Jenseits des HORIZONT
Das Management erobert die Politik. Vom Politiker heute verlangen Medien Macherqualitäten. Das ist ein grundlegendes Missverständnis. Es wiegt umso schwerer, als weder Menschen mit gesellschaftspolitischen Visionen, also Politiker, noch Menschen mit wirtschaftlichem Verantwortungsbewusstsein und Zukunftsvorstellungen – also Unternehmer – in die Politik gehen. Sondern mittelmäßiges Management und Parteihandwerker. Und allenfalls Fantasten, also Menschen ohne Fantasie. Das ist nicht res publica.
Derartige Konstellationen sind Untergrabung und Deformation der Demokratie. Falsch verstandenes Politmanagement muss parlamentarische Demokratie eo ipso abwerten: zu langsam, zu schwierig in den Abstimmungen. Also konzentriert man Scheinmacht in einer Regierung, die glaubt, sie bilde eine Reparatur- und Managementcrew des Landes. Das Politmanagement holt sich Vertraute. Schlechte Manager brauchen vorauseilende Erfüllungsgehilfen. Damit wird eine zweite Säule der Demokratie (und der Verfassung) ausgeschaltet oder zumindest demotiviert: die Beamten, großteils exzellente Fachleute. Demotivierte und nicht ernst genommene Beamte haben aber Geduld und Fantasie. Negativ formuliert: die Fantasie des Ausrutschenlassens.
Unternehmer, die soziale Verantwortung tragen, wissen das. Sie umgehen Politik anders. Versuchen, ihre eigenen Regeln zu schaffen. Das ist verständlich, für die Unternehmen möglicherweise vorteilhaft, für das Gemeinwohl nicht: Parallelmächte entstehen. Stupid Economy wins. Die Politiker, zumindest den Unternehmern intellektuell und gestalterisch unterlegen, schalten auf schlechtes Managergehabe: Sie schweigen. Sie reparieren Stück für Stück. Das kostet. Auch Sympathien. So agiert jeder seinen Fähigkeiten entsprechend an der jeweils inadäquaten Stelle. Die Folge ist eine Abwende der Citoyens von Politik. Ein Zulauf von mittelmäßigen Karrieristen in die Politik findet statt. Menschen, die versorgt werden wollen. Die Reaktanz derjenigen, die man für politische Mitgestaltung gewinnen sollte, überrascht nicht. Die Wahlbeteiligung spricht Bände. Politisch kluge Menschen suchen – das ist zwar verständlich, aber nicht gut – das Private als Ersatz. Sie werden – ohne es zu wollen – zu Nerds der kritischen Wohlbefindlichkeit. Und damit zu falschen Störenfrieden: Man nennt sie Nimbys. Menschen, die sich politisch artikulieren wollen, artikulieren sich nunmehr gegen Strommasten, Vogelsterben und Lärm. Auch gut.
Die Intellektuellen, die ihre Stimme erheben möchten, haben kein Medium, das gehört und gelesen wird.
Sie sind nicht gehörte Störenfriede.
Das Geld, sie mit Projekten der Autoreflexion wenigstens im Schein ernst zu nehmen, gibt es nicht mehr. Man muss sparen. Und man spart nicht nur beim Notwendigen: Bildung, Erziehung zur Mündigkeit, Studium. Ja man spart sogar in der Medienförderung, die zur Inseratinflation verkommen ist. Man kann von Managern verlangen, dass sie machen. Von Robotern, dass sie roboten. Aber man kann von Machern nicht Politik „machen“ lassen. Dann wird sie zum Business mit Vertragsdauer. Option auf Verlängerung durch Geschenke. „Cave Machen“.
[Jenseits des HORIZONT]