Ein einstiges Nischenthema ist spät voll im medialen Alltag angekommen. Das Potenzial erscheint verlockend, die Umsetzung erfordert aber Vorsicht. Leitartikel von Jürgen Hofer, stv. Chefredakteur
Dieser Leitartikel ist zuerst in Ausgabe Nr. 49/2018 des HORIZONT erschienen. Noch kein Abo? Hier klicken!
Ein lange von vielen belächelter und fernab der breiten öffentlichen Wahrnehmung herankeimender Geschäftszweig ist vollends den Kinderschuhen entwachsen: eSports rückt mit dem ersten deutschsprachigen TV-Sender eSports1 in eine breite mediale Wahrnehmung. Durch Streamingplattformen wie Twitch groß geworden, ist der Hype nun auch in unseren Gefilden als Vollprogramm im medialen Alltag angekommen. Schon bisher bemühten sich TV-Sender punktuell um den Reiz des neuen Angebots, ein Blick auf Prognosen untermauert diesen: Eine beinahe Verdoppelung des weltweiten Umsatzes im eSports-Markt auf 1,7 Milliarden US-Dollar in den nächsten drei Jahren prognostiziert Newzoo.
Ein Gutteil des Umsatzes kommt derzeit weltweit aus Sponsoringaktivitäten – über 350 Millionen US-Dollar schwer ist dieser Markt bereits. Eigene Ligen und Teams werden auch in Österreich gebrandet, eSports-Talente engagiert, Mega-Events live inszeniert, um die Strahlkraft für die eigene Marke zu nutzen. Auch Werbung (mit gut 170 Millionen US-Dollar Umsatzanteil) und Medien (mit etwa 160 Millionen US-Dollar Ausgaben für Rechte) mischen im Business bereits fleißig mit. Alleine eines der beliebtesten Games, Dota 2, verweist trotz Dämpfern in letzter Zeit noch immer auf über zehn Millionen aktive Gamer weltweit. Dass sich die Branche in Anbetracht dieser Dimensionen erst ziemlich spät dem Thema annahm, erscheint umso verwunderlicher. Verhältnismäßig schneller wird nun wohl die Kommerzialisierung auch in Österreich voranschreiten. Dabei ist bei neuen Werbeformen, Sponsorings und Markenengagements aber Vorsicht geboten: Zwar gelten Gamer als überdurchschnittlich markenaffin, aber ebenso sensibel, was das Eingreifen in ihre Welt anbelangt. Bei allem Wittern von Marktpotenzial: Belächelt und wenig wahrgenommen wurden sie lange genug.