EU feilt an der Innovationsbremse
 

EU feilt an der Innovationsbremse

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Kommentar von Jakob Steinschaden

Netzneutralität – ein sperriges, langweiliges Wort, unter dem man sich als Laie kaum etwas vorstellen kann. Interessieren sollten sich dafür aber alle, die Innovation im Internet als wichtigen Teil der wirtschaftlichen Zukunft Europas sehen. Denn in den nächsten Wochen wird sich entscheiden, wie es auf unserem Kontinent mit der Netzneutralität weitergeht. Im EU-Par­lament braut sicher leider derzeit eine Situation zusammen, die einem Zwei-Klassen-Internet den Weg ebnet. Anfang der Woche hat der Industrieausschuss ITRE, der federführend bei der Neuregelung des EU-Kommunikationsmarktes ist, über sogenannte „Specialised Services“ positiv abgestimmt. Bislang hat die Netzneutralität dafür gesorgt, dass alle Daten im Internet gleich behandelt werden. Verkürzt ausgedrückt: Das E-Mail des Bundeskanzlers wird genauso schnell oder langsam wie das E-Mail eines Busfahrers übermittelt – je nachdem, was die Netze gerade hergeben. „Specialised Services“ nun könnten es Internetanbietern erlauben, zahlenden Firmen eine bessere Qualität anzubieten.

Der Video-Streaming-Dienst Netflix, der Musikservice Spotify oder YouTube könnten für eine Überholspur zahlen, die dafür sorgt, dass ihre Inhalte schneller und/oder in höherer Qualität als jene der Konkurrenz bei den Nutzern landen. Für Internetriesen aus den USA leistbar und für Internet-Provider und Mobilfunker ein gutes Geschäft – aber wo bleiben die europäischen Start-ups? Wie soll sich ein neuer Videodienst, der sich die Überholspur nicht leisten kann, gegen Google oder Netflix durchsetzen? Wie soll eine europäische Messaging-App mit WhatsApp und Facebook konkurrieren? Gerade die EU, die den USA seit Jahren in Sachen Innovation hinterherhechelt, baut sich gerade selbst eine ­Innovationsbremse ein. Anfang April stimmt das EU-Parlament über die ­Zukunft der Netzneutralität ab.

Noch gibt es die Chance, Parlamentarier vor einem „Ja“ zu den ­„Specialised Services“ zu ­warnen. Die Kampagne www.savetheinternet.eu hilft Protestwilligen.



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