Der liebe Kollege KurzmeldungBot
 

Der liebe Kollege KurzmeldungBot

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Glosse von Jakob Steinschaden

In deutschsprachigen Journalistenkreisen geht wieder einmal die Angst um; wie so oft ausgelöst durch eine tech­nische Revolution. Diesmal nennt sie sich Roboterjournalismus. Angetrieben durch US-Entwicklungen wie den ­„QuakeBot“, der für die Los Angeles Times über Erdbeben schreibt, schwappt der futuristische Trend nun auch zu uns. Deutsche Agenturen wie aexea oder Text-on bieten Software an, die selbstständig in Datenbanken recherchieren und daraus einigermaßen lesbare Texte formulieren können – etwa Sportergebnisse, Wetterberichte oder Kurzmeldungen zu Aktienkursen.

Nun mehren sich verständlicherweise die Befürchtungen, dass „SportBot“, „WetterBot“ und „AktienBot“ den Redakteuren dieser Welt einmal die Jobs wegnehmen, weil bei ihnen der Artikel nur einen Euro kostet und sie keine ­Sozialversicherung brauchen, sondern nur einen ITler, der ab und zu aus der Ferne dem Algorithmus die Schrauben festzieht. Dabei denkt keiner an die Symbiose, die zwischen Bots und Menschen gedeihen könnte. Während „KurzmeldungBot“ die Kurzmeldungen klopft, kann mensch sich auf die großen Auf­decker-Storys, cleveren Interviews und blitzgescheiten Kommentare konzentrieren. Wichtig ist, dem Leser verständlich zu machen, wer da was geschrieben hat. Text-Bots dürfen deswegen keine namenlosen Programme sein, sondern müssen eine Persönlichkeit bekommen. Das ist spätestens dann wichtig, wenn man den Blechtrottel beim Namen schimpfen will, der schon wieder das Wetter falsch vorausgesagt hat.
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