Es könnte alles so einfach sein!
 

Es könnte alles so einfach sein!

Editorial von Clemens Coudenhove

"Ist es aber nicht ...", singen Herbert Grönemeyer und die Fantastischen Vier. Genau daran dürften die Zuhörer einer Veranstaltung des Verbands Österreichischer Zeitungen am 30. Jänner gedacht haben, als vier heimische Werber zum Thema "Creative Ideas for Public Advertising" referierten (siehe Aufmacher auf Seite 1) und - glücklicherweise - nicht ein Bestof von Cannes-, Clio-, CCA- und ADC-gekrönten Kampagnen der Kategorie "öffentliche Anliegen" abspulten, sondern vor allem ihrem Ärger Luft machten. Und zwar über jene öffentliche Diskussion, die letztlich zum Medientransparenzgesetz, das heuer im Juli in Kraft treten wird, geführt hat. 

Kurz: Regierungs- und Ministeriumsinserate sind zum Großteil miserabel gestaltet. Der Opposition (und den kleineren Printmedien) ging und geht es stets darum, wer wie viel vom Kuchen bekommt. "Und warum immer bei denen?" Textwüsten, lieblos ausgesuchte Fotos und Headlines wie etwa "Qualität im Unterricht!" (Welches Ministerium könnte das wohl sein?). Oder heute in Österreich: "Schöner schneller Reisen" (ein im Staatsbesitz befindliches Infrastrukturunternehmen), zwei Seiten weiter dann eine Doppelseite für ein Bundesland mit den Headlines "So soll's sein: bürgernah!" und "Imagestudie bestätigt: Service auf hohem Niveau". Natürlich mit dem lächelnden Landeshauptmann im "Bürgerbüro". 

Der sichtlich erregte Mariusz Jan Demner hatte bei der VÖZ-Veranstaltung im Prinzip recht, als er meinte, dass "solche Textwüsten das eigene Image ankratzen und eigentlich von den Medien nicht angenommen werden sollten". Wenn das Presseförderung sein soll, dann verstünde Demner das Geschrei, dass diese einseitig sei. Achtung, Binsenweisheit: Werbung kann und muss verdichtete Information sein, um irgendwie aufzufallen. Das wissen doch nicht nur Branchen-Insider, sondern doch wohl alle, auch Politiker. 

Wann haben Sie das letzte Mal ein sogenanntes Advertorial, dessen Absender ein Ministerium oder Unternehmen im Staatsbesitz ist, gelesen? Werber ärgern sich naturgemäß über schlechte Anzeigen, die nicht von Werbeagenturen gestaltet werden, sondern in irgendwelchen "Hinterzimmern" entstehen, wie Fachverbandsobmann Michael Himmer gebetsmühlenartig beklagt. Am Pranger stehen aufgrund dieser Diskussion also nicht nur Auftraggeber der öffentlichen Hand, sondern auch Medien, die alles Bezahlte veröffentlichen. Welcher Herausgeber hat schon mal ein Inserat, ein politisches Advertorial abgelehnt? Weil es zu schlecht war? Weil es die Leserschaft verärgert hätte? Welches politische Advertorial, das Sie gelesen haben, hat sie begeistert? Gebe es einen Kreativpreis für Advertorials, welche "Arbeiten" würden es auf die Shortlist schaffen? 

Natürlich wird ein Hochglanz-Modemagazin keine der als "Schweinebauch"-Anzeigen bezeichneten angebotsgetriebenen Inserate von Handelsunternehmen abdrucken, ein Verlagsleiter eines solchen Titels würde wahrscheinlich auch nicht in die Verlegenheit kommen. Ob Anzeigen und Advertorials von öffentlichen Institutionen, Ministerien, Kammern et cetera mit dem Medientransparenzgesetz ohne die abgebildeten "Köpfe" tatsächlich auch besser werden? Es könnte alles so einfach sein. Wenn sich die Verantwortlichen in den Ministerien jene internationalen Effie-, Cannes- und ADC- gekrönten Kampagnen öffentlicher Auftraggeber ansehen würden. Staunen über all das, was steuergeldfinanzierte Werbung tatsächlich bewirken kann. Wenn Herausgeber es sich leisten könnten, schlechte Werbung abzulehnen. Und wenn bei der nächsten sinnvollen VÖZ-Veranstaltung dieser Art mehr politische Entscheidungsträger anwesend wären. Und nicht nur eine Minister-Sprecherin. 



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