Wirtschaftsministeriums ist.
Gewiss, auch die Grünen haben im Zeichen ihres Pragmatismus intellektuelle Kritik und phantasiehafte Kulturpolitik einem Populismus geopfert um regierungsfähig zu werden und bauen lieber Rad- und Geh- und Begegnungszonen als Diskursplattformen. Aber es sind ja auch nicht die Grünen des Van der Bellen.
Ob die Chancen Van der Bellens nun steigen oder nicht, ob Personenkomitees viele Stimmen bringen oder nicht, ist nicht von Relevanz. Relevant ist der Befund eines Landes. Dieser Befund liegt auf einer fünfteiligen Notenskala knapp bei vier. Österreich fällt zurück: im Bildungsbereich, bei der Digitalisierungsdurchdringung, in der Breitbandversorgung, im Wissenschaftsranking. Unser Land hat niedrigeres Wachstum als die meisten EU-Mitgliedsstaaten, die Arbeitslosenrate steigt an, der Brain Drain ist beängstigend, Österreichs Attraktivität als Wissensstandort sinkt. Die einzige Exzellenzuniversität wird wenig vermarktet, Ausschüttungen des Wissenschaftsfonds sind von über 120 Millionen auf etwa 20 Millionen Euro gesunken.
Die mediale Situation ist ein Spiegelbild. Der Anteil an Boulevardmedien ist höher als in anderen Euro-Staaten, die Konzentration extrem hoch. Privatfernsehen made in Austria hat zusammen sechs bis acht Prozent Marktanteil (großzügig bemessen, wenn man bedenkt, dass ATV nicht in österreichischem Besitz ist), einzig die Verlagsszene blüht ein wenig auf, weil es unerschütterliche Einzelkämpfer gibt. Ansonsten: intellektuelles Mittelmaß.Die Präsidentschaftswahlen lassen einen leisen Glimps darauf fallen.
Tröstlich ist: wer auch immer gewinnen möge (der Mall-Betreiber ausgenommen), ist ein respektabler Bundespräsident.
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