Kommentar von Sebastian Loudon
Das hat sich Mathias Döpfner nicht so vorgestellt. Da gewährt der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG einem Spiegel-Redakteur über Wochen aus nächster Nähe Einblicke in seinen Arbeitsalltag, und das Ergebnis ist eine Vernichtung und über weite Strecken Verächtlichmachung auf sechs Seiten. „Der Kassierer“ lautet der vielsagende Titel des Porträts, es wirkt wie eine persönliche Abrechnung eines Journalisten der guten alten Schule, der mit den Veränderungen in der Medienwelt nicht ganz klarkommt und den daraus resultierenden Frust an zwei handelnden Personen, in diesem Fall Döpfner und die Mehrheitseigentümerin des Verlages Friede Springer, auslässt.
Kein Zweifel: Es gehört eine Portion Mut dazu, das Vertrauen des wohl mächtigsten Medienmanagers im deutschen Sprachraum dermaßen zu enttäuschen. Die Idee, einen kritischen Spiegel-Redakteur ganz nah an sich heranzulassen, in der festen Überzeugung, seine Beobachtungen würden sich zumindest einigermaßen mit dem Döpfner’schen Selbstbild überschneiden, ging gehörig nach hinten los. Allerdings keinesfalls nur zum Schaden des Springer-Chefs. Während diese Zeilen geschrieben werden, wird das Döpfner-Porträt im Web in der Luft zerfetzt. Nicht zu Unrecht. Es ist persönlich untergriffig, voller Klischees, und als einziger Kronzeuge wird mit dem 86-jährigen Verlegerurgestein Alfred Neven DuMont ein Patriarch einer längst vergangenen Zeit zitiert. So entsteht ein verzerrtes Bild Döpfners.
Man kann seine Strategie, besonders den Verkauf der Regionalzeitungen an die Funke-Gruppe, gut- oder schlechtheißen. Eines kann man Döpfner nicht absprechen: Er ist einer der ganz wenigen Verlagsmanager im deutschen Sprachraum, die Gelegenheiten beim Schopf packen, in der Digitalisierung Chancen sehen, und solcherart ein wesentlicher Impulsgeber einer Branche, die drauf und dran ist, sich selbst ins totale Unglück zu jammern. Auch das ist Mathias Döpfner, nur nicht, wie ihn der Spiegel sehen möchte.