Jenseits des HORIZONT
Sprache ist verräterisch, wenn man sie so gebraucht, wie man es eben vermag. Bundeskanzler Faymann am 24.4.: „Wir können nicht immer von oben etwas dazu leeren.“ Das stimmt. Mehr als Leere hat diese Regierung nicht. Und mit der geht sie verschwenderisch um. Dort Gedankenleere, hier Leere an Phantasie, drüben Leere an Gestaltungswillen, und vor allem: Leere an Leadership.
Es wäre gut, wenn die Regierung wirklich nichts mehr von oben hineinleeren müsste. Es hätte allerdings die Konsequenz, dass sie sich zum Rücktritt entschlösse. Eine sichtbar leere Regierungsbank.
Erschütternd ist der Umgang mit Schulen, Bildungsinstitutionen und Wissenschaftsagenda. Österreichs Universitäten sind heillos überfüllt, unterfinanziert und offensichtlich bald nicht mehr in der Lage, dem Forschungs- und Lehrauftrag zu genügen.
Österreichs Schulen werden seit Jahren mit immer neuen Beinamen behübscht, ohne dass sich strukturell etwas geändert habe. Jetzt will man auch die Ganztagsbetreuung reduzieren um zu sparen. Woran will man eigentlich sparen? An den Voraussetzungen für den Zutritt zur Wissensgesellschaft? An den Möglichkeiten und Chancen, dass sich Phantasie, Mündigkeit und kritisches Bewusstsein entwickeln könnte? An der Ausbildung der Lehrer, damit Wissen nicht mehr vermittelt werden kann?
Nicht minder erschütternd ist das Gehabe, das man zum öffentlich-rechtlichen und damit sich selbst verantwortlichen medialen Aufklärungsmedium ORF an den Tag legt. Der Stiftungsrat ist bestellt. Das Prozedere war wie eh und je, als ob der ORF nicht öffentlich-rechtlicher Rundfunk wäre, sondern Staatsfunk. Die Länder nominierten – streng nach der Couleur des Landeshauptmannes – ihre Vertreter, die Regierung achtete auf farbliche Balance. Ein aufrechter Staatsbürger wie Caritas Präsident Franz Küberl muss erst betonen, dass er unabhängig ist. Er ist es wirklich. Aber es ist bezeichnend, dass er es nochmals betonen muss.
Einige der vom Publikumsrat Entsandten waren bei der konstituierenden Sitzung erst gar nicht anwesend, was symptomatisch für ihre Haltung zu sein scheint. Ein anderer Stiftungsrat betreibt Geschäfte mit dem ORF – bis jetzt zumindest.
Ausdrücklich sei den kritischen und berufsethischen ORF-Journalisten und Programmitarbeitern gedankt, dass sie angesichts solcher Rahmenbedingungen ein qualitativ herausragendes Programm gestalten, das international respektiert wird. Für die Europa-Phobie, die im Lande herrscht, ist der ORF nicht verantwortlich. Dort wird redlich und massiv informiert. Sehr gut sogar.
Es gibt das Transparenzgesetz – das mitunter zu phantasievollen Aberrationen geführt –hat – und die Presseförderung: noch. Vielleicht könnte – Sprache ist verräterisch – man im Zeitalter digitaler Medien endlich statt von Presseförderung von Medienförderung sprechen. Und dort radikale – wurzelhafte – Schritte setzen. Sonst kann die Regierung von oben auch bald nichts mehr hineinleeren. Wobei: Manche Medien müssten dann mit leeren Seiten erscheinen. Auch gut – vielleicht eine wirksame Anti-Littering-Strategie.
Wie sagte der italienische Fußballtrainer Trappatoni: Alle Flaschen leer.
Vielleicht hat er die nicht mehr leeren könnende Regierung gemeint.
[Jenseits des HORIZONT]