Der Preis der Preise
 

Der Preis der Preise

Kommentar von Andreas Hierzenberger

Mords-Pahö beim großen Nachbarn Deutschland: Beim Autopreis „Gelber Engel“ des Allgemeinen Deutschen Automobil-Clubs (ADAC) soll kräftigst manipuliert worden sein. Zahlen wurden „geschätzt“ (verzehnfacht), um den Stockerlplatz des VW Golf als „Lieblingsauto der Deutschen“ zu sichern. Die Konsequenz: ADAC-Kommunika­tionschef und Motorwelt-Chefschreiber Michael Ramstetter dementiert, nimmt dann doch bedauernd seinen Hut, der Club verspricht, das Abstimmungsverfahren zu revisionieren, der Mitbewerb „kommentiert grundsätzlich nicht“ – die Wogen glätten sich …

… nicht. Der im Zuge der Enthüllungen losgetretene (Social-)Media-Shitstorm hat eine echte Austrittswelle zur Folge. Auch die Medienwelt bohrt nach, und siehe da: Auch bei anderen Wahlen, wird berichtet, wurde geschummelt, zuletzt beim Raststättenvergleich (es gilt die Unschuldsvermutung).

Klar, dass sich eine Brancheninstitution, die Meinungsmache schon allein aus dem Servicegedanken heraus betreiben muss, auch mit der PR-Geilheit der Industrie auseinandersetzt. Versuchte Einflussnahme seitens mancher Inserenten auf den redaktionellen Inhalt von Zeitungen und Magazinen kommt vor. In Einzelfällen wird sie nicht nur „geduldet“, sondern aktiv eingefordert. Dass es sich meistens aber nicht auszahlt, diesem Druck nachzugeben, steht auf einem anderen Blatt: Es steht mehr auf dem Spiel als pekuniäres Wohlwollen einiger weniger Großkunden, die sich nicht an die Regeln des ­Anstands halten wollen – und sich im Ernstfall mit „haben nix davon gewusst“ aus der Affäre ziehen. Hier geht’s um Glaubwürdigkeit, und von dieser leben Medien und andere unabhängige Institutionen auf lange Sicht.

Verrat im Falle des hypothetischen ­irreparablen Falles kostet: Marktwert des Mediums zum Zeitpunkt des Malheurs plus Angestelltengehälter bis zur Neuanstellung plus unbezifferbare, weil ideelle Folgekosten. Und das alles nur für ein bisschen Gratis-PR? Schafft bitte endlich diese „Preise“ ab!



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