Glosse von Carolin Daiker
Samstagabend, Wiener Stadthalle, OneRepublic-Konzert. Ich gebe zu, mein letzter Konzertbesuch ist Jahre her – 15 in etwa. Ein mir sehr vertrauter 12-Jähriger hat sich das gewünscht und so sitzen wir im ersten Rang. Aufregung und Vorfreude machen sich breit. Und dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, ist es so weit: Hinter einem weißen Vorhang spielt die Pop-Rock-Band aus Colorado ihr erstes Lied. Als dieser fällt, Applaus, Gekreische – und sehr, sehr viele Handys. Man hat das Gefühl, dass jeder Zweite seinen ganz persönlichen Konzertmitschnitt filmen möchte. Aber wozu eigentlich? Die Qualität ist miserabel und es gibt ohnehin unzählige solcher Videos im Internet. Neben uns sitzt ein circa 15-jähriges Mädchen mit ihren beiden Freundinnen. Alle drei haben fast ununterbrochen ihr Smartphone in der Hand und in der Luft. Man hat das Gefühl, als würden sie das Konzert durch das Handy-Display erleben – wie durch eine Brille. Wo sind die Zeiten, als man noch mitgesungen und getanzt hat? Den Moment, den Rausch der Musik genossen hat? Sich treiben ließ?
Auf der Heimfahrt rede ich mit meinem Sohn darüber und wage anzumerken, dass ich für ein Handy-Verbot bei Konzerten plädiere. Ganz nach dem Motto: Stimmung statt Handy-Meer. Energisch widerspricht er: „Man muss doch den Moment festhalten!“ Da hat er nicht unrecht. Aber es scheint, als wäre die Dokumentation des Erlebten längst wichtiger als der Genuss des Moments. Schnell ein Video auf Facebook posten: „Schaut alle her, ich war da!“ Wie wäre es mal, zu probieren, einfach den Moment zu genießen? Einen Versuch wäre es wert.