Markenkampagnen: vom Werbeblock ins Facebook
 

Markenkampagnen: vom Werbeblock ins Facebook

Kommentar von Walter Braun

Es wird geflüstert, Facebook könnte 75 Milliarden Dollar wert sein; Genaueres werden wir wissen, wenn die Firma 2012 an die Börse geht. Jetzt schon klar ist, dass große Unternehmen Facebook als Marketingplattform akzeptiert haben. Beispiel: Der britische Telekom-Riese BT hat seit 2005 eine erfolgreiche TV-Kampagne (entwickelt von Abbott Mead Vickers BBDO) rund um ein fiktives Paar laufen. Im vergangenen Jahr lud man die Seher ein, sich aktiv zu beteiligen (soll die Frau schwanger werden?). Nun ist Hochzeit angesagt, und das werte Publikum wird über Facebook gefragt, wie das Fest im Detail aussehen soll.

Kann man Werbung so ernstnehmen? Ja, doch, binnen drei Wochen trudelten 500.000 Stimmen ein – die dann natürlich alle gebannt den Werbeblock verfolgen werden, wenn die neue Episode am Ostersamstag (zum Start einer populären Show) ausgestrahlt wird. Interessant ist, dass die erste Abstimmung noch auf BTs eigener Web-Site stattgefunden hat, dass aber der Einsatz eines sozialen Mediums ein viel tieferes Seherengagement nach sich gezogen hat. Image-Kampagnen verlassen sich letztlich auf einen Mundpropaganda- Effekt – was in der Realwelt ein bis zwei Kontakte ergibt, sind auf Facebook im Schnitt 140 potenzielle Kontakte.

Bitte hereinspaziert, werte Markenartikler. Heinz nutzte die Plattform, um eine begrenzte Stückzahl eines besonderen Ketchups zu lancieren. Hugo Boss sucht auf diese Weise neue Models. Nokia baut Kundenkontakte via Facebook auf. Natürlich unterstützt Facebook diese Aktivitäten, etwa durch „Sponsored Stories“, die private Verbraucherkommentare zu einer Marke als Art Testimonial der Werbung beifügen. Einen Schritt weiter geht der TV-Talente-Wettbewerb „American Idol“, wo man die Seher, die ja schon gewohnt sind, via Facebook Auftritte zu kommentieren und die Abstimmungen zu beeinflussen, nun zusätzlich zur Kasse bitten will. Eine eigene App namens „Cameo Stars“ erlaubt, einander um einen Dollar Video-Botschaften zu senden, gesprochen von „Idol“-Teilnehmern. Da dieses Potenzial begrenzt ist, hofft man, dass demnächst Drittmarken als Sponsoren einspringen.

Aus diesen Aktivitäten wird klar, dass das ‚drittgrößte Land‘ der Welt (FB hat bereits 600 Millionen Mitglieder) nun marketingmäßig gemolken wird. Ein Segment sind virtuelle Waren in Online- Spielen – dafür wurden 2007 weltweit circa zwei Milliarden Dollar ausgegeben, im vergangenen Jahr waren es bereits 7,3 Milliarden Dollar, und bis 2014 könnte sich dieser Betrag laut Kalkulation der Marktforschungsfirma In-Stat noch einmal verdoppeln. Monatlich nehmen über Facebook 200 Millionen Spieler an dem populären Farm- Ville teil – ein großer Kundenstock, dem man ein verbessertes Spielerlebnis verkaufen kann. Um die Transaktionen zu erleichtert, plant das Facebook- Reich, wie es sich für ein richtiges Land gehört, eine eigene Währung einzuführen. Fazit: Facebook will nichts weniger als ein unverzichtbarer Bestandteil im Aufbauplan jeder Marke sein. FB – das Werbefernsehen von morgen? 

Walter Braun
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