Editorial von Hans-Jörgen Manstein
Das ist eine einfache Gleichung. Und das Ergebnis ist schlimm: Denn die Bundesregierung plant einen großen Wurf. „Transparenz“, lautet das diesbezügliche Stichwort. Und es passt perfekt in den Gerechtigkeitskreuzzug unseres Bundeskanzlers Werner Faymann, vormals Wohnbaustadtrat von Wien. Gemeint ist mit der neuen Transparenz, dass offengelegt werden soll (muss?), welche Inserate von der Bundesregierung (den Landesregierungen, den Bezirken, den Städten, den Gemeinden?) in welchem Medium geschaltet werden. Eine verfolgenswerte Idee, wie es auf den ersten Blick aussieht. Aber ist es das wirklich? Die Vorteile liegen auf der Hand: Jedermann kann künftig nachvollziehen, welche Behörde, welche den öffentlichen Haushalten nachgeordnete Gesellschaft wie viele Seiten und vor allem wo inseriert, wieviele Hörfunk- und Fernsehspots wo geschalten werden. Dagegen kann wohl niemand etwas haben. Insbesondere, wenn man die jetzige Praxis kennt.
Diese sieht – vereinfacht – so aus: Die Republik besticht eine Reihe von Medien, von denen sich die temporären (wissen die das eigentlich?) Geschäftsführer des Landes (auch bekannt als Bundesregierung) Einfluss auf die Wählerschaft versprechen. Der Reihe nach sind das (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Die Neue Kronen Zeitung, Wolfgang Fellners Im-Wesentlichen-Herschenkblatt Österreich und, damit die Familie Dichand nicht allzusehr benachteiligt wird, Eva Dichands U-Bahn-Postille, Heute. Machen Sie sich einmal die Mühe, dort die Großinserenten auszuforschen. Jede Wette, Sie finden diverse Behörden und staatsnahe Betriebe. Dem Vernehmen nach soll früher sogar auf vielen der Inseratenaufträge der ÖBB an das Trio Infernal unter Österreichs Publikationen noch ein handschriftlicher Vermerk des ÖBB-Verantwortlichen stehen: „Auf Antrag von Herrn Bundesminister Faymann.“ Als dieser noch zuständiger Verkehrsminister war, versteht sich. Es gilt naturgemäß die Unschuldsvermutung – ganz abgesehen davon, dass so etwas in einem Rechtsstaat wie Österreich selbstverständlich nur schwer möglich erscheint.
Die neue Transparenz-Regelung wird da Abhilfe schaffen? Schmecks! Das wird sie selbstverständlich nicht. Sie wird nur dazu beitragen, den bisherigen Balkanzustand in der Insertionspolitik unserer sogenannten Bundesregierung von einem pseudolegalen in einen legalen Zustand überzuführen. Und das geht so: Wenn künftig, sagen wir, die Bundesregierung Insertionen zu vergeben hat, wird sie das nach den Regeln des Tausenderpreises tun. Nicht vielleicht, weil sie das will, sondern weil sie das muss. Widrigenfalls wird der Rechnungshof dem zuständigen Minister kräftig auf die Finger klopfen. Weil ja Bundesvermögen so effizient wie möglich eingesetzt werden muss. Soll heißen: Nur die Massenmedien werden künftig Inserate erhalten. Also jene Krawallblätter, in denen gegen die Ausländer, gegen die Wehrpflicht, gegen Atomstrom, gegen Wasserstrom, gegen Kohlestrom und auch sonst überhaupt gegen so ziemlich alles polemisiert und kampagnisiert wird. Und mit denen man sich erhofft, den einen oder anderen Wahlerfolg einfahren zu können, oder die einen noch ein paar Jährchen länger an den Futtertrögen verweilen lassen.
Auf der Strecke werden die vielen kleineren Medien bleiben. Zu ihnen zählen natürlich auch Österreichs Qualitätsmedien, die bereits bisher kaum Insertionen aus diesem Bereich lukrieren konnten. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und meint, das sei der Fall gewesen, weil diese Medien kritisch über das Treiben zwischen Ballhausplatz und Parlament berichteten. Unter den neuen Transparenzregeln kann man diese, für Österreichs Meinungspluralität so wichtigen, Verlage einfach mit dem Argument des Tausenderpreises übergehen. Und das unter dem tosenden Beifall von Rechnungshof, Transparency International, den Grünen oder wem auch immer. Das kann nicht im Sinne des Erfinders sein. Denn wenn doch, müssten sich die Erfinder der Transparenzregeln wohl oder übel den Vorwurf der Perfidie machen lassen müssen.